Wer “unbewusst” unter Drogen fährt, muss nicht mit einem Führerscheinentzug rechnen. Das VG Koblenz stellt für die Begründung vor Gericht allerdings hohe Anforderungen.

„Ich kann nichts dafür, mir wurde etwas ins Getränk gemischt!“ ist eine der beliebtesten Ausreden von Fahrern, die unter Drogeneinfluss aus dem Verkehr gezogen werden. Wenig überraschend, denn wer wirklich unbewusst harte Drogen konsumiert hat, kann den Führerschein behalten. In solchen Fällen liegt die Eignung zum Führen von Kfz nach den §§ 3 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG), 46 Abs. 1 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) häufig trotzdem noch vor.

Das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz hat nun im Eilverfahren entschieden, dass an eine solche Begründung hohe Anforderungen zu stellen sind. Ein Fahrer müsse detailliert, schlüssig und von Anfang bis Ende widerspruchsfrei darlegen, wie es ernsthaft möglich war, dass er die Drogen unbewusst eingenommen hat (Beschl. v. 09.08.2022, Az. 4 L 680/22.KO).

Amphetamine im Bier als Entschuldigung?

Der Steller des Eilantrags hatte bei einer Verkehrskontrolle auffällige Symptome einer Drogeneinnahme gezeigt und war letztlich auch sowohl mit einem Schnelltest vor Ort als auch nach einem späteren Bluttest positiv auf Amphetamine getestet worden. Später entzog ihm die zuständige Behörde auch die Fahrerlaubnis und verpflichtete ihn zur Abgabe seines Führerscheins. Mit dem Eilantrag wollte er dies nun vorerst rückgängig machen. Er trug vor, sein Freund und Beifahrer habe ihm das Amphetamin ohne sein Wissen in die Bierflasche gemischt und ließ dies sogar mit einer eidesstattlichen Versicherung des Beifahrers bestätigen.

Das VG wies den Antrag dennoch ab. Die Entziehung der Fahrerlaubnis sei voraussichtlich rechtmäßig, so die Koblenzer Richter. Denn der Antragsteller habe sich aufgrund der Einnahme von Amphetamin als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Zum Ausschluss der Fahreignung genüge bereits die einmalige Einnahme harter Drogen, wozu Amphetamin gehöre.

Die Begründung, der Mann habe die Drogen unbewusst genommen, sei nicht plausibel genug. Denn an die Begründung seien sehr hohe Anforderungen zu stellen. Nicht zuletzt, weil der Drogenkonsum im Straßenverkehr erhebliche Gefahren mit sich bringe. Zudem sei der untergeschobene Konsum kein „flächendeckendes Problem“ und damit nach allgemeiner Lebenserfahrung sehr unwahrscheinlich. Der Fahrer müsse also detailliert, schlüssig und von Anfang bis Ende widerspruchsfrei darlegen, dass ein Unterjubeln der Drogen ernsthaft möglich war.

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Hohe Maßstäbe wegen allgemeiner Lebenserfahrung

Schlüssig sei die Begründung nur dann, wenn sich ein Motiv für denjenigen finden lasse, der die Drogen heimlich eingemischt haben soll. Vor Gericht darzulegen seien demnach der vorangegangene Kontakt mit entsprechenden Personen sowie ihre möglichen Beweggründe zur Verabreichung der Drogen. Im konkreten Fall glaubten die Richter der eidesstattlichen Versicherung des Beifahrers nicht. Er habe kein nachvollziehbares Motiv dafür gehabt. Es sei auch unwahrscheinlich, dass ein Beifahrer seinen Fahrer absichtlich unter Drogen setzt und dadurch sein eigenes Leben gefährdet.  

Laut Gericht müsste es ferner naheliegen, dass der Fahrer die Wirkung der Droge nicht bemerkt hat. Angesichts der hohen Amphetaminkonzentration in seinem Blut sowie seiner Ausfallerscheinungen könne man aber nicht davon ausgehen, dass der Fahrer die Wirkung der Drogen nicht gemerkt habe.  

Zudem sei dem Fahrer bereits in der Vergangenheit wegen des Fahrens unter Amphetamineinfluss die Fahrerlaubnis entzogen worden sei – die sich daraus ergebenden Konsequenzen seien ihm also bekannt gewesen. In jedem Fall hätte der Fahrer die unbemerkte Verabreichung schon bei der Polizeikontrolle ansprechen müssen – spätestens im Nachgang auf der Polizeiwache. Im Fall vor dem VG Koblenz wurde die Begründung erst 7 Wochen später vor Gericht zum ersten Mal vorgetragen – auch das schadete der Glaubhaftigkeit.

Der Beschluss des VG Koblenz ist noch nicht rechtskräftig.

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Auch wenn die Rechtsprechung den unbemerkten Drogenkonsum für unwahrscheinlich hält, sind diese Fälle natürlich nicht unmöglich. Betroffene sollten nun wissen, dass die Gerichte ganz genau hinsehen und ein „Ich wusste nichts davon!“ auf Herz und Nieren prüfen. Gehen Sie sicher, dass sie die Möglichkeit so früh wie möglich ansprechen und stellen Sie Ihren bisherigen Kontakt genau dar. Sollte es Ihnen in der ersten Nervosität bei der Polizeikontrolle nicht einfallen, suchen Sie die Beamten danach aktiv in der Wache auf. Wie auch sonst sollten Sie sich vor einer Autofahrt selbst prüfen, ob Sie sich fahrtauglich fühlen.

Haben auch Sie mit den Konsequenzen von Alkohol- oder Drogenkonsum am Steuer zu tun? Suchen Sie rechtzeitig einen Anwalt für Verkehrsrecht auf. Dieser kann Sie entsprechend beraten und Ihren Einzelfall prüfen. Insbesondere, wenn Sie einen Bescheid zum Führerscheinentzug oder Fahrverbot aufgrund der oben genannten Delikte erhalten, sollte Sie diesen durch einen Anwalt prüfen lassen.

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