In den letzten Wochen mussten sich bereits mehrere Gerichte mit Fällen beschäftigen, in denen Polizeianwärter wegen rassistischer Handlungen entlassen wurden. Nun befasste sich auch das OVG Berlin-Brandenburg mit dem Fall eines Berliner Polizisten, der Internetbeiträge der „Neuen Rechten“ gelikt hatte. Eine verfassungsfeindliche Einstellung konnte nicht eindeutig erwiesen werden. Reicht dies dennoch für eine Entlassung aus?  

Der Polizist hatte unter anderem Posts der „Neuen Rechten“ gelikt. Darunter befanden sich rassistische und antisemitische Inhalte. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg bestätigte nun die Rechtmäßigkeit seiner Entlassung. Das Verhalten des Polizisten begründe Zweifel an der Verfassungstreue des Beamten auf Widerruf (Beschl. v. 27.07.2023, Az. 4 S 11/23).

Als „Neue Rechte“ wird eine geistige Strömung bezeichnet, deren Ziel in der intellektuellen Erneuerung des Rechtsextremismus liegt. Der Verfassungsschutz beobachtet die Gruppierungen und stellte bereits fest, dass unter anderem Liberalismus, Parlamentarismus und gesellschaftliche Vielfalt abgelehnt werden. Dafür würden ethnische Homogenität und ein elitär geführter autoritärer Staat als erstrebenswert anerkannt. Das Bundesamt für Verfassungsschutz beurteilte die „Neue Rechte“ als Gruppe, die „die Beseitigung oder zumindest Beeinträchtigung des demokratischen Verfassungsstaates“ beabsichtige.

Likes führten zur Entlassung

Der 21-Jährige Polizist war der „Neuen Rechten“ in den sozialen Medien gefolgt und hatte mehrere ihrer Beiträge gelikt. Es handelte sich zum einen um Schmähungen von Muslimen. Darüber hinaus wurden in einem gelikten Post die Coronamaßnahmen mit der Verfolgung von Juden im Nationalsozialismus gleichgesetzt. Bei einem dritten von dem Polizisten als zustimmungswürdig erachteten Post handelte es sich um die Verächtlichmachung von Repräsentanten der Bundesrepublik. Der Kriminalkommissaranwärter war noch in seiner Vorbereitungszeit, also im Beamtenverhältnis auf Widerruf. Beamte auf Widerruf können nach dem Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) jederzeit entlassen werden, müssen jedoch von sachlichen Erwägungen getragen sein. Ein solcher liegt bereits dann vor, wenn ernstzunehmende Zweifel daran bestehen, dass der Beamte persönlich und charakterlich für den Polizistenberuf befähigt ist. Der gekündigte Polizeianwärter hatte versucht, sich gegen seine Entlassung mit einem Eilantrag zu wehren.

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Vierter Senat begründete mit fehlender Verfassungstreue

Das Gericht klärte auf, dass die Entlassung rechtmäßig erfolgt sei. Das OVG führte in seiner Entscheidung aus, dass begründete Zweifel an der Verfassungstreue des Beamten bestünden. Es betonte, dass alle Landesbeamten im Sinne des Grundgesetzes und der Verfassung von Berlin ein Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung ablegen müssten. Insbesondere Beamte müssten den Staat und die geltende verfassungsrechtliche Ordnung unterstützen. Dazu gehöre auch, sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen zu distanzieren, die diesen Staat und seine Verfassung angriffen, bekämpften und diffamierten. Eine verfassungsfeindliche Einstellung müsse jedoch nicht erwiesen sein, um eine Entlassung zu rechtfertigen. Begründete Zweifel an der Verfassungstreue einer Beamtin oder eines Beamten auf Widerruf würden ausreichen, so das OVG.

Vermehrt Beschlüsse dieser Art aus den letzten Wochen

In den letzten Wochen häuften sich die Fälle, in denen Polizeianwärter wegen rassistischer Handlungen entlassen wurden. Darunter ein Fall zweier junger Polizisten aus Düsseldorf und Duisburg. Diese hatten rechtsextreme und ausländerfeindliche Chat-Nachrichten verbreitet. Ihre Entlassung wurde ebenfalls als rechtmäßig bestätigt. Solcherlei Handlungen würden Zweifel an der charakterlichen Eignung für den Polizeivollzugsdienst erwecken. Hierüber berichteten wir bereits. Und auch in Sachsen-Anhalt wird aktuell von der Staatsanwaltschaft Naumburg gegen mindestens acht angehende Polizisten ermittelt. Auch sie sollen antisemitische und volksverhetzende Inhalte per Chat-Nachrichten ausgetauscht haben.

jvo