Bereits am Vorabend einer Entscheidungsverkündung stellt das BVerfG akkreditierten Pressevertretern die zugehörigen Pressemitteilungen zur Verfügung. Für die Verfahrensbeteiligten ist es oft unverständlich, dass sie den Inhalt einer Entscheidung nicht als erste erfahren.  So erging es auch der AfD. Sie klagte gegen die Praxis – und verlor.

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In Verfahren vor dem BVerfG beteiligte Parteien haben keinen Anspruch darauf, die Pressemitteilungen zur Urteilsverkündung bereits am Vorabend zu erhalten. Dass hat das Verwaltungsgericht (VG) Karlsruhe entschieden (Urt. v. 26.08.2022, Az. 3 K 606/21).

Bereits seit Jahren können sich die Vollmitglieder der 1975 gegründeten unabhängigen Justizpressekonferenz (JPK) Pressemitteilungen zu einem Urteil jeweils am Vorabend der Entscheidungsverkündung als Papierausdruck gegen Unterschrift an der Gerichtspforte abholen. Mit der Unterschrift verpflichten sich die Journalisten, den Inhalt der Mitteilungen geheim zu halten und Berichte erst parallel zur Entscheidungsverkündung am nächsten Tag zu veröffentlichen.

Journalisten sollen Pressemitteilungen in Ruhe lesen können

Das BVerfG will mit dieser Regelung der Presse die Möglichkeit eröffnen, die umfangreichen und komplexen Mitteilungen des Gerichtes sorgfältig zu lesen und zu verstehen, um eine fundierte und gewissenhafte Berichterstattung liefern zu können.

Auch bei der im Juni 2020 anstehenden Verkündung des Urteils im Prozess der AfD gegen den früheren Bundesinnenminister Horst Seehofer, der die Partei als „staatszersetzend“ bezeichnet hatte, machte das BVerfG die Pressemitteilung den Journalisten bereits am Vorabend zugänglich.

Darin sah die Partei eine Benachteiligung, da sie als Verfahrensbeteiligte vom Ausgang der Entscheidung unmittelbar betroffen sei, deren Inhalt aber erst nach den Journalisten erfahre.

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Keine Rechte der AfD betroffen

Das VG wies die Klage indes als unzulässig ab, da die AfD schon nicht klagebefugt sei. Die Klagebefugnis verlangt die Verletzung eigener Rechte. Die AfD könne sich aber nicht auf die Presse- oder Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1  Grundgesetz (GG) berufen, weil es sich schon nicht um ein Presseorgan handele. Auch die Rüge der Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG scheidet schon mangels Vergleichbarkeit einer politischen Partei mit den Journalisten der Justizpressekonferenz (JPK) aus.

Das VG stellte ferner fest, dass es keinen Anspruch darauf gebe, in der Öffentlichkeit wie gewünscht dargestellt zu werden. Ein Allgemeines Persönlichkeitsrecht der Partei – unterstellt, ein solches existiere – sei damit von vornherein nicht betroffen.

AfD hatte gar keine Vorab-Mitteilung beantragt

Schließlich hatte die AfD noch versucht, hilfsweise feststellen zu lassen, dass sie in ihren verfassungsmäßigen Rechten als Partei verletzt wird, wenn die Mitglieder der JPK die Pressemitteilungen vorab erhalten, die Partei jedoch nicht.

Auch bei diesem Antrag folgte das VG Karlsruhe folgte der Argumentation der AfD jedoch nicht. Es sei – entsprechend dem Sinn und Zweck der Vorabmitteilungen, die Möglichkeit zur vorbereiteten Berichterstattung zu schaffen – nicht ersichtlich, weshalb eine Partei, die selbst am Verfahren beteiligt ist, ebenfalls vorab Informationen bekommen solle. Darüber hinaus habe die Partei im konkreten Fall auch gar nicht beantragt, die Presseerklärungen vorab zu erhalten.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die AfD kann beim Verwaltungsgerichtshof (VGH) einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen.