Private Videoaufnahmen dürfen unter Umständen vor Gericht verwertet werden ©-Thomas-Jansa-Fotolia
Private Videoaufnahmen dürfen unter Umständen vor Gericht verwertet werden ©-Thomas-Jansa-Fotolia

Ob privat angefertigte Videoaufnahmen in ein Gerichtsverfahren eingebracht werden können hängt von einer Interessenabwägung ab. Gleiches gilt auch für Tonbandaufnahmen. Besonderes Gewicht wird dabei den Persönlichkeitsrechten der betroffenen Personen zugemessen. Nach einer Entscheidung des AG München vom 06.06.2013 (Az. 343 C 4445/13) kann die Verwertung dann zulässig sein, wenn zum Zeitpunkt der Aufnahme damit noch kein konkretisierter Zweck verfolgt wurde und die Aufzeichnung erst später der Beweissicherung dienen soll.

Das Gericht hatte über einen Verkehrsunfall zu befinden, in den ein Smart Cabrio sowie ein Fahrradfahrer verwickelt waren. Der PKW überholt den Kläger und bremste später ab, woraufhin der Radfahrer ins Straucheln geriet und auf den Asphalt stürzte. Hierdurch sind Arzt- und Reparaturkosten von insgesamt 3.000 € entstanden. Der Schaden sowie ein Schmerzensgeld wurden von dem Fahrradfahrer klageweise geltend gemacht. Der Kläger legte dar, dass der Unfall mit Absicht provoziert worden sei. Der Fahrer des Cabrios habe schon vor dem Überholvorgang den Mittelfinger gezeigt, weil er sich beschwert habe, dass der Smart ihn zuvor ohne jeglichen Seitenabstand überholt habe. Diese könnte er mit einem selbst angefertigten Video beweisen, da er die Fahrradfahrt aufgezeichnet habe. Der Beklagte bestritt den Vorgang und widersprach der Verwertung des Videos, da er hierdurch in seinen Grundrechten verletzt würde.

Private Videos können im Rahmen der Beweiserhebung verwertet werden

Die Frage, ob Videos grundsätzlich vor einem deutschen Gericht  verwertet werden können ist eine Frage des Einzelfalls. Die Beantwortung der Frage hat anhand einer Interessenabwägung der beteiligten Personen stattzufinden. Dabei sind die Persönlichkeitsrechte der aufgezeichneten Person gegen das Verwertungsinteresse des Filmenden abzuwägen. Hier hat das AG München dem Verwertungsinteresse den Vorrang eingeräumt, sodass das Video zu Beweiszwecken zugelassen wurde. Die in Rede stehenden Videos seien nicht verboten und sozial anerkannt. Es sei offenkundig, dass er in der Öffentlichkeit zufällig auf solche Bilder geraten könnte. Da die abgebildete Person dem Fotografen für gewöhnlich nicht bekannt sei und dieser damit auch keine näheren Absichten gegenüber der abgebildeten Person verfolge, bleibe die abgebildete Person anonym und sei damit allein durch die Tatsache, dass die Aufnahme erstellt wurde auch nicht in ihren Rechten betroffen. Einen Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützten Grundrechte kann in derart gelagerten Fällen nur dann vorliegen, wenn eine solche zufällige Aufnahme gegen den Willen der abgebildeten Person veröffentlicht werde.

Videoaufnahme dient der Beweissicherung

Hier musste nach Ansicht des AG München das Interesse an der Beweissicherung des Klägers überwiegen. Die Situation sei vergleichbar mit dem Fall, dass ein Unfallbeteiligter unmittelbar nach dem Unfall Fotos von den beteiligten Fahrzeugen, der Endstellung, Bremsspuren oder von dem Unfallgegner mache. Dabei könne es keinen Unterschied machen, ob die Beweismittel erst nach dem Unfall gewonnen werden oder bereits angefertigte Aufnahmen nun mit dieser Zielrichtung in den Prozess eingeführt und verwertet werden. Aus diesem Umstand rechtfertigt sich hier eine Verwertung im Prozess.

Die Verwertung führte hier am nicht zu dem gewünschten Ergebnis; die Klage wurde abgewiesen. Das Gericht kam im Rahmen der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis, dass der Unfall von dem Fahrradfahrer selbst verschuldet wurde. Zu einer Berührung des Zweirads mit dem Smart sei es nicht gekommen. In diesem Fall hat der Radfahrer ein Verschulden des Autofahrers zu beweisen. Dies ist ihm nicht gelungen. Der Kläger – so das Gericht – bei den bei einer Geschwindigkeit von 24 km/h erforderlichen Sicherheitsabstand von 12 m nicht eingehalten. Als er das Aufleuchten der Bremslichter bemerkt habe, hätte er sein Fahrrad bei Einhaltung der Sorgfalt noch sicher zum Stehen bringen können, wenn er eine moderate Bremsung nicht nur mit der Vorderradfelge, sondern auch mit der Hinterradfelge ausgeführt hätte. Die verbliebene Strecke hätte bis zum Halt des Pkws ausgereicht. Außerdem habe Autofahrer habe auch einen verkehrsbedingten Anlass für seine Bremsung gehabt, da ihm ein PKW entgegengekommen sei. Dass hier ein absichtliches Ausbremsen stattgefunden habe hätte der Kläger beweisen müssen – was ihm hier auch durch das Video nicht gelungen sei. Insbesondere konnte er das Gericht nicht davon überzeugen, dass der Fahrer hier den Mittelfinger gehoben habe. So war die Aufregung um die Verwertung im Ergebnis umsonst – die Klage wurde abgewiesen.