In der heute (19.09.2012) beim BMJ stattfindenden Veranstaltung „Zukunftsforum Urheberrecht“ – an der ich heute als Referent teilnehme – werden wichtige Fragen zur Novellierung des Urheberrechtes besprochen. Doch die Musikindustrie verweigert sich. Sie hat eine Einladung der Bundesjustizministerin mit einer wenig überzeugenden Begründung ausgeschlagen-und so eine Auseinandersetzung gescheut.

Die Absage wurde seitens der Musikindustrie damit begründet, dass es sich bei dem „Zukunftsforum Urheberrecht“um eine „Alibiveranstaltung“ handeln würde. Die Positionen seien bereits hinreichend ausdiskutiert worden. Stattdessen solle es lieber „konkrete Gesetzesvorschläge“ geben.

Meiner Ansicht nach gibt es hier erheblichen Handlungsbedarf seitens des Gesetzgebers, um die Eigentumsrechte der Urheber mit denen der Allgemeinheit in Einklang zubringen. Viele Internet Nutzer sind mit der unklaren rechtlichen Situation im Urheberrecht überfordert-worauf ich heute als Teilnehmer an dieser Diskussion auch hingewiesen habe. Sie wissen beispielsweise nicht, dass das Laden von fremden Bildern bei Facebook häufig eine Urheberrechtsverletzung darstellt. Darüber hinaus gibt es bereits seit einigen Jahren eine gigantische Abmahnwelle seitens der Musikindustrie. Es werden jährlich etwa 500.000 Abmahnungen wegen dem illegalen Verbreiten von urheberrechtlich geschützter Musik verschickt. Allein eine Deckelung der Abmahnkosten reicht nicht aus, weil die mutmaßlichen Filesharer sich häufig hohen Schadensersatzforderungen seitens der Rechteinhaber ausgesetzt sehen. Davon abgesehen ist die 100 € Deckelungs-Regelung des § 97a UrhG derart schwammig formuliert, dass sie in der Praxis ohne Bedeutung ist. Sie wird von den Gerichten wird sie so gut wie nie angewendet. Unklar ist etwa, was unter einem „einfach gelagerten Fall“ zu verstehen ist. Der Gesetzgeber lässt hier eine genaue Definition vermissen, obwohl wir gemeinsam mit Verbraucherschutzverbänden immer wieder auf diese Missstände aufmerksam gemacht haben.

Weiterhin ungeklärt ist, inwieweit Eltern als Anschlussinhaber für Tauschbörsen-Vergehen ihrer Kinder herangezogen werden dürfen. Der Gesetzgeber schweigt sich hierzu ebenfalls aus. In einem von uns betreuten Verfahren wird der Bundesgerichtshof am 15.11.2012 verhandeln.

Die Rechtsdurchsetzung ist in diesem Bereich des Filesharings auch deshalb unpopulär, weil viele Unschuldige in die Fänge der der Abmahnindustrie geraten. So erging es beispielsweise einer Rentnerin, die eine Filesharing Abmahnung erhielt, obwohl sie über keinen eigenen Rechner verfügte. Das Amtsgericht München entschied gleichwohl mit Entscheidung vom 23.11.2011 (Az. 142 C 2564/11) , dass sie die Kosten für eine Abmahnung zuzüglich Schadensersatz in Höhe von insgesamt 651,80 € zu tragen hat. Dass derartige Entscheidungen der Gerichte bei vielen Bürgern – und insbesondere auch jugendlichen PC-Nutzern – auf Unverständnis stoßen, liegt auf der Hand.

Das Abmahnungwesen könnte vor allem dadurch wirksam bekämpft werden, dass bei einem erstmaligen Verstoß stets ein kostenloser Warnhinweis versendet werden muss. Ein derartiges Verständnis vom Warnhinweismodell wäre zu begrüßen.

Mangels konkreter Regelungen befinden sich die mutmaßlichen Filesharer oftmals in einer prekären Lage. Sie müssen oftmals ein hohes Prozesskostenrisiko eingehen, um nicht zu Unrecht von der Musikindustrie belangt zu werden. Sofern beispielsweise die von uns in dem obigen Verfahren vertretenen Eltern den Prozess in letzter Instanz verlieren würden, kämen auf sie Kosten in Höhe von 25.000 € zu.

Ein Ausschnitt der heutigen Diskussion kann nach Beendigung der Veranstaltung im YouTube Kanal des BMJ angesehen werden.