Der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urteil vom 25.01.2017, Az. C-367/15) hat entschieden, dass der Schadensersatz für die unerlaubte Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke bis zu dem Dreifachen einer angemessenen Vergütung betragen darf. Eine entsprechende polnische Gesetzesklausel wurde für rechtswirksam erklärt. Auch deutsche Urheber können von dem Urteil profitieren.

EuGH – Doppelter Schadensersatz bei Urheberrechtsverletzung © fotodo – Fotolia.com

Streit um polnische Gesetzesklausel

Vor einem polnischen Gericht wurde um die Zulässigkeit einer urheberrechtlichen Gesetzesklausel gestritten. Nach polnischem Urheberrecht können Urheber von Rechtsverletzern das Doppelte oder Dreifache einer üblichen und angemessenen Vergütung verlangen, wenn ein geschütztes Werk unerlaubt genutzt worden ist.

Vorlagefrage an EuGH

Der polnische Oberste Gerichtshof hatte sich mit einer Vorlagefrage an den Europäischen Gerichtshof gewandt. Die polnischen Richter wollten von den EU-Richtern wissen, ob die streitgegenständliche polnische Gesetzesklausel mit EU-Recht vereinbar ist. Die Gesetzesklausel erlaubt Urhebern im Falle von Urheberrechtsverletzungen die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen, die über der Summe einer angemessenen Vergütung liegen. Urheber müssen dabei keinen Zusammenhang zwischen der urheberrechtlichen Verletzung und einem konkreten Schaden nachweisen.

Schadensersatz als Strafe zulässig

Die Richter am Europäischen Gerichtshof haben im Ergebnis entschieden, dass die polnische Gesetzesklausel zulässig ist. Die Möglichkeiten der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in Höhe des Doppelten oder gar Dreifachen einer angemessenen Vergütung, verstößt nicht gegen die EU-Richtlinie zur Durchsetzung des geistigen Eigentums. Das Gericht begründete seine Entscheidung vor allem damit, dass der Anspruch auf Zahlung einer nur angemessenen Vergütung, Urheber im Falle einer Urheberrechtsverletzung nur unzureichend entschädige. Eine angemessene Vergütung würde zwar den Schaden einer unerlaubten Nutzung eines Werkes ausgleichen, zusätzliche Belastungen der Urheber aber würden damit nicht ausgeglichen. So hätten Urheber, deren Urheberrechte verletzt wurden, grundsätzlich weitere Mühen. Der rechtsverletzende Dritte müsste identifiziert und eine Verletzungshandlung konkretisiert werden. Die Zahlung einer Schadensersatzsumme, die über einer angemessenen Vergütung liegt, könne diese Schäden ausgleichen.

Kein Verbot für Strafe in Form von Schadensersatz

Der Europäische Gerichtshof legt Erwägungsgrund 26 der Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums dahingehend aus, dass die EU-Mitgliedsstaaten zwar grundsätzlich nicht verpflichtet seien, Gesetze zu schaffen, die Strafzahlungen bei Urheberrechtsverletzungen legitimieren. Doch sei es den EU-Mitgliedsländern auch nicht untersagt, gesetzliche Regelungen zu verabschieden, die eine solche Durchsetzung von höheren Schadensersatzansprüchen möglich machen.

Doppelter Schadensersatz in Deutschland

Die Entscheidung des EuGH ist auch für deutsche Urheber von Bedeutung. In der gerichtlichen Praxis können Urheber im Falle der Verletzung von Urheberrechten Schadensersatz in Form einer Lizenzanalogie geltend machen. Dabei wird üblicherweise festgestellt, welche Vergütung ein Urheber für die Nutzung seines Werkes hätte fördern können. Diese angemessene Vergütung kann dann nach § 97 Abs. 2 S. 2 UrhG vom Rechtsverletzer gefordert werden. Wird im Rahmen der Urheberrechtsverletzung darüber hinaus auch auf die namentliche Nennung des Urhebers verzichtet, können Urheber üblicherweise den doppelten Lizenzschaden verlangen.

Gerichte lehnen doppelten Lizenzschaden ab

Teilweise lehnen deutsche Gerichte jedoch die Geltendmachung des doppelten Lizenzschadens ab. Begründet werden diese Urteile meistens damit, dass die Forderung von Schadensersatzsummen, die über einer angemessen Vergütung liegen, unzulässige Strafzahlungen seien. Für Urheber ergeben sich in diesen Fällen erhebliche wirtschaftliche Nachteile.

Fazit – Konkrete Auswirkungen für deutsche Urheber

Deutsche Urheber werden aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshof zukünftig leichter Schadensersatzzahlungen verlangen können, die über der Summe einer angemessen Lizenz liegen. Die Ablehnung höherer Schadenersatzforderungen mit dem Hinweis auf rechtswidrige Strafzahlungen, wird nach dem Urteil des EuGH grundsätzlich nicht mehr möglich sein. (NH)