Ein neuartiger Handy-Blitzer erfasst die Nutzung von Mobiltelefonen während des Autofahrens. Doch die Bußgeldbescheide sorgen für Diskussionen, denn es ist umstritten, ob das eingesetzte Blitzsystem überhaupt verwendet werden durfte. Das Amtsgericht Trier hat nun als bundesweit erstes Gericht entschieden.

Die Nutzung von Handy oder Tablet ist für Autofahrer verboten – zumindest ohne Freisprecheinrichtung im Fahrzeug. Bislang jedoch war es schwierig, die Verstöße zu ahnden. Das soll sich mit der sog. “Monocam” ändern.

Die ers­ten Bu­ß­geld­be­schei­de nach dem Ein­satz des neu­ar­ti­gen “Handy-Blit­zers” blei­ben nun zu­min­dest vor­erst gül­tig. Das Amts­ge­richt (AG) Trier wies Ein­sprü­che von gleich drei Au­to­fah­rern gegen Bu­ß­geld­be­schei­de wegen Nut­zung eines Mo­bil­te­le­fons am Steuer zu­rück. Zwar gebe es noch keine Rechts­grund­la­ge für den Ein­satz des neuen Ge­räts. Den­noch dürf­ten die vor­ge­leg­ten Be­wei­se für die un­er­laub­te Handy-Nut­zung am Steu­er ver­wer­tet wer­den.

Mit Pilotprojekt Monocam gegen Handysünder

Rheinland-Pfalz hatte als erstes Bundesland den “Handy-Blitzer” seit Juni 20222 jeweils drei Monate lang zunächst in Trier und dann in Mainz im Pilotprojekt “Monocam” getestet. Das in den Niederlanden entwickelte System sieht einem normalen Tempo-Blitzer ähnlich, funktioniert allerdings anders. Für das Pilotprojekt werden Kameras oberhalb der Fahrbahn an Autobahnbrücken angebracht. Und zwar so, dass sie durch die Frontscheibe in das Auto hinein fotografieren. Die hochauflösenden Kameras sind mobil einsetzbar und funktionieren zu jeder Tageszeit und bei jedem Wetter. Die Kamera löst aus, wenn ein Mobiltelefon und eine entsprechende Handhaltung in Richtung Ohr erkannt werden.

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Geschulte Beamte werten dann unmittelbar vor Ort die Aufzeichnung mit einer speziellen Software aus. Konkret wird ermittelt, ob ein Handy erkennbar ist und ob eine Handhaltung beim Fahrer, die auf die Nutzung des Handys schließen lässt, zu sehen ist. Erst dann werden die Aufnahmen gespeichert. Außerdem wurde der Einsatz des Handy-Blitzers wurde auf den Straßen durch Schilder angekündigt.

Fahrer, die mit einem Mobiltelefon am Steuer erwischt wurden, müssen mit einem Bußgeldbescheid über 100€ und einem Punkt in Flensburg rechnen. Die Anzahl der ergangenen Bescheide ist noch nicht bekannt. Das Innenministerium des Landes Rheinland-Pfalz will eine Bilanz vorlegen.

Nach Angaben des rheinland-pfälzischen Innenministeriums wurden in einem ersten 46-tägigen Testzeitraum bis November 2022 bereits “327 Ablenkungsverstöße festgestellt und somit 327 Bußgeldverfahren eingeleitet”.

Anlasslose Aufzeichnung von allen Autofahrern

Das Projekt stößt auf Kritik, da für eine dauerhafte Nutzung des Systems eine spezifische Rechtsgrundlage fehle. Anders als bei regulären Geschwindigkeitsblitzern komme es mit „Monocam“ zu einer anlasslosen Aufzeichnung der Fahrzeuge und deren Fahrer. Darin sahen die Kläger eine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung.

Für den Pilotversuch könne man jedoch auf eine Generalklausel im Polizei- und Ordnungsbehördengesetz des Landes zur Gefahrenabwehr zurückgreifen, so das rheinland-pfälzische Innenministerium. Dies sah der Trierer Amtsrichter allerdings nun gänzlich anders: Der Einsatz könne nicht auf die Generalklausel gestützt werden, sagte er. Es gebe “keine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Maßnahme”. Auch bei einem Pilotprojekt könne nicht auf eine Ermächtigungsgrundlage verzichtet werden, zumal schon in der Versuchsphase Bußgeldbescheide ergangen seien.

Bußgeldbescheide bleiben gültig

Dennoch bleiben drei der fünf Bußgeldbescheide gültig. Ein vierter Kläger wurde freigesprochen, da er glaubhaft machte, ein Blutzuckergerät statt eines Handys genutzt zu haben. Der fünfte Fall wurde wegen fehlender Unterlagen verschoben.

Begründet wird die Entscheidung damit, dass die Intensität des Grundrechtseingriff „nicht so hoch“ sei. Die Nutzung des Handy-Blitzers läge im Interesse der Öffentlichkeit und sei damit zu rechtfertigen, auch wenn keine Rechtsgrundlage vorläge.

Zwei Betroffene kündigten bereits eine Beschwerde beim Oberlandesgericht Koblenz an. Ebenfalls bemängeln der ADAC und der Datenschutzbeauftragte des Landes Rheinland-Pfalz das Fehlen einer Rechtsgrundlage.

lgü

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