Durch neue Regelungen für soziale Medien sorgt der WDR für großes Aufsehen. Der Sender will Guidelines Der WDR erlässt neue Regelungen für soziale Medien – und sorgt damit für großes Aufsehen. Denn der Sender will, dass sich seine Mitarbeitenden zukünftig politisch neutraler auf ihren privaten Social Media Accounts äußern. Ist das zulässig oder ein Verstoß gegen die Meinungsfreiheit?

Der WDR will neue Regeln für seine Beschäftigten im Umgang mit sozialen Medien erlassen. Der aktuelle Entwurf der „Dienstanweisung zum Umgang mit sozialen Medien“ stößt allerdings auf Kritik. Denn der Sender bezieht sich in seinen Vorgaben nicht nur auf dienstliche Accounts der Mitarbeitenden. Vielmehr will er seinen Beschäftigten darin vorgeben, wie sie ihre privaten Accounts zu gestalten haben. Der WDR will es sich künftig vorbehalten, Mitarbeitenden andere Aufgaben zuzuweisen, wenn sie bezüglich ihrer bisherigen Themenberiech private Posts teilen, die den Eindruck von Voreingenommenheit oder Parteilichkeit erwecken könnten.

WDR möchte Einfluss auf private Accounts nehmen

Der Sender teilte mittlerweile mit, dass der Entwurf schon nicht mehr aktuell sei und Bearbeitungen unterliege. Dennoch scheint er auch in einem neuen Statement an diesem Grundgedanken festhalten zu wollen. Der WDR ist der Ansicht, in der Vergangenheit sei es wiederholt vorgekommen, dass private Meinungsäußerungen unrichtigerweise den Eindruck erweckt hätten, den WDR zu repräsentieren. Dies gefährde allerdings die Unabhängigkeit des Senders, der bei Veröffentlichungen auf dienstlichen Accounts an journalistische Sorgfaltsmaßstäbe gebunden sei.

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Grundsätzlich unterliegt der WDR als öffentlich-rechtlicher Rundfunk- und Fernsehsender der Pflicht, möglichst unparteiisch zu berichten, um einer freien öffentlichen Meinungsbildung beizutragen. Das unterscheidet öffentlich-rechtliche Sender von privaten Sendern und Presseverlagen, die durchaus eine Tendenz zu gewissen Weltanschauungen oder politische Meinungen aufweisen dürfen. Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk dürfen zwar auch Sendungen mit politischen Strömungen ausgestrahlt werden, allerdings nur, wenn dies ausgeglichen stattfindet und über das Programm verteilt alle demokratischen Meinungen Gehör finden.

Ist die Meinungsfreiheit in Gefahr?

Grundsätzlich gelten diese Maßstäbe auch für Journalisten, die für den WDR arbeiten. Sie dürfen während ihrer Arbeit keine eigene politische Agenda verfolgen, sondern müssen die gesetzliche Aufgabenerfüllung des WDR unterstützen.

Allerdings können sich selbstverständlich auch Journalisten, die beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk arbeiten, auf das Recht der freien Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 Fall 1 Grundgesetz (GG) berufen. In ihrem Arbeitsverhältnis gilt dies sogar in besonderer Weise. Während private Arbeitgeber die Grundrechte maximal mittelbar beachten müssen, ist der WDR als Anstalt des öffentlichen Rechts unmittelbar an unser Grundgesetz, also auch an die Achtung der Meinungsfreiheit, gebunden. Das ergibt sich auch Art. 1 Abs. 3 GG.

Hier gilt es nun aber das richtige Maß an Schutz der Meinungsfreiheit und Wahrung der Rechtspflichten des Senders zu finden. Zumindest während der Arbeitszeit und bei Äußerungen, die von dienstlichen Accounts der Journalisten getätigt werden, darf eine gewissen Mäßigung und ein Schutz des öffentlichen Ansehens des Senders erwartet werden. Doch nach Ansicht des WDR und auch weiterer Juristen könnten diese Maßstäbe zur Sicherung der tendenzfreien Berichterstattung auch Einfluss auf die privaten Accounts der Beschäftigten haben.

Meinungsvielfalt muss bei Dienstanweisungen beachtet werden

Diese Möglichkeit der Einflussnahme ergibt sich insbesondere auch aus der gefestigten Rechtsprechung der Arbeitsgerichte zum arbeitsrechtlichen Weisungsrecht. Denn die Loyalitätspflicht im Arbeitsverhältnis setzt der Meinungsäußerung stets Grenzen. Mitarbeitende müssen zwar nicht immer der gleichen Meinung sein wie der Arbeitgeber. Das heißt, Journalisten der öffentlich-rechtlichen Sender dürfen im Gegenteil zum Sender auch polarisierende politische Meinungen haben und müssen die Neutralität ihres Arbeitgebers nicht immer befürworten. Allerdings ist ein gewisses Maß an Zurückhaltung erwartbar – auch auf privaten Accounts. Die geplanten Regelungen des WDR dürften deshalb grundsätzlich zulässig sein.

Bei der Zulässigkeit der Dienstanweisungen zu privaten Accounts wird es aber zukünftig vor allem auf die tatsächliche Umsetzung ankommen. Die Anweisungen dürfen nämlich ausschließlich erfolgen, wenn Beiträge der Mitarbeitenden tatsächlich dazu geeignet sind, die Aufgabenerfüllung des WDR zu beeinträchtigen. Weicht die veröffentliche Meinung lediglich von der Haltung des Senders ab, ohne die Arbeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einzuschränken, darf hingegen keine arbeitsrechtliche Weisung erfolgen. Dabei ist auch zu beachten, dass der WDR selbst binnenpluralistisch sein muss, also grundsätzlich zur Meinungsvielfalt verpflichtet ist.

ses