23.07.2020
Ritter Sport-Tafelschokolade ist quadratisch verpackt und hat diese Verpackungsform auch weiterhin exklusiv. Dies hat der BGH entschieden.
„Quadratisch. Praktisch. Gut.“ Der Werbeslogan von Ritter Sport gehört ohne Frage zu den bekanntesten Deutschlands. Vielleicht auch gerade weil die quadratische Ritter Sport-Form und der spezielle Knick zum Brechen der Schokolade so praktisch und gut ist, streitet sich Ritter Sport nunmehr seit Jahren darum, ob das Unternehmen seine quadratische Verpackungsmarke für Tafelschokolade überhaupt rechtmäßig als Marke eintragen lassen kann.
Nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) bereits 2017 in der Sache entgegen der Auffassung des Bundespatentgerichts (BPatG) entschied, dass der Knick im Quadrat als Formmarke geschützt bleibe, musste er sich am 14.05.2020 erneut mit dem Fall und der Frage beschäftigen, ob dreidimensionale Verpackungen für Tafelschokolade als Marken schutzfähig sind (BGH, Az. I ZB 42/19 und Az. I ZB 43/19).
Am 23. Juli 2020 hat der BGH die Anträge auf Löschung zurückgewiesen. Damit steht fest, dass die Verpackungen weiterhin als Marken geschützt sind (Beschlüsse vom 23. Juli 2020 – I ZB 42/19 und I ZB 43/19).
Verpackung nur Form der Schokolade
Für Ritter Sport sind aktuell dreidimensionale Formmarken als verkehrsdurchgesetzte Zeichen für die Ware „Tafelschokolade“ registriert. Sie zeigen jeweils die Vor- und Rückseite einer neutralen quadratischen Verpackung mit einem quadratischen Verpackungskörper, zwei seitlichen gezackten Verschlusslaschen und einer weiteren auf der Rückseite quer verlaufenden Verschlusslasche.
Die nachfolgende dreidimensionale Gestaltung (Abb.1) wurde am 24. Mai 1995 unter der Nr. 2 913 183 als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für die Ware der Klasse 30 (Tafelschokolade) als verkehrsdurchgesetzt eingetragen.
Der Milka-Produzent Mondelez hatte vor dem Deutschen Patent- und Markenamt zunächst in zwei getrennten Verfahren jeweils die Löschung der Marken wegen fehlender Markenfähigkeit beantragt. Das Deutsche Patent- und Markenamt hatte die Anträge jedoch zurückgewiesen.
Mit seinen dagegen zum BPatG eingelegten Beschwerden hatte der US-Lebensmittelkonzern Mondelez sodann geltend gemacht, die in den eingetragenen Ritter Sport-Marken gezeigten Verpackungen gäben allein typische Gebrauchseigenschaften von darin verpackter Tafelschokolade wieder.
Kern des Streits ist damit die Frage, ob die Marken lediglich die Form der verpackten Ware selbst wiedergeben. Dann würden sie nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 Markengesetz (MarkenG) keinen eigenständigen Schutz genießen, denn gemäß § 3 Abs. 2 Nr.1 MarkenG können Formen nicht als Marke eingetragen werden, wenn die Formen bereits durch die Art der Ware selbst bedingt sind.
Zwar können dreidimensionale Formen grundsätzlich als Marke geschützt werden. Dies allerdings gilt nicht, wenn die Form eine „wesentliche Gebrauchseigenschaft“ der Ware darstellt. Durch diese Regelung soll verhindert werden, dass Hersteller durch einen Markenschutz der Konkurrenz eine besonders funktionelle Gestaltung einer Ware vorenthalten können.
Die quadratische Ritter Sport-Form erleichtere jedenfalls Lagerung, Transport sowie das Teilen der Schokolade. Daher greife hier § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und die Marke sei insofern nicht schutzfähig, weshalb die Löschung der Marke angeordnet wurde.
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Bundespatentamt ordnete Löschung an – BGH hob Beschlüsse auf
Dies war nach Auffassung des BPatG im vorliegenden Fall gegeben, weshalb das BPatG die Löschung der Marken anordnete. Andernfalls, so das BPatG, könne der Schutzzweck der Vorschrift, nämliche die Monopolisierung warenbedingter Formen zu verhindern, umgangen werden, indem nicht die Warenform selbst angemeldet werde, sondern nur eine entsprechend geformte Verpackung.
Genau das sei aber bei der quadratischen Schokoladentafelverpackung der Fall, die aus Sicht des BPatG lediglich eine übliche flache Schlauchbeutelverpackung sei, die sich allein durch ihre quadratische Form von anderen abhebe. Dabei würden Verbraucher im Zusammenhang mit der Ware „Tafelschokolade“ quadratische Formen schon deswegen auch bei Mitbewerbern der Markeninhaberin nachsuchen, weil Tafelschokolade in aller Regel in rechteckiger Form angeboten werde und das Quadrat nun einmal nur eine besondere Form des Rechtecks sei. Daher dürften solche Formen nicht mit den Mitteln des Markenschutzes monopolisiert werden, die Mitbewerber wie Milka vom Markeninhaber Ritter Sport zur Teilnahme am Wettbewerb benötigten.
Der BGH hatte sodann am 18. Oktober 2017 auf die Rechtsbeschwerden von Ritter Sport die angefochtenen Beschlüsse aufgehoben und die Verfahren an das Bundespatentgericht zurückverwiesen. Das Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG liege in dem Fall nicht vor, weil die quadratische Form der Tafelschokolade keine wesentliche Gebrauchseigenschaft von Schokolade sei. Ob sich in den vorliegenden Fällen das Schutzhindernis auch auf die Verpackungen beziehe, brauche daher nicht entschieden zu werden, so der BGH. Damit stärkte der BGH 2017 den Formmarkenschutz deutlich und sorgte bei Ritter Sport für erleichterndes Aufatmen, schließlich ist die quadratische Form die DNS des Unternehmens.
Der BGH wies die Verfahren entsprechend an das BPatG zurück. Dieses habe deshalb die von ihm offen gelassenen Fragen zu prüfen, ob das Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG vorliege. Im daraufhin wiedereröffneten Beschwerdeverfahren hatte das BPatG die Beschwerden des Milka-Produzenten Mondelez zurückgewiesen, weil das Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG nicht vorliege.
BGH entscheidet erneut
Dagegen wendet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde Mondelez, weshalb nun erneut der BGH entscheiden musste.
Der BGH hat die Rechtsbeschwerden zurückgewiesen. Die Löschungsanträge seien nicht begründet. Die eingetragenen Marken bestünden nicht ausschließlich aus einer Form, die der Ware einen wesentlichen Wert verleihe. Das einzige wesentliche Merkmal der als Marken eingetragenen Warenverpackungen seien, so der BGH, deren quadratische Grundflächen. Diese verliehen der in den Verpackungen vertriebenen Tafelschokolade keinen wesentlichen Wert.
Maßgeblich für die insoweit erforderliche Beurteilung seien Beurteilungskriterien wie die Art der in Rede stehenden Warenkategorie, der künstlerische Wert der fraglichen Form, ihre Andersartigkeit im Vergleich zu anderen auf dem jeweiligen Markt allgemein genutzten Formen, ein bedeutender Preisunterschied gegenüber ähnlichen Produkten oder die Ausarbeitung einer Vermarktungsstrategie, die hauptsächlich die ästhetischen Eigenschaften der jeweiligen Ware herausstreiche. Das Schutzhindernis liege vor, wenn aus objektiven und verlässlichen Gesichtspunkten hervorgehe, dass die Entscheidung der Verbraucher, die betreffende Ware zu kaufen, in hohem Maß durch dieses Merkmal bestimmt werde.
Auf der Grundlage der vom Bundespatentgericht getroffenen Feststellungen könne nicht angenommen werden, dass die Entscheidung der Verbraucher, die in den quadratischen Verpackungen vertriebene Tafelschokolade zu kaufen, in hohem Maße dadurch bestimmt werde, dass diese Verpackungsform der Schokolade einen wesentlichen Wert verleihe. Nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts hatbe die quadratische Form der Verpackung keinen besonderen künstlerischen Wert und führe auch nicht zu bedeutenden Preisunterschieden gegenüber ähnlichen Produkten. Ritter Sport als Markeninhaberin verfolge zwar eine Vermarktungsstrategie, in der sie die quadratische Form der Verpackung mit dem bekannten Werbespruch „Quadratisch. Praktisch. Gut.“ herausstelle. Dies könne zwar dazu führen, dass die Entscheidung der Verbraucher, die Schokolade zu erwerben, durch die quadratische Form der Verpackung bestimmt werde, da Verbraucher damit u.a. eine gewisse Qualität verbinden würden. Darauf allerdings, komme es nach Auffassung des BGH, aber nicht an. Vom Markenschutz ausgeschlossen sei die Form einer Ware oder einer Verpackung nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG nur dann, wenn sie der Ware einen wesentlichen Wert verleihe. Dafür jedoch sah der BGH keine Anhaltspunkte im Fall Ritter Sport als gegeben an. Damit bleibt die quadratische Verpackung für Ritter-Sport-Schokolade als Marke geschützt.
Der Fall verdeutlicht die in der Praxis nicht immer ganz so einfache Anwendung der beiden Paragraphen des Markenschutzgesetzes. Die Bestimmung, welche Produkteigenschaften einen tatsächlichen funktionellen Nutzen bieten und welche nicht, ist Auslegungssache und oftmals schwierig.
Wir werden an dieser Stelle über das weitere Verfahren berichten.
tsp