Inwieweit haben Journalisten im Rahmen ihrer Recherchen ein Recht auf Einsichtnahme ins Grundbuch? Hierzu gibt es jetzt eine interessante Entscheidung des Oberlandesgerichtes Stuttgart.

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Im vorliegenden Fall wollte ein Presseunternehmen einen redaktionellen Beitrag darüber verfassen, inwieweit der bekannte und in der Öffentlichkeit heftig kritisierte Unternehmer Anton Schlecker kurz vor der Insolvenz seinen Miteigentumsanteil an einem Grundstück an seine Ehefrau übertragen hat. Im Rahmen ihrer Recherche stellte es beim zuständigen Grundbuchamt einen Antrag auf Einsichtnahme. Das Presseorgan begründete den Antrag damit, dass der Sprecher des Insolzvenzverwalters der Firma Schlecker gegenüber der Presse Anfang Juni 2012 die folgende Äußerung gemacht habe: „in den nächsten Wochen werde die Familie Schlecker sehr genau auf Vermögensübertragungen untersucht“. Das Büro des Insolvenzverwalters habe die begehrte Auskunft verweigert und an das Grundbuchamt verwiesen. Das Grundbuchamt lehnte den Antrag auf Einsichtnahme ab. Es verwies darauf, dass die Presse sich in dieser Sache an den Insolvenzverwalter wenden kann. Hiergegen rief das Presseorgan das Oberlandsgericht Stuttgart im Wege der Beschwerde an.

Das Oberlandesgericht Stuttgart hob mit Entscheidung vom 27.06.2012 (Az. 8 W 228/12) den ablehnenden Beschluss des Grundbuchamtes auf. Die Richter entschieden, dass das Grundbuchamt die begehrte Einsichtnahme in das Grundbuch betreffend des Grundstückes der Familie Schlecker gestatten muss. Das nach § 12 Abs. 1 Satz 1 GBO erforderliche berechtigte Interesse ist von dem Presseorgan hinreichend dargelegt worden. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Familie Schlecker muss hier nach Auffassung des Gerichtes gegenüber der Pressefreiheit zurückstehen. Maßgeblich ist, dass bezüglich der möglichen Vermögensübertragung an dem Grundstück an die Ehefrau ein großes Interesse seitens der Öffentlichkeit besteht. Denn die damit verbundene Schmälerung der Insolenzmasse ist möglicherweise nach der Insolvenzordnungt anfechtbar etwa nach § 133 InsO – was gerade für die betroffenen Arbeitnehmer wegen der offenen Lohnforderungen von großer Bedeutung ist. Die Recherche dient hier nach den Feststellungen des Gerichtes einer ernsthaften und sachbezogenen Auseinandersetzung und nicht zur Befriedigung von Sensationsgier.
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