Rechtsanwalt Christian Solmecke aus der Kanzlei WILDE BEUGER & SOLMECKE in Köln weist auf ein für das Internet wegweisendes BGH-Urteil hin, das am 29. April 2010 verkündet wird. Es geht um die Frage, ob die Betreiberin der Suchmaschine “Google” mit ihrer textgestützten Bildsuchfunktion gegen Urheberrechte Dritter verstößt, indem sie Bilder in verkleinerter und komprimierter Form als Miniaturansichten (sog. Thumbnails) in ihrer Trefferliste anzeigt. Geklagt hatte eine bildende Künstlerin, die auf ihrer eigenen Homepage verschiedene Bilder eingestellt und mit einem Copyright-Vermerk versehen hat. Google hatte diese Bilder in Thumbnails umgewandelt und auf Servern in den USA gespeichert. Sie werden unter anderem auch in Deutschland in den entsprechenden Trefferlisten der Internet-Suchmaschine angezeigt.

Das Landgericht Erfurt (Urteil vom 15.03.2007, Az. 3 O 1108/05) sowie das Thüringische OLG in Jena (Urteil vom 27.02.2008, Az. 2 U 319/07) wiesen die Klage ab.
Das Landgericht Erfurt bejahte zwar eine Urheberrechtsverletzung seitens Google und wertete die Umwandlung der urheberrechtlich geschützten Werke in Thumbnails als einen Eingriff in das Recht zur Bearbeitung gemäß § 23 UrhG, wies die Klage aber mit dem Argument der Rechtsmissbräuchlichkeit ab. Die Kammer äußerte insofern, die Widerrechtlichkeit einer urheberrechtlichen Nutzung als Thumbnails im Rahmen einer Bildsuche entfalle, wenn der Urheber in eine derartige Nutzung konkludent eingewilligt habe. Schließlich seien Suchmaschinen bei der Vielzahl an Informationen im Internet letztendlich auch im Interesse desjenigen, der eine eigene Internet-Seite ins Internet gestellt habe. Das Landgericht kam insofern zu dem Ergebnis, dass derjenige Urheber, der ein Werk im Rahmen eines Internet-Auftritts allgemein und kostenlos zugänglich mache, stillschweigend sein Einverständnis gebe zur Vervielfältigung, die mit dem Abruf verbunden sei. Auch aus dem Copyright-Vermerk könne nichts Gegenteiliges geschlossen werden.

Solmecke: Bedenkliche Einschätzung der Rechtslage Diese – nach Ansicht von Rechtsanwalt Christian Solmecke bedenkliche – Einschätzung der Rechtslage teilte auch die Berufungsinstanz nicht. Das OLG Jena kam letztendlich zu dem Ergebnis, es fehle für eine konkludente Einwilligung an einem tatsächlichen Verhalten des Urhebers. Nicht jeder, der ein Bild zur freien Ansicht in das Internet stelle, willige damit ein, dass seine Bilder durch eine Bilder-Suchmaschine als Thumbnails genutzt werden dürfen. Insofern habe die Klägerin ihre Einwilligung vorliegend nicht konkludent erteilt. Dennoch wies auch das OLG Jena die Klage der Urheberin ab. Es begründete die Klageabweisung damit, dass die Klägerin mit der Klageerhebung gegen § 242 BGB (“Treu und Glauben“) verstoßen habe. Schließlich habe die Klägerin selbst eine Suchmaschinenoptimierung vorgenommen und dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie durchaus an dem Anzeigen ihrer Werke in der Suchmaschine interessiert sei. Sie habe insbesondere durch die Vergabe von Suchworten (Meta-Tags und Keywords) im Quellcode die Bildsuche beeinflusst. Insofern handle sie nun im Rahmen ihrer Klage widersprüchlich (sog. “venire contra factum proprium”). Ein Rechteinhaber könne sich nicht einerseits auf ein mangelndes Einverständnis mit der Indexierung durch Suchmaschinen berufen und andererseits die Indexierung letztendlich durch Suchmaschinenoptimierungen erleichtern.

28. April: Das Urteil des Bundesgerichtshofes wird erwartet Am 28. April 2010 wird das nunmehr mit Spannung erwartete Urteil des Bundesgerichtshofes zu dieser Thematik verkündet. Wie Rechtsanwalt Christian Solmecke mitteilt, ließ der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 10. Dezember 2009 bereits durchblicken, dass auch er eine Verletzung der Urheberrechte der Klägerin grundsätzlich bejahe. Nach Ansicht von Rechtsanwalt Solmecke wäre alles andere allerdings auch realitätsfremd, denn die Erstellung von Thumbnails kann tatsächlich in mehrerlei Hinsicht in Urheberrechte Dritter eingreifen.

Neben dem Recht der Bearbeitung und Umgestaltung urheberrechtlich geschützter Werke (§ 23 UrhG) weist der Kölner Rechtsanwalt Christian Solmecke ferner auf etwaige Beeinträchtigungen der §§ 16 UrhG (Vervielfältigung) und 19 a UrhG (Recht der öffentlichen Zugänglichmachung) hin.

Entscheidend dürfte daher die Frage sein, ob auch der BGH den Vorinstanzen folgt und in der Veröffentlichung auf der Internetseite oder ggfs. in der Suchmaschinenoptimierung der Klägerin tatsächlich eine konkludente Einräumung von Nutzungsrechten annimmt.

Rechtsanwalt Solmecke: “Sollte der BGH tatsächlich dazu kommen, dass bei bloßer Veröffentlichung im Internet eine konkludente Einwilligung vorläge, würde das Urheberrecht in seinen Grundsätzen verkehrt. Denn dann müsste der Urheber aktiv Maßnahmen ergreifen, um die unbefugte Verwertung seiner Werke zu verhindern. Dies aber sähe das Urheberrecht grundsätzlich nicht vor. Vielmehr sei es so, dass der Nutzer sich um entsprechende Nutzungsrechte bemühen und nicht umgekehrt der Urheber für Schutz sorgen müsse.”

Und er ergänzt: “Letztendlich hätte ein entsprechendes Urteil auch den faden Beigeschmack, dass Goliath David eben doch überlegen ist. Denn auf andere Sachverhalte übertragen, wäre die Idee, dass der Urheber aktiv Maßnahmen gegen die unbefugte Nutzung seiner Werke ergreifen müsse, da anderenfalls eine konkludente Einwilligung vorläge, undenkbar. Man nehme nur einmal die Thematik des ‘Filesharings’. Die einmalige Veröffentlichung eines Songs im Internet auf der eigenen Webpräsenz hätte zur Folge, dass der Urheber konkludent mit der Nutzung und Verwertung via Tauschbörsen einverstanden wäre.”

Sollte der BGH keine generelle Einwilligung annehmen, könnte es allerdings das Aus für die Bilder-Suche bei Google bedeuten.

Rechtsanwalt Solmecke weist insoweit darauf hin, dass allerdings auch noch die Möglichkeit einer EuGH-Vorlage besteht. Der Bundesgerichtshof könnte die Angelegenheit dem EuGH vorlegen, um eine mögliche Haftungsprivilegierung nach den E-Commerce-Richtlinien und dem Telemediengesetz klären zu lassen. Bislang verneinte der BGH eine Anwendung der Haftungsprivilegien der §§ 7 ff. TMG – ehemals §§ 8 ff. TDG – auf Hyperlinks und Suchmaschinen (BGH, Urteil vom 01.04.2004, AZ: I ZR 317/01). Das Google-Adwords-Verfahren vor dem EuGH könnte allerdings zu einer Änderung dieser Rechtsauffassung führen, denn der Generalanwalt M. Poiares Maduro kam im Rahmen seiner Schlussanträge zu dem Ergebnis, dass Suchmaschinen grundsätzlich in den Anwendungsbereich der E-Commerce-Richtlinie fielen und als Dienste der Informationsgesellschaft anzusehen seien. Ob der EuGH den Schlussanträgen folgt, bleibt derzeit abzuwarten.

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Die Kölner Kanzlei WILDE BEUGER & SOLMECKE hat sich auf die Beratung der Fernseh-, Film- und Entertainmentbranche spezialisiert. Insgesamt arbeiten in der Kanzlei jetzt zehn Anwälte. Rechtsanwalt Christian Solmecke (36) hat in den vergangenen drei Jahren den Bereich Internetrecht stetig ausgebaut.
Neben seiner Kanzleitätigkeit ist Christian Solmecke auch Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Kommunikation und Recht im Internet (DIKRI) an der Cologne Business School (http://www.dikri.de). Dort beschäftigt er sich insbesondere mit den Rechtsfragen in Sozialen Netzen. Vor seiner Tätigkeit als Anwalt arbeitete Solmecke mehrere Jahre als Journalist für den Westdeutschen Rundfunk und andere Medien.

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