In Zeiten von Corona werden viele Seminare, Kurse oder Fortbildungen online durchgeführt- häufig unter der Bezeichnung Webinar. Was bisher die wenigsten wussten: Dieser Begriff ist bereits seit 2003 als Wortmarke registriert! Drohen Abmahnungen?

Vorab: Die derzeit in den Medien kursierten Gerüchte sind wahr. Der Begriff „Webinar“ ist seit Juli 2003 als Wortmarke beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) für einen Herrn Mark Keller, mit Anschrift in Kuala Lumpur (Malaysia), eingetragen. Am 1. April 2013 wurde der Schutz dieser Wortmarke um weitere zehn Jahre verlängert und gilt – vorbehaltlich einer weiteren Verlängerung – vorerst bis zum 31. März 2023.

Der Markeninhaber hat sich die Marke in den Klassen 35, 38 und 41 schützen lassen. Damit erstreckt sich der Schutz insbesondere auch auf das Bereitstellen von Informationen im Internet, der Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien sowie auf Veranstaltungen und Durchführungen von Seminaren, Organisationen und Veranstaltungen von Konferenzen. Damit dürfen unter den Schutzbereich angesichts der relativ offenen Formulierung der Waren- und Dienstleistungsklassen wohl relativ problemlos Online-Seminare zu fassen sein, die im allgemeinen Sprachgebrauch als Webinare, was ein Wortspiel aus „web“ und „seminar“ ist, bezeichnet werden.

Webinar-Nutzung ein Markenverstoß

Das Problem dabei ist, dass grundsätzlich das Angebot von solchen Online-Seminaren unter der Bezeichnung „Webinar“ aufgrund der Registrierung einen Markenverstoß darstellt, zumindest solange das Angebot im geschäftlichen, also nicht rein privaten Kontext erfolgt. Wird der Begriff ohne Zustimmung des Markeninhabers verwendet, kann dies kostenpflichtig abgemahnt werden oder gar Schadensersatzansprüche nach sich ziehen. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) berichtet darüber, dass es bei Mitgliedern bereits zu entsprechenden Abmahnungen gekommen sei. Unserer Kanzlei liegt eine solche Abmahnung bisher allerdings noch nicht vor (Stand 02. Juli.2020), allerdings soll es nun eine erste Abmahnung geben.

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Mit einer Abmahnung würde dann neben einer Unterlassung und der Erstattung von Anwaltskosten, die hier bei Zugrundelegung des Regelstreitwertes im Markenrecht ca. 1.500,00 € netto betragen würden, auch eine Auskunft über die mit selbst veranstalteten Webinaren erzielten Gewinne verlangt werden können. Dies dient der Vorbereitung eines entsprechenden Schadensersatzes. Das Thema hat es also in sich.

“Man fragt sich nun natürlich: Wie kann das sein?”

Ich persönlich bin sehr skeptisch, ob auf Grund der beschreibenden Wirkung der Bezeichnung auch heute noch eine entsprechende Wortmarke eingetragen werden würde. 2003 war das offensichtlich noch anders – zum damaligen Zeitpunkt war das Thema Online-Seminare sicher noch eine Randerscheinung und insofern der Begriff auch noch nicht unbedingt mit einer entsprechenden Wortbedeutung belegt.

Angesichts der vielfachen Verwendung im Markt sowie der Verankerung im Sprachgebrauch stellt sich hier dann aber die Frage, ob sich die Bezeichnung nicht in die Riege der Marken eingliedert, die sich im Laufe der Zeit zu einem Gattungsbegriff gewandelt haben. Die Herkunftsfunktion einer Marke wird hierdurch nicht mehr erfüllt.

Kilian KostRechtsanwalt, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und Partner bei Wilde Beuger Solmecke

Webinar-Abmahnung erhalten? Verfall gem. § 49 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erklären

Sollte es tatsächlich zu einer markenrechtlichen Abmahnung wegen der Verwendung des Wortzeichens „Webinar“ kommen, sollte die Abgabe einer Nichtigkeitserklärung aufgrund von Verfall gegenüber dem DPMA angestrebt werden. Eine Marke kann gemäß § 49 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf Antrag für verfallen erklärt und gelöscht werden, wenn sie nach ihrer Eintragung „im geschäftlichen Verkehr zur gebräuchlichen Bezeichnung“ geworden ist und der Markeninhaber aufgrund seines Verhaltens oder seiner Untätigkeit hierfür verantwortlich ist. Um Untätigkeit anzunehmen, reicht es aus, wenn der Markeninhaber den verkehrsüblichen Gebrauch des Wortes „Webinar“ nicht untersagte oder Maßnahmen zur Markenwahrnehmung unternommen hat.

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Ein Nichtigkeitsverfahren vor dem DPMA aufgrund absoluter Schutzhindernisse – z.B. wegen § 8 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG –  kann allerdings nicht erfolgen. Gemäß § 50 Abs. 3 MarkenG ist ein Antrag auf Löschung nur innerhalb von zehn Jahren möglich – maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt der Markenanmeldung. Da die Anmeldung schon im Jahr 2003 erfolgte, ist die Frist für das Nichtigkeitsverfahren bereits 2013 verstrichen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass die Wortmarke „The Webinar Profs“ 2013 bereits wegen fehlender Unterscheidungskraft vom DPMA zurückgewiesen wurde.

Ein Vorgehen hätte jedoch zunächst keine aufschiebende Wirkung, womit die Marke erst einmal bis zu einer abschließenden Entscheidung bestandskräftig bliebe. Dagegen könnten dann wiederum Rechtsmittel eingelegt werden. Dies sollte aber keinesfalls abschrecken, denn es besteht begründete Hoffnung, dass ein eventuell in Folge der Abmahnung vom Markeninhaber angerufenes Gericht das Verfahren bis zur abschließenden Entscheidung des Amtes aussetzt bzw. die Löschung dort als Widerklage geltend gemacht werden kann.

Rein rechtlich kann es also in der Tat zu einer entsprechenden Beanstandung kommen, mit der man sich dann wie gerade dargestellt auseinandersetzen müsste. Angesichts der Verankerung im allgemeinen Sprachgebrauch würde ich dem jedoch relativ gelassen entgegenblicken und meine, dass es nach wie vor vertretbar ist, die Bezeichnung „Webinar“ zu verwenden. Wer das hiermit verbundene Restrisiko scheut, sollte stattdessen auf nicht geschützte Bezeichnungen „Online-Seminar“ oder „Online-Kurs“ zurückgreifen.

Kilian KostRechtsanwalt, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und Partner bei Wilde Beuger Solmecke

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tsp