Das VG Ansbach hat entschieden, dass eine Videoüberwachung des Trainingsbereichs in einem Fitnessstudio datenschutzrechtlich nicht zulässig ist. Die Klage der Betreiberin gegen die Unterlassungsanordnung der Datenschutzbehörde hatte keinen Erfolg.

Eine Kundin eines Fitnessstudios war nicht damit einverstanden, dass der Trainingsbereich videoüberwacht wird. Sie wandte sich deshalb mit einer Beschwerde an das Bayrische Landesamt für Datenschutzaufsicht und rügte dort die Aufzeichnung. Die Datenschutzbehörde ordnete daraufhin gegenüber der Betreiberin an, eine Videoüberwachung der gesamten Trainingsfläche während der allgemeinen Öffnungszeiten zu unterlassen.

Die Inhaberin klagte gegen diese Unterlassungsanordnung der Datenschutzbehörde vor dem Verwaltungsgericht (VG) Ansbach. Das Gericht urteile zugunsten des Landesamts für Datenschutzaufsicht, dass eine lückenlose Videoüberwachung während des Trainings eine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung darstelle und der Bescheid der Datenschutzbehörde rechtmäßig war (Urt. v. 23.02.2022, Az. AN 14 K 20.00083).

Datenschutzbehörde: Videoüberwachung unzulässig

Die Datenschutzbehörde teilte der Betreiberin am 23. April 2018 mit, dass die Videoüberwachung unzulässig sei und abgeschaltet werden müsse. Lediglich eine eingegrenzte Überwachung der konkret gefährdeten Bereiche könne als milderes Mittel in Betracht gezogen werden.

Die Inhaberin erwiderte dem, dass eine vollständige Überwachung zur Diebstahlprävention notwendig sei und eine dauerhafte Aufsicht des Trainingsbereichs zum Schutz vor sexuellen Übergriffen aufgrund fehlender Mitarbeiter nicht durchgängig gewährleistet werden könne. Zur Sicherheit der Trainierenden sei die dauerhafte Aufzeichnung daher unumgänglich.

Nach weiteren Aufforderungen der Datenschutzbehörde zur Abschaltung der Videoüberwachung, reichte die Betreiberin des Fitnessstudios Bilder der Kameras ein, um zu belegen, dass nur noch stark gefährdete Bereiche vom Aufnahmebereich umfasst seien. Die Einschränkung war nach Ansicht des Datenschutzbeauftragten jedoch nicht weitreichend genug, sodass er am 12. Dezember 2019 eine Unterlassungsanordnung gegenüber der Betreiberin des Fitnessstudios erlassen hat. Die Inhaberin war der Auffassung, dass der Bescheid vollständig unbegründet sei und setzte sich diesem gerichtlich zur Wehr.

VG Ansbach: Hinweisschilder sind keine Einwilligung

Für die Verarbeitung personenbezogener Daten ist in jedem Fall eine Rechtsgrundlage aus der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) notwendig. Die Betreiberin berief sich vor dem VG Ansbach auf aufgestellte Hinweisschilder und Datenschutzinformationen. Die Kunden nähmen die Videoüberwachung zur Kenntnis und würden so die erforderliche Einwilligung aus Art. 6 Abs. 1 Buchst. a) DSGVO abgeben.

Das Gericht hält dem jedoch entgegen, dass eine Einwilligung stets eine eindeutig bestätigende Handlung voraussetze, mit der die betroffene Person aktiv in die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten einwillige. Die reine Kenntnisnahme sei daher gerade nicht als Einwilligungshandlung ausreichend. Eine andere bestätigende Handlung der Videoüberwachung sei auch nicht erkenntlich.

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Nur eingeschränkte Schutzpflicht des Betreibers

Die Betreiberin argumentierte vor Gericht außerdem, dass der Schutz der Kunden vor Diebstählen und Übergriffen als vertragliche Nebenpflicht in ihren Aufgabenbereich falle und die Videoüberwachung zur Einhaltung dieser Pflicht notwendig sei. Auch mit der Einhaltung einer vertraglichen Pflicht wäre ein Verarbeitungsgrund nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. b) DSGVO gegeben und die Videoüberwachung wäre somit rechtmäßig.

Das VG Ansbach folgt jedoch auch dieser Argumentation nicht. Zwar sei die Betreiberin in gewissem Umfang zur Schadensabwehr gegenüber ihren Kunden verpflichtet, jedoch erstrecke sich diese Schutzpflicht nicht über jeden erdenklichen Schadensfall. Es müsse nur der Sicherheitsgrad erreicht werden, der nach allgemeiner Ansicht notwendig ist. Eine lückenlose Videoüberwachung zur Verfolgung von Diebstählen sei im Vergleich zu abschließbaren Spinden und hilfsbereitem Personal nicht mehr umfasst.

Informationelle Selbstbestimmung überwiegt Diebstahlschutz

Das letzte Argument der Inhaberin des Fitnessstudios war ein berechtigtes Interesse an der Videoüberwachung nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. f) DSGVO, welches das Grundrecht der Kunden auf informationelle Selbstbestimmung überwiege. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und beinhaltet das Recht, über die Verwendung der eigenen personenbezogenen Daten frei zu entscheiden. Ein Eingriff in dieses Grundrecht muss daher verhältnismäßig und gut begründet sein.

In der Abwägung der Interessen von Kunden und der Betreiberin sei zunächst zu beachten, dass es für die Trainierenden keine räumliche oder zeitliche Ausweichmöglichkeit von der Überwachung gebe. Ein Training ohne Überwachung sei nicht möglich, da nur die Liegeflächen zur Entspannung von dem Aufnahmebereich der Kameras ausgenommen waren. Die Alternativlosigkeit der Kunden sei daher allein bereits ausreichend, um die Überwachung zu untersagen, da der Betreiberin sowohl technische Diebstahlschutzmaßnahmen als auch die Einstellung weiteren Personals zuzumuten sei.

Darüber hinaus komme erschwerend hinzu, dass die Trainierenden mit einer Videoüberwachung im Fitnessstudio nicht rechnen müssten. Insbesondere bei der Ausübung von öffentlich zugänglichen Freizeitaktivitäten, sei eine durchgängige Aufzeichnung regelmäßig nicht erwartbar. Dass die Betreiberin mit Schildern auf die Überwachung hingewiesen hat, sei unerheblich, da es bei der Abwägung einer erwartbaren Datenverarbeitung auf die abstrakten Umstände ankäme. Es sei daher nur relevant, dass die durchschnittliche Person in einem Fitnessstudio – unabhängig von tatsächlichen Hinweisen – nicht mit einer Videoüberwachung rechne.

Das Interesse der Kunden vor Diebstahl geschützt zu sein, liege außerdem maßgeblich in ihren eigenen Händen. Es sei Aufgabe der Trainierenden ihre Wertsachen zu verschließen oder andernfalls bei sich zu behalten, da das Diebstahlrisiko in einem Fitnessstudio allgemein bekannt sei. Es sei Kunden außerdem zuzumuten, Trainingszeiten zu wählen, in denen weniger andere Kunden vor Ort sind. Der Schutz der Kunden vor Diebstahl sei daher nicht mehr vom Schutzauftrag der Betreiberin umfasst und angesichts des starken Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte der Kunden nicht ausschlaggebend.

Einwilligung in Videoüberwachung durch Vertrag?

Auch eine Einwilligung in die Überwachung durch die AGB des Fitnessstudios sieht das VG Ansbach als keine tragfähige Lösung an. In der Vergangenheit wurden entsprechende AGB-Klauseln bereits für ungültig erklärt und auch bei den Richtern des VG Ansbach beständen Zweifel an der Zulässigkeit einer entsprechenden Klausel.

Es zeigt sich durch die Entscheidung, was eine Beschwerde bei dem zuständigen Datenschutzbeauftragten bewirken kann und dass es sich lohnt, für die eigenen Rechte einzustehen. Denn wie auch das Gericht festgestellt hat, ist das Fitnesstraining von deutlich größerer persönlicher Bedeutung als beispielsweise ein Einkauf im Supermarkt, wo Videoüberwachung ebenfalls flächendeckend eingesetzt wird.

lfe