Ein Rechtsstreit um die Urheberschaft der berühmten Gemälde ,,Paris Bar Version 1‘‘ und ,,Paris Bar Version 2‘‘ des verstorbenen Künstlers Martin Kippenberger hat zu einem bedeutenden Urteil geführt. Das LG München I entschied, dass der Maler Götz Valien als Miturheber anzuerkennen sei, obwohl dem Gemälde eine von Kippenberg bereitgestellte Fo­to­vor­la­ge zu­grun­de lag.

Bei einer Auktion des Auktionshauses Christie’s erzielte das Gemälde ,,Paris Bar Version 1‘‘ einen Versteigerungspreis von 2.281.250 englischen Pfund, umgerechnet 2.640.515 Euro. Als Urheber des Gemäldes wurde bei der Auktion nur Martin Kippenberger (1953 bis 1997) genannt – ein deutscher Maler, Installationskünstler, Bildhauer und Fotograf. Dagegen klagte nun der Maler Götz Valien vor dem Landgericht (LG) München I. Mit Erfolg: Neben Mar­tin Kip­pen­ber­ger ist auch der Künst­ler Götz Va­li­en als Miturheber zu nennen, da letzterer eine eigenständige künstlerische Schöpfung erbracht hat (Urt. v. 07.08.2023, Az. 42 O 7449/22).

Valien arbeitete in einer Berliner Werbeplakatfirma und wurde 1992 von Kippenberger damit beauftragt, ein von ihm aufgenommenes Foto auf eine große Leinwand zu malen. Bei dem aus der Fotovorlage gefertigten Gemälde handelte es sich um das berühmte Bild ,,Paris Bar Version 1‘‘, das auch bis 2004 noch in der Paris Bar hing. Kippenberg selbst hatte sich zu dieser Zeit ein Malverbot erteilt und deshalb den Berliner Künstler mit der Anfertigung der Leinwand beauftragt. In der Folgezeit schuf Valien nach der Fotovorlage auch die ,,Paris Bar Version 2‘‘, die das erste Gemälde als Bild-im-Bild an der Wand der Paris Bar zeigt, und die ,,Paris Bar Version 3‘‘, die eine Variation des ersten Gemäldes darstellt. Die Nachlassverwalterin des 1997 verstorbenen Kippenberger führte Valien jedoch weder in dem von ihr herausgegebenen Werkverzeichnis noch in den Reproduktionsgenehmigungen als Miturheber der Gemälde auf.

Valien hat eigenschöpferische Leistung erbracht

Das LG München gab der Klage von Götz Valien nun statt. Dieser habe als Miturheber der Bilder ,,Paris Bar Version 1‘‘ und ,,Paris Bar Version 2‘‘ einen Anspruch auf die Anerkennung seiner Urheberschaft. Bei den Bildern handele es sich um Werke der bildenden Kunst. Solche gehörten zu den urheberrechtlich geschützten Werken, sofern sie nach § 2 Abs. 2 UrhG persönliche geistige Schöpfungen sind. Persönliche geistige Schöpfung sei eine Schöpfung, die individuell geprägt ist und bei der in Kunstkreisen von einer ,,künstlerischen‘‘ Leistung gesprochen werden könne.

Soforthilfe vom Anwalt

Sie brauchen rechtliche Beratung? Rufen Sie uns an für eine kostenlose Ersteinschätzung oder nutzen Sie unser Kontaktformular.

Wir sind bekannt aus

Dies sei hier der Fall, da bei ihrer Entstehung keine technischen oder sonstigen Zwänge bestanden hätten, die keinen Raum für künstlerische Freiheit gelassen hätten. Solche Zwänge ergäben sich insbesondere nicht aus der hier angewandten Stilrichtung des Fotorealismus. Valien habe in dem Gemälde ,,Paris Bar 1‘‘ eine eigentümliche, einladende, lebendige und warme Atmosphäre geschaffen. Eine solche Atmosphäre sei auf der Fotovorlage nicht zu erkennen. Dort erscheine die Bar im Vergleich zum Gemälde dunkler, kühler und verlassener, fast trostlos, so das Gericht. Auch der Bildausschnitt und die Perspektive seien gegenüber dem Foto verändert. Das Gemälde ,,Paris Bar Version 1‘‘ stelle daher keine bloße Wiedergabe der fotografischen Vorlage dar, da es gegenüber der benutzten Vorlage nicht nur unwesentliche Veränderungen aufweise. Auch bei der Schaffung des Gemäldes ,,Paris Bar Version 2‘‘ habe Valien die von ihm geschaffene warme Atmosphäre wieder aufgegriffen und damit bei der Umsetzung der Fotovorlage seine individuelle Handschrift in das Bild einfließen lassen, urteilte das Gericht.

Im Zweifel gilt die Urhebervermutung

Schließlich spreche auch die Urhebervermutung des § 10 UrhG für die Miturheberschaft Valiens. Danach gilt bis zum Beweis des Gegenteils als Urheber, wer auf den Vervielfältigungsstücken eines erschienenen Werkes oder auf dem Original eines Werkes der bildenden Künste als Urheber bezeichnet sei. Auf der Leinwand ,,Paris Bar Version 1‘‘ befand sich unstreitig an zwei Stellen die Signatur Valiens.

Mit seiner Beurteilung wandte sich das Gericht auch gegen einen Antrag der Nachlassverwalterin, die gefordert hatte, die Fachwelt zur Beurteilung der Werkeigenschaft der Bilder heranzuziehen. Die Kammer sah sich durchaus in der Lage, aus eigener Sachkunde zu entscheiden, da sie über einen ausreichenden Sachverstand verfüge, um die Schutzfähigkeit eines Werks der bildenden Kunst zu beurteilen.

lyt