Das LG Münster befasste sich mit einer Klage, in der eine Aufsichtspflichtverletzung mit schwerwiegenden Folgen gerügt wurde. Zu klären war der Umfang einer Aufsichtspflicht des Bademeisters vor Ort.  In Anspruch genommen wurde ein Hallenbadbetreiber, in dessen Hallenbad sich ein Unfall mit schwerwiegenden Folgen ereignete. Ein 4 jähriger Badegast war nach dem Verzehr von Pommes Frites und Bratwurst trotz des Hinweises an die Mutter auf Bauchschmerzen wieder ins Nichtschwimmerbecken (ca. 90 cm tief) gegangen. Auch als Nichtschwimmer hätte er mit einer Körpergröße von 110 cm ohne Weiteres dort stehen können.

Nach nicht genau bestimmter Zeit fand die Schwester des Badegastes diesen mit dem Gesicht nach unten auf dem Wasser treibend und zog ihren Bruder auf den Beckenrand. Der Junge war zu diesem Zeitpunkt bereits blau angelaufen und atmete nicht mehr. Der sich zeitgleich in der voll verglasten Schwimmmeisterkabine aufhaltende Schwimmmeister leistete nach Herbeieilen erste Hilfe. Von der Schwimmmeisterkabine konnte das gesamte Becken (sowohl Nichtschwimmer- als auch Schwimmerbereich) ohne Weiteres eingesehen werden.

Der Junge erlitt durch den Unfall schwere Hirnschädigungen, ist seitdem schwerstbehindert und benötigt eine Rundumbetreuung. Der Hallenbadbetreiber wird nun auf Schadensersatz in Anspruch genommen.  Das LG Münster wies die Klage als unbegründet zurück. Das Gericht stellte fest, dass der Betreiber eines Hallenbades dafür Sorge tragen müsse, dass keiner der Besucher beim Badebetrieb zu Schaden komme. Zu diesem Zweck habe er das in Frage stehende Schwimmbecken auf mögliche Gefahrensituationen für Badegäste überwachen zu lassen.

Das Gericht stellte bei den hierzu erforderlichen Maßnahmen auf die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls, wie etwa Größe und Art des Beckens, Anzahl der Besucher und damit verbundenen Belastungen, Einsatz von technischen Hilfsmitteln ab. Besonders aber hänge die Überwachung der Becken davon ab, in welcher Zeit aus medizinischer Sicht Maßnahmen getroffen werden können, um bleibende Schäden bei einem Unfall zu verhindern.

Das Gericht war aber auch der Ansicht, dass nicht jeder abstrakten Gefahr durch verbeugende Maßnahmen begegnet werden könne und müsse, da eine Verkehrssicherungspflicht, die jeden Gefährdungsfall ausschließt, nicht erreichbar sei. Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten konnte das Gericht nicht erkennen:  Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht sei nicht schon durch den Einsatz von nur einem Schwimmmeister gegeben. In einem Hallenbad reiche es auch nach dem BGH aus, einen Schwimmmeister für die Durchführung der Aufsicht einzusetzen.  

Ebenfalls sei eine Verkehrssicherungspflichtverletzung nicht dadurch gegeben, dass der Schwimmmeister aus seiner voll verglasten Kabine die Aufsicht geführt habe. Denn unstreitig ermöglichte diese den Überblick über das gesamte Becken. Die Kläger nennen einen Zeitraum von vier Minuten, in denen sich der Unfall ereignete und zu den schwerwiegenden Folgen führte.

Das Gericht kommt hier aber auch hier zu der Auffassung, dass eine Zeitspanne von vier Minuten oder sogar darüber, in denen eine hilfsbedürftige Person nicht entdeckt wird, alleine noch keine Aufsichtspflichtverletzung begründet. Allenfalls könnte eine solche Zeitspanne lediglich als Indiz für eine Aufsichtspflichtverletzung gewertet werden. Hierbei komme aus entscheidend darauf an, ob äußerlich erkennbar eine Notsituation vorlag. Diese war für den Schwimmmeister aber nicht erkennbar.

Die Haltung des Jungen war der Haltung eines im Wasser spielenden Kindes nicht unähnlich. Desweiteren hielt sich der Junge in einem Bereich des Beckens auf, in dem er ohne Weiteres stehen konnte und so der Gefahr des Ertrinkens nicht unbedingt ausgesetzt war.  Auch konnte die Zeitspanne, in der der Junge mit dem Gesicht unter Wasser war, selbst durch einen Gutachter nicht festgelegt werden. In der Lunge des Jungen befanden sich erbrochene Nahrungsreste von der zuvor verzehrten Bratwurst, welche eine effektive Beatmung unmöglich machten.

Die vom Schwimmmeister durchgeführte Erste-Hilfe Maßnehmen sind ebenfalls nicht als Pflichtverletzung zu werten. Der Gutachter stellte zur Überzeugung des Gerichts fest, dass aus medizinischer Sicht ein Unterlassen der vorgenommenen Mund- zu-Mund Beatmung bei einem frisch verunfallten Kind, welches nicht atmet, ein schwerer und vorwerfbarer Fehler gewesen wäre.

Zwar konnte der Schwimmmeister nicht ausschließen, dass sich erbrochenes in der Lunge befunden hat, es war aber nicht zu verhindern, dass ggfls. Nahrungsreste zusammen mit dem verschluckten Wasser erbrochen und in die Lunge gedrückt wurden. Das Gericht konnte ebenfalls keine Kausalität einer möglichen Pflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden feststellen. Es sei nach dem Gutachten nämlich nicht auszuschließen, dass beim der Unfall bereits mit dem Hochwürgen der zuvor verzehrten Nahrungsreste begonnen hatte und hierbei größere Stücke in die Lunge gelangt waren, welche die ausreichende Sauerstoffzufuhr verhinderten.

Hierfür spricht, dass es auch den nachfolgenden Wiederbelebern nicht gelungen ist, eine ausreichende Sauerstoffversorgung sicherzustellen. Dies spräche gegen die Annahme. Dass irreparable Hirnschäden hätten verhindert werden können, wenn die Notsituation des Kindes unmittelbar nach ihrem Auftreten vom Schwimmmeister festgestellt worden wäre.

LG Münster, Urteil vom 17.05.2006 12 O 639/04