Die deutsche Autobahn ist weltweit legendär. Wo in fast jedem anderen Land der Welt durchgängig strikte Tempolimits gelten, darf auf vielen deutschen Autobahnabschnitten noch unbegrenzt schnell gefahren werden. Autofahrer sollten jedoch bei schneller Fahrt beachten, dass im Falle eines Unfalles eine rechtliche Mitverantwortung angenommen werden kann.

 Haftung bei Überschreitung der Richtgeschwindigkeit © Ideeah Studio - Fotolia.com
Haftung bei Überschreitung der Richtgeschwindigkeit © Ideeah Studio – Fotolia.com

Tempolimits auf Autobahnen

Im internationalen Vergleich stellen deutsche Autobahnen ein Paradies für Fans schneller Autos dar. Müssen sich Autofahrer in europäischen Ländern an strikte Tempolimits halten, darf in Deutschland rechtlich legal Gas gegeben werden. Zwar gelten auch in Deutschland auf Teilabschnitten, die beispielsweise ein hohes Unfall- und Gefährdungspotential bergen, dauerhafte oder temporäre Geschwindigkeitsbegrenzungen, doch sind heute noch rund 60 % aller Autobahnkilometer unbeschränkt schnell zu befahren.

Richtgeschwindigkeit als Empfehlung

Seit 1978 gilt auf deutschen Autobahnen eine Richtgeschwindigkeit von 130 km/h. Die Richtgeschwindigkeit dient jedoch lediglich als Empfehlung. Wer auf nicht begrenzten Autobahnabschnitten schneller fährt, begeht keine Ordnungswidrigkeit oder Straftat. Als rechtlich problematisch zeigt sich die Überschreitung der empfohlenen Richtgeschwindigkeit jedoch im Falle eines Unfalles. Selbst wenn ein Autofahrer unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt wird, nimmt die Rechtsprechung im Rahmen eines Schadensausgleichs regelmäßig eine Mitschuld desjenigen Fahrers an, der die Richtgeschwindigkeit überschritten hat.

Mithaftung des Schnellfahrers

Kommt es auf deutschen Autobahnen zu Verkehrsunfällen, wird zwischen den Parteien in vielen Fällen vor Gericht über die Verantwortlichkeiten gestritten. Autofahrer sollten sich bewusstmachen, dass das Überschreiten der Richtgeschwindigkeit zu einer Haftungsfalle führen kann. Ergibt eine objektive Analyse des Unfallhergangs zwar, dass ein Unfallbeteiligter grundsätzlich als Unfallverursacher verantwortlich für den Unfallhergang war, kann es für nicht Schnellfahrer dennoch teuer werden.

Gerichte gehen von “Idealfahrer” aus

Vor Gericht wird im Rahmen des Schadensausgleichs regelmäßig die Fahrweise der Beteiligten bewertet. Ein Verkehrsteilnehmer gilt dann als Idealfahrer, wenn er sämtliche Verkehrsregeln eingehalten hat. Auch wenn die Richtgeschwindigkeit nicht als gesetzliche Regelung gilt, nehmen Gerichte jedoch oftmals an, dass ein Autofahrer nicht als Idealfahrer gilt, wenn er deutlich schneller als 130 km/h gefahren ist. Keine Rolle spielt dann, dass in Bezug auf den objektiven Unfallhergang kein fahrerisches Fehlverhalten gegeben war.

Unfall als unabwendbares Ereignis

Autofahrer, die unverschuldet in einen Unfall geraten sind und die Richtgeschwindigkeit deutlich überschritten haben, müssen vor Gericht nachweisen, dass der Unfall für sie ein sog. unabwendbares Ereignis war. Erfahrungsgemäß wird dieser Nachweis von einem Schnellfahrer nur selten erbracht werden können. Nötig wäre darzulegen, dass die Unfallfolgen in vergleichbarer Art und Weise auch dann eingetreten wären, wenn ein am Unfall beteiligter Schnellfahrer die Richtgeschwindigkeit nicht deutlich überschritten hätte. Vor allem bei den häufigen Auffahrunfällen, hätte die Einhaltung der Richtgeschwindigkeit und ein damit erheblich kürzerer Bremsweg, einen Unfall vermeiden oder zumindest in der Schwere abmildern können.

Problem: Versicherungsschutz

Nicht nur für den Schadensausgleich, sondern auch für den eigenen Versicherungsschutz können deutliche Überschreitungen der Richtgeschwindigkeit teuer werden. Nicht selten formulieren Versicherungen in den Vertragsbedingungen, dass der Fahrer, der deutlich zu schnell gefahren und in einen Unfall verwickelt wurde, eine hohe Eigenbeteiligung leisten muss. Vielen Autofahrern ist diese Gefahr nicht bewusst.

Fazit

Autofahrer sollten sich stets bewusst sein, dass die Überschreitung der Richtgeschwindigkeit zwar nicht gesetzlich verboten ist, vor Gericht jedoch als haftungsbegründendes Mitverschulden bewertet werden kann. Gerichte nehmen dabei teilweise Haftungsquoten von bis zu 40 % an. Vor allem im dichten Verkehr sollten sich Autofahrer dieser Problematik stets bewusst sein. Auch im Hinblick auf den eigenen Versicherungsschutz, sollte das Gaspedal daher nicht zu beherzt durchgedrückt werden. Rechtlich sicher fährt letztlich nur der Fahrer, der sich an die Richtgeschwindigkeit auf deutschen Autobahnen hält. Für Unfallverursacher hingegen können sich durch die Rechtsprechung jedoch Chancen im gerichtlichen Verfahren eröffnen, den Unfallgegner in die Mithaftung zu drängen, wenn Unfallbeteiligte die Richtgeschwindigkeit deutlich überschritten haben. (NH)

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