Verschickt ein Unternehmer per Mail an seine Kunden die Aufforderung, das Unternehmen mit 5 Sternen zu bewerten, ist das Werbung. Ohne Einwilligung des Kunden oder einer Möglichkeit, weiterer Werbung zu widersprechen, stelle diese Aufforderung eine Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, so der BGH.

Positive Kundenbewertungen haben heutzutage eine große wirtschaftliche Bedeutung für Unternehmen. Dies gilt umso mehr für Betreiber von Online-Shops. Weil es die Kaufentscheidung von potenziellen Neukunden so stark beeinflusst, bitten viele Händler ihre Kunden aktiv um eine positive Bewertung.

Sofern der Unternehmer den Kunden jedoch nicht zuvor um dessen Einwilligung zur Zusendung solcher Bewertungsaufforderung gebeten hat, verletze die Übersendung das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Kunden. Denn bei einer Kundenzufriedenheitsumfrage handele es sich um Werbung, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil, welches jetzt veröffentlicht wurde (Urt. v. 10.07.2018, VI ZR 225/17).

Worum ging es in dem Fall?

Geklagt hatte der Kunde eines Amazon Marketplace Händlers. Der Kunde hatte beim Unternehmen ein Ultraschallgerät zur Schädlingsbekämpfung bestellt. Unmittelbar im Anschluss an den Bestellvorgang erhielt der Kunde noch keine Rechnung. Diese erhielt er erst reichlich verspätet als pdf in einer E-Mail mit dem Betreff „Ihre Rechnung zu Ihrer Amazon Bestellung“.

In der E-Mail bedankte sich das Unternehmen zunächst für den Kauf. Dann hieß es in derselben E-Mail: „Wir sind ein junges Unternehmen und deshalb auf gute Bewertungen angewiesen. Deshalb bitten wir Sie darum, wenn Sie mit unserem Service zufrieden waren, uns für Ihren Einkauf eine 5-Sterne Beurteilung zu geben. […] Zur Bewertung: über folgenden Link einfach einloggen und eine positive 5-Sterne Beurteilung abgeben […]”

Die Besonderheit des Falles liegt also darin, dass der Verkäufer in der Rechnungs-Mail diesen Zusatz, in dem er um die Bewertung bat, mitverschickte. Der klagende Käufer empfand diese Praxis der Bewertungsaufforderung als so aufdringlich, dass er auf Unterlassung gemäß §§ 1004, 823 Abs. 1 Bürgerlichtes Gesetzbuch (BGB) klagte. Die E-Mail sei eine unaufgeforderte unerlaubte Zusendung von Werbung, die in sein Persönlichkeitsrecht eingreife.

Vorinstanzen: Werbung ja, rechtwidrig nein

Sowohl das Amtsgericht (AG) Braunschweig als auch das Landgericht (LG) Braunschweig sahen in diesem Fall keinen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des klagenden Kunden und wiesen die Klage zurück. Dabei gingen sowohl AG als auch LG zwar davon aus, dass es sich bei der Bewertungsanfrage in der übersandten Rechnungsemail um Werbung handele. Allerdings folge daraus nach Abwägung der widerstreitenden Interessen keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers.

Ein Unterlassungsanspruch gestützt auf die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrecht (APR) ist die klassische Anspruchsgrundlage von Privatpersonen, um sich gegen Spam-Mails wehren zu können. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt die engere persönliche Lebenssphäre jedes Menschen und umfasst eben auch das Recht, im privaten Bereich in Ruhe gelassen zu werden. Das meint auch das Recht, mit Werbung in Ruhe gelassen zu werden.

Eine Besonderheit des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist jedoch, dass nicht in jedem Fall, in dem es berührt ist, auch eine rechtwidrige Rechtsverletzung vorliegt. Da das allgemeine Persönlichkeitsrecht den persönlichen Lebensbereich so umfassend schützt, müssen im Einzelfall auch gegenläufige Interessen (also hier die des Unternehmens) im Rahmen einer Abwägung berücksichtigt werden. Hier standen sich also einerseits das Rechts des Unternehmens, zu Werbezwecken mit Kunden in Kontakt treten zu können, dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Kunden, der vor unaufgeforderter Werbung geschützt werden will, gegenüber.

Die Vorinstanzen stellten im Rahmen dieser Abwägung maßgeblich darauf ab, dass die mit der Bewertungsaufforderung eingehende Belästigung des Kunden als eher gering einzustufen sei. Zudem stünde sie in einem direkten Zusammenhang mit einem getätigten Kauf und der Kunde werde nicht gezwungen, sich mit anderen Produkten auseinander setzen zu müssen.

Hier zog das LG gedanklich eine Parallele zu § 7 Abs. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Dieses war im Verfahren zwar nicht direkt anwendbar, weil hier ein Kunde klagte und das UWG nur Wettbewerber und Interessenverbände zur Klage berechtigt. Allerdings regelt § 7 UWG sachlich auch die Unzumutbarkeit von Werbung. Nach § 7 Abs. 3 UWG liegt im Wettbewerbsrecht keine unzumutbare Belästigung durch Werbung vor, wenn der Werbung bereits ein Verkauf einer Ware vorangegangen ist und der Unternehmer dadurch die E-Mail-Adresse erhalten habe. Wenn schon diese sog. Bestandskunden-Ausnahme die Kontaktaufnahme zu Werbezwecken lange nach dem eigentlichen Kauf zulässig sei, müsse dies doch erst recht anzunehmen sein, wenn sie sogar noch im Zusammenhang mit der eigentlichen Bestellung stünde.

Entscheidung des BGH: Die Werbung war auch rechtswidrig

Der BGH kam im Rahmen der Abwägung nun zu einem anderen Ergebnis. Er bejahte den Unterlassungsanspruch des Klägers wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht.

Dabei bestätigte der BGH zunächst die Einordnung der E-Mail, in der zur Abgabe einer Kundenbewertung aufgefordert wird, als Werbung: „Der Begriff der Werbung umfasst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Damit ist außer der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung – beispielsweise in Form der Imagewerbung – erfasst.“

Als rechtlich unerheblich stufte der BGH die tatsächliche Besonderheit des Falles ein, dass der (unzulässige) werbende Teil mit einer zulässigen Rechnungsübersendung verbunden wurde. Die Feedback-Aufforderung verliere ihren werbenden Charakter eben nicht dadurch, dass sie in einer Mail mit einer zulässigen Rechnung verbunden wurde.

Das Übersenden der streitigen E-Mail stelle nach Ansicht des BGH eine rechtswidrige Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers dar, weil die Abwägung der widerstreitenden Interessen zu seinen Gunsten ausfalle. Die mit der Versendung der E-Mail einhergehende Belästigung des Kunden stufte zwar auch der BGH als gering ein, weil man die Aufforderung auch schlicht ignorieren könne. Es sei aber eben keine unerhebliche Bagatelle. Denn der Kunde müsse sich mit der Kundenzufriedenheitsanfrage zumindest gedanklich beschäftigen.

Hier will der BGH offensichtlich dieser Werbepraxis einen Riegel vorschieben. Denn er stellt ausdrücklich nicht auf die einzelne E-Mail ab, bei der sich der Arbeitsaufwand der Empfängers in Grenzen hält. Vielmehr erkannte der Senat die möglichen Folgen, wenn er die Beifügung der Kundenbewertungsaufforderung an die Rechnung für zulässig erklärt: Wenn einzelne E-Mails mit Werbezusätzen für zulässig erklärt werden, sei „mit einem Umsichgreifen dieser Werbeart zu rechnen“.

Argumentativ bezog sich auch der BGH ebenfalls auf das UWG und dort auf § 7 Abs. 2 Nr. 3. Danach sei jede Werbung per E-Mail ohne ausdrückliche Einwilligung des Betroffenen eine unzumutbare Belästigung. Der betroffene Kunde hätte vor Übersendung der Rechnungsemail mit Feedback-Aufforderung um dessen Erlaubnis bitten müssen, ihm eine Kundenzufriedenheitsumfrage zusenden zu dürfen.

Auch dem Ansatz des LG, über die Bestandskunden-Ausnahme aus § 7 Abs. 3 UWG zu einer Entbehrlichkeit der Einwilligung zu gelangen, erteilte der BGH eine Abfuhr. Denn auch diese Ausnahme enthalte die Voraussetzung, dass der Kunde bei jeder Verwendung seiner E-Mail-Adresse klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen. Diese Möglichkeit, der Verwendung zu Werbezwecken zu widersprechen, sei Verkäufern auch zumutbar, bevor er in die Privatsphäre des Empfängers eindringt. Der Amazon-Marketplace-Händler hatte jedoch keinen entsprechenden Hinweis in seine E-Mail eingebaut.

Deswegen war das Übersenden der Rechnungs-Mail einen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Kunden.

Fazit

Die Einordnung von Aufforderungen zur Abgabe einer Kundenbewertung als Werbung ist nichts Neues. Nun aber wurde die bereit von vielen anderen Gerichten in den unteren Instanzen angenommene Auffassung durch den BGH bestätigt. Es ist auch wenig überraschend, dass der BGH den Fall nicht anders bewertete, weil zulässige Rechnung mit unzulässiger Werbung in einem Dokument verknüpft wurde. Alles andere würde Missbrauch Tür und Tor öffnen.

Offen bleibt aber, wie man als Verkäufer auf Online-Plattformen wie eBay oder Amazon-Marketplace rechtssicher eine solche Einwilligung einholen kann, um eine Bewertungsaufforderung zu versenden. Dahinter steckt der legitime Wunsch der Händler, durch positive Bewertungen ihre Verkaufschancen zu erhöhen.

Ein interessanter Aspekt, der aber nicht Gegenstand des Verfahrens war, ist die Frage, inwieweit die Formulierung der E-Mail problematisch war. Denn der Käufer des Ultraschallgeräts wurde aufgefordert, eine Fünf-Sterne-Beurteilung abzugeben. Wegen dieser Einflussnahme auf die Bewertung könnte die Werbung mit der Gesamtbewertung dann als irreführend angesehen werden, was einen Wettbewerbsverstoß begründen könnte.