Die Schweizer Datenschutzbehörde will gegen das Sammeln von IP-Adressen durch den Dienstleister Logistep vorgehen. Das Unternehmen sammelt im Auftrag von Rechteinhabern die Daten von P2P-Nutzern, die in Filesharing-Tauschbörsen urheberrechtlich geschütze Musik, Spiele, Software oder Filme anbieten. Die IP-Adressen werden an die Strafverfolgsbehörden weiter geleitet, die dann ihrerseits Strafanzeige gegen Unbekannt erstatten. Kanzleien wie Schutt&Waetke, Kornmeier, Rasch oder Waldorf fordern dann Akteneinsicht, um den Anschlussinhaber hinter der IP-Adresse herauszufinden. Genau dieses Vorgehen wird jetzt vom Schweizer Datenschutzbeauftragen kritisiert. Die durch das Fernmeldegeheimnis geschützten Verbindungsdaten dürfen normalerweise nicht an Privatpersonen heraus gegeben werden. Es wird also ein Umweg über das Strafverfahren gewählt, um doch an die Daten zu gelangen. Zu diesem Zeitpunkt ist das Strafverfahren aber oft noch nicht abgeschlossen, so dass möglicherweise auch Daten von Unschuldigen heraus gegeben werden. Logistep wird nun eine Frist von 30 Tagen gesetzt, das weitere Sammeln von Daten zu unterlassen. Ansonsten soll Klage vor dem Schweizer Bundesverwaltungsgericht erhoben werden. Es ist davon auszugehen, dass es Logistep auf eine gerichtliche Klärung ankommen lassen wird.

Pressemitteilung des Eidgenössischne Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten:

Unrechtmässige Bearbeitung von Personendaten bei der Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen im Internet

Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) stellt fest, dass die Datenbearbeitung einer Schweizer Firma im Rahmen der Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen in Peer-to-Peer-Netzwerken gegen die Grundsätze des Datenschutzgesetzes verstösst. Dabei stellt der EDÖB die Legitimität der strafrechtlichen Verfolgung von Urheberrechtsverletzern keineswegs in Abrede. Es geht vielmehr um die Frage nach dem rechtlichen Rahmen, der eine Durchbrechung des Fernmeldegeheimnisses im privatrechtlichen Bereich erlauben würde. Ein solcher ist nicht gegeben. Solange das der Fall ist, hat die Firma gemäss EDÖB die Bearbeitung von Personendaten zu unterlassen.

Eine Schweizer Firma betreibt im Auftrag der Medienindustrie in so genannten Peer-to-Peer-Netzwerken Nachforschungen, um Urheberrechtsverletzungen aufzudecken, welche durch den illegalen Austausch von Musik- und Videodateien begangen werden. Mit Hilfe einer eigens dafür entwickelten Software beschafft sich die Firma heimlich die IP-Adressen der Computer, über die illegale Inhalte zum Download angeboten werden, und übermittelt sie periodisch den Rechteinhabern der fraglichen Werke ins In- und Ausland. Da diese Datenbearbeitung geeignet ist, die Persönlichkeit einer grösseren Anzahl Personen zu verletzen, hat der EDÖB den Sachverhalt näher abgeklärt. Nun legt er die Ergebnisse seiner Abklärung vor.

Liegt ein Anfangsverdacht auf eine Verletzung des Urheberrechts vor, können die Rechteinhaber ein Strafverfahren gegen Unbekannt einleiten. Im Rahmen dieses Verfahrens wird anhand der erhobenen IP-Adresse die Person identifiziert, der die Adresse zum fraglichen Zeitpunkt zugeteilt war, und abgeklärt, ob überhaupt eine Urheberrechtsverletzung vorliegt. Ist dies der Fall, kann der Urheberrechtsinhaber gegenüber dem Urheberrechtsverletzer zivilrechtliche Ansprüche geltend machen.

In der Praxis nutzen die Inhaber das Strafverfahren indessen dazu, mittels Akteneinsicht die Identität des Inhabers des fraglichen Internetanschlusses zu erfahren und noch vor Abschluss des Strafverfahrens ihnen gegenüber zivilrechtliche Forderungen geltend zu machen. Das Fernmeldegeheimnis wird somit im Rahmen eines zivilrechtlichen Verfahrens durchbrochen, und zwar zu einem Zeitpunkt, in dem noch nicht feststeht, ob ein strafrechtlich relevantes Verhalten tatsächlich vorliegt. Die Durchbrechung des Fernmeldegeheimnisses im privatrechtlichen Bereich ist aber im geltenden Recht nicht vorgesehen. Diese Gesetzeslücke wurde bei der letzten Urheberrechtsrevision nicht geschlossen.

Soll das Fernmeldegeheimnis auch im Zivilverfahren durchbrochen werden können, braucht es aus Sicht des EDÖB eine entsprechende Berechtigung im Urheberrechtsgesetz. Solange dies nicht der Fall ist, hat die Schweizer Firma die Bearbeitung von Personendaten zu unterlassen.

Die Schweizer Firma teilt dem EDÖB innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt der Empfehlungen mit, ob sie sie akzeptiert oder nicht. Falls die Empfehlungen abgelehnt oder nicht befolgt werden, kann der EDÖB die Angelegenheit dem Bundesverwaltungsgericht zum Entscheid vorlegen.