Der Porsche 356 war das erste zugelassene Auto mit dem Namen „Porsche“. An dem Erfolg des Nachfolgemodells Porsche 911 wollte die Erbin eines früheren Leiters der Konstruktionsabteilung der Porsche AG beteiligt werden. Der BGH erteilte ihr nun aber eine Absage: Ihr stehe kein Anspruch auf eine Nachvergütung zu. Die Sache wurde außerdem an das OLG Stuttgart zurückverwiesen, das erneut über ein Beweisangebot zum Urheberrecht am Porsche 911 entscheiden muss.

Der Streit um Beteiligungsansprüche der Erbin eines früheren Leiters der Konstruktionsabteilung der Porsche AG am wirtschaftlichen Erfolg des Porsche 911 geht in die nächste Runde. Konkret geht es um die Frage, ob der Erbin des 1966 verstorbenen Chefingenieurs Erwin Komenda, der das Vorgängermodell Porsche 356 maßgeblich entworfen hatte, ein Anspruch auf angemessene Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg des Modells 991 zusteht. Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hatte dies verneint (Urt. v. 20.11.2020, Az. 5 U 125/19). Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte dieses Ergebnis nun. Trotzdem muss der Fall zur endgültigen Klärung nochmal an das OLG Stuttgart zurück (Urt. v. 07.04.2022, Az. I ZR 222/20).

Konstrukteur-Erbin will an Erfolg des Porsche 911 teilhaben

Geklagt hatte die Tochter und Erbin des verstorbenen Ex-Leiters der Abteilung „Karosserie-Konstruktion“ bei Porsche. Ihr Vater Erwin Komenda war im Rahmen dieser Tätigkeit mit der Entwicklung des ab 1950 produzierten Fahrzeugmodells Porsche 356 und dessen seit 1963 gebauten Nachfolgemodell Porsche 911 befasst. Die Tochter ist der Ansicht, dass ihr als Erbin und aus abgetretenem Recht einer weiteren Erbin von der Porsche AG gemäß § 32a Abs. 1 S. 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG) ab dem 1. Januar 2014 eine angemessene Beteiligung an den Erlösen aus dem Verkauf der ab 2011 produzierten Baureihe 991 des Porsche 911 zustehe. Sie meint, bei den Fahrzeugen dieser Baureihe seien wesentliche Gestaltungselemente der unter maßgeblicher Beteiligung ihres Vaters entwickelten Ursprungsmodelle des Porsche 356 und des Porsche 911 übernommen worden.

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Der „Fairness-Paragraf“

Bei § 32a Abs. 1 UrhG handelt es sich um den „Fairnessausgleich“ des Urheberrechts. Der sogenannte „Fairness-Paragraf“ wurde im Jahr 2002 in das Urhebergesetz eingefügt. Er dient der Stärkung der Urheberrechte und vor allem der fairen Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg eines Werkes. Kommt es zu einem später eintretenden Erfolg eines Werkes, sodass Leistung und Gegenleistung in einem Missverhältnis stehen, kann dem Urheber ein Anspruch auf eine angemessene Beteiligung aufgrund dieses Erfolgs zustehen. Dadurch wird auch der Urheber am Erfolg seines Werkes beteiligt, unabhängig welche Vergütung zuvor vertraglich vereinbart wurde.

Dem Urheber steht somit ein gesetzlicher Anspruch auf Vertragsänderung zu, durch die dem Urheber eine den Umständen nach weitere angemessene Beteiligung gewährt wird – im Nachgang wird ihm also mehr Geld gezahlt, weil die ursprünglich vereinbarte Summe sich im Nachhinein als zu gering herausgestellt hat.

Klage in erster und zweiter Instanz erfolglos

Das Landgericht und das Oberlandesgericht Stuttgart lehnten einen Anspruch nach § 32a Abs. 1 UrhG im Fall der Tochter des Porsche-Konstrukteurs ab. In Bezug auf den Porsche 911 habe die Frau nicht beweisen können, dass ihr Vater dessen Miturheber sei. Gelungen sei ihr das lediglich beim älteren Modell, dem Porsche 356. Sie habe bewiesen, dass ihr Vater die äußere Gestaltung der Karosserie des Porsche 356 geschaffen habe und insofern ihr Urheber sei.

Die Karosserie des Porsche 356 habe aber höchstens als Anregung für die neue Gestaltung bei der Baureihe 991 des Porsche 911 gedient, weshalb es sich um freie Benutzung nach § 24 Abs. 1 UrhG a.F. handele. Danach darf ein selbstständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist, ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes verwertet werden. Zwischen dem ursprünglichen Modell und der 991er-Baureihe bestünden so große Unterschiede, dass es sich nur um freie Benutzungen handele. Solche Nutzungen sind vergütungsfrei und können deshalb nicht zu einem nachträglich höheren Vergütungsanspruch des Urhebers oder seiner Erben führen.

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Gestaltungselemente des Porsche 356 in Porsche 911 nicht wiederzufinden

Der BGH hat das Berufungsurteil nun aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen. Das Gericht habe im Ergebnis allerdings zurecht angenommen, dass der Erbin keine Ansprüche auf weitere angemessene Beteiligung zustehen.

Zwar bestätigt der BGH den urheberrechtlichen Schutz der Gestaltung des Porsche 356 und auch, dass der Vater der Erbin der Urheber ist, beim Vergleich der Fahrzeugmodelle seien die den Urheberrechtsschutz des Porsche 356 begründenden Elemente in der Gestaltung des Porsche 911 aber nicht mehr wiederzuerkennen. Damit habe die Porsche AG mit der Herstellung und dem Vertrieb des Porsche 911 schon gar nicht in Verwertungsrechte des Urhebers eingegriffen. Der Erbin stehe deshalb kein Anspruch auf weitere angemessene Beteiligung zu. Es komme hierbei nicht mehr darauf an, ob eine freie Benutzung im Sinne von § 24 Abs. 1 UrhG a.F. vorlag oder nicht, so der BGH.

OLG muss Urheberschaft an Porsche 911 klären

Bei den Ansprüchen der Erbin in Bezug auf die Urheberrechte ihres Vaters am Ursprungsmodell des Porsche 911 ist der BGH aber nicht der Meinung des OLG gefolgt. Das OLG war der Ansicht, die Erbin habe nicht nachweisen können, dass ihr Vater die äußere Gestaltung des Wagens geschaffen habe. Die Erbin hatte jedoch ihren Ehemann als Zeugen dafür benannt, dass ihr Vater diesem bei einem Besuch an seinem Arbeitsplatz klargemacht habe, dass der Porsche 911 und dessen Karosserie „sein Auto, sein Entwurf“ gewesen sei.

Das OLG hätte sich mit diesem Beweisangebot auseinandersetzen müssen, weil die Zeugenaussage zumindest ein Indiz für die Urheberschaft des Vaters liefern konnte. Die Erbin habe dieses Beweisangebot zwar erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist vorgebracht. Das OLG habe sich aber nicht damit befasst, ob sie deshalb mit ihrem Beweisantritt ausgeschlossen ist. Diese Frage könne nur vom Berufungsgericht, also vom OLG Stuttgart, entschieden werden. Es muss sich vor diesem Hintergrund also erneut mit dem Fall befassen.

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