Die Tätigkeit einer Gleichstellungsbeauftragten kann im Einzelfall auch durch eine Person ausgeübt werden, die weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet ist. Dies hat das LAG Schleswig Holstein auf Klage einer Person, die von Geburt an weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden kann, entschieden.

Schreibt eine Gebietskörperschaft eine Stelle als Gleichstellungsbeauftragte nur für Frauen aber nicht für Personen aus, die weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet sind (zusammengefasst drittes Geschlecht), kann dies im Einzelfall eine Entschädigung nach § 15 AGG rechtfertigen. Dies hat wie bereits zuvor das Arbeitsgericht (ArbG) Elmshorn (Urteil vom 21. April 2022, Az. 5 Ca 169 c/20) auch das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein entschieden (Urteil vom 14. Juni 2023, Az. 4 Sa 123 öD/22).

Nur weibliche Gleichstellungsbeauftragte gesucht

Die beklagte Gebietskörperschaft hatte die Stelle einer Gleichstellungsbeauftragten ausgeschrieben und dabei ausschließlich die weibliche Form ohne weitere Zusätze wie „w/d“ verwandt. Die klagende Partei, die von Geburt an weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden kann, hatte sich beworben, nahm an Vorstellungsgesprächen teil und erhielt am Ende die Stelle nicht.

Mit ihrer Klage macht die klagende Partei eine Entschädigung geltend. Sie sei u.a. wegen ihres Geschlechts benachteiligt worden. Die Benachteiligung wegen des Geschlechts sei weder durch die Anforderung der konkreten Tätigkeit noch durch die Vorgaben des – aus ihrer Sicht verfassungswidrigen – § 2 Abs. 3 Kreisordnung-SH gerechtfertigt. Die beklagte Gebietskörperschaft führt aus, dass die klagende Partei überhaupt nicht benachteiligt worden sei. Jedenfalls sei eine unterschiedliche Behandlung gemäß § 8 Abs. 1 AGG zulässig, da die gesetzliche Grundlage in Schleswig-Holstein in § 2 Abs. 3 Kreisordnung-SH für kommunale Gleichstellungsbeauftragte nur Frauen vorsehe.

Benachteiligung wegen des Geschlechts

Vor dem LAG Schleswig-Holstein hatte die klagende Partei Erfolg. Die spezifisch nur für Frauen ausgeschriebene Stellenanzeige lasse eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten. Die beklagte Gebietskörperschaft habe die Vermutung nicht widerlegt, da die geschlechtsspezifische Besetzung zumindest Teil des Motivbündels für die Auswahlentscheidung gewesen sei. Die Benachteiligung sei auch nicht nach § 8 AGG gerechtfertigt. Personen, die weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet seien (drittes Geschlecht), könnten nicht generell gem. § 2 Abs. 3 Kreisordnung-SH vom Amt der Gleichstellungsbeauftragten ausgeschlossen werden. § 2 Abs. 3 Kreisordnung-SH sei hier verfassungskonform mit der Maßgabe auszulegen, dass jedenfalls neben Frauen auch diese Personen grundsätzlich Gleichstellungsbeauftragte sein könnten.

Art. 3 Abs. 2 GG rechtfertige zwar im binären Verhältnis zwischen Mann und Frau eine kompensatorische Förderung von Frauen, sei aber nicht geeignet, auch im Geschlechterverhältnis zwischen Frauen und Personen dritten Geschlechts den Frauen eine günstigere Behandlung zu verschaffen.

Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 GG könne nur durch zwingende sachliche Gründe oder im Wege einer Güterabwägung mit kollidierenden Gütern von Verfassungsrang gerechtfertigt werden. Solche Gründe seien bei der Ungleichbehandlung von Frauen und intergeschlechtlichen Personen für den Zugang zur Gleichstellungsbeauftragtenstelle durch einen pauschalen gesetzlichen Ausschluss wie in § 2 Abs. 3 Kreisordnung-SH nicht ersichtlich. Es komme auf die Umstände des Einzelfalls an unter Berücksichtigung sowohl des Stellenzuschnitts als auch der Eigenschaften und Erfahrungen der nicht-binären Personen.

Dass in § 2 Abs. 3 Kreisordnung-SH nur in der weiblichen Form formuliert wurde, sei allein dem Umstand geschuldet, dass seinerzeit im binären Verhältnis gedacht wurde und Männer jedenfalls nicht Gleichstellungsbeauftragte werden sollten. Dies bedeute aber nicht, dass der Gesetzgeber erkennbar zwingend mit dieser Formulierung andere als männliche Geschlechter von der Wahrnehmung des Amtes der Gleichstellungsbeauftragten ausschließen wollte.

Begrenzung auf Frauen im Einzelfall aber möglich

Der konkrete Stellenzuschnitt für das Amt der Gleichstellungsbeauftragten vermöge dennoch im Einzelfall eine Begrenzung auf Frauen zu rechtfertigen. Hierzu bedürfe es bezogen auf Personen des dritten Geschlechts eines direkten, objektiv durch eine entsprechende Analyse belegten und überprüfbaren Zusammenhangs zwischen der vom Arbeitgeber aufgestellten beruflichen Anforderung und der fraglichen Tätigkeit als Gleichstellungsbeauftragte mit der Folge, dass allein das weibliche Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die Tätigkeit der Gleichstellungsbeauftragten sei.

Das Gericht hielt ebenso wie das ArbG Elmshorn eine Entschädigung in Höhe von 3.600,00 Euro für angemessen.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Es ist Revision beim Bundesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen 8 AZR 214/23 eingelegt worden.