Dürfen längere Abschnitte von Lehrbüchern zu Studienzwecken im Intranet einer Universität zur Ansicht oder gar zum Download bereitgehalten werden? Mit dieser Frage hatte sich das Landgericht Stuttgart in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 27.09.2011, Az. 17 O 671/10) auseinanderzusetzen.

Klägerin in diesem Verfahren war der Verlag eines ca. 480 Seiten umfassenden Lehrbuchs.

91 Seiten des Werks zum Download bereitgehalten

Von diesem Buch wurde ein Auszug von 91 Seiten im Intranet einer Fernuniversität angeboten, und zwar zunächst sogar zum abspeichern als PDF-Datei; später machte man lediglich die Ansicht des Dokuments möglich (ohne Speichermöglichkeit).

Gegen eine solche Veröffentlichung des Auszuges wehrte sich der Verlag und verlangte, dass der Universität jegliches Bereithalten von Auszügen von über 3 Seiten Länge, gleich ob bloß zur Ansicht oder zum Download, verboten würde.

Die Fernuniversität hingegen rechtfertigte das Bereithalten des veröffentlichten Auszugs mit dem Forschungsprivileg des § 52 a Abs. 1 Nr. 1 UrhG. Durch diese Regelungen soll Bildungseinrichtungen die Möglichkeit geboten werden, im Rahmen ihres Unterrichts urheberrechtlich geschütztes Material verwenden zu dürfen.

Download-Angebot im Umfang von mehr als drei Seiten unzulässig

Das Landgericht kam nun zunächst antragsgemäß zum Schluss, dass die Universität ihren Studenten Auszüge, die über drei Seiten hinausgehen, zumindest nicht zum Download, d. h. zum dauerhaften Speichern zur Verfügung stellen darf, etwa als PDF-Datei.

Die Intention des 52a UrhG sei nämlich gewesen, eine Nutzung zu ermöglichen, die mit der analogen Nutzung vergleichbar ist. Die Speicherung eines Auszuges auf dem Rechner der Studenten stelle eine höherwertige Nutzung dar als die bloße Ansicht auf dem Computer. Keinesfalls hätte also die Universität den Auszug in einem Format bereitstellen dürfen, der neben der Ansicht auch die Speicherung der Dateien ermöglicht.

Veröffentlichung  zur bloßen Ansicht grundsätzlich zulässig

Darüber hinaus entschied die Kammer hingegen, dass die lediglich elektronische Abrufbarkeit von Werksteilen immerhin bis zu einem Anteil von 10 % des Buchumfangs zulässig sei.

Inhaltlicher Bezug zum Unterricht bejaht

Bis zu diesem Umfang sei die Bereitstellung von der Privilegierung des § 52a Abs. 1 Nr. 1 UrhG umfasst. Insbesondere stellte die Kammer fest, dass der Auszug entgegen der Klägeransicht eindeutig zur Veranschaulichung im Unterricht veröffentlicht werde, denn  er behandle den Unterrichtsstoff und werde von der Universität als Pflichtlektüre empfohlen.

Abgegrenzter Personenkreis

Auch wenn die Teilnehmerzahl eines Kurses im vorliegenden Fall einer Fernuni deutlich höher sei als an einer Präsenzuniversität, sei hinreichend sichergestellt, dass der Auszug nur einem abgegrenzten Kreis von Zuhörern verfügbar gemacht werde. Dies geschehe im Falle der Fernuniversität mithilfe eines durch Benutzernamen und Passwort kontrollierten Zugriffs.

Veröffentlichung zur Ansicht nur bis zu 10 % zulässig

§ 52a Abs. 1 Satz 1 UrhG erlaubt jedoch nur die Veröffentlichung von „kleinen Teilen“ eines Werks. Die Kammer erteilte der klägerseits geforderten Begrenzung in Höhe von 3 % eine Absage. Dies widerspreche dem Regelungszweck des § 52a Abs. 1 Satz 1 UrhG, die auf die Nutzung moderner Kommunikationsformen im Bereich der Forschung und Lehre abzielt.

Jedoch setzte das Gericht einen Grenzwert in Höhe von 10 % an, unterhalb dessen die Veröffentlichung von Textauszügen zur bloßen Ansicht noch zulässig sein sollen. Bei umfangreicheren Auszügen könne hingegen von „kleinen Teilen“ im Sinne des UrhG keine Rede mehr sein. Im vorliegenden Falle wäre folglich allenfalls die Bereitstellung von 48 Seiten zulässig gewesen.