Zum Thema Markenrecht hat das Oberlandesgericht Köln am 04.04.1997 die unten veröffentlichte Entscheidung getroffen. Wenn Sie rechtliche Fragen zum Thema haben oder einen Rechtsanwalt benötigen, rufen Sie uns an 0221 / 951 563 0 (Beratung bundesweit).

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Konkret hat das Oberlandesgericht Köln folgendes entschieden:

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

Die Berufung der Antragsgegnerin ist zwar zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil die im Beschlußweg ergangene einstweilige Unterlassungsverfügung aufrechterhalten. Das darin im Ergebnis ausgesprochene Verbot der Verwendung der Bezeichnung ” for family “, welches in seiner jetzigen Formulierung an die von der Antragstellerin beanstandeten konkreten Verletzungsformen angepaßt ist, erweist sich als berechtigt. Die Antragstellerin hat in einer für den Erlaß bzw. die Aufrechterhaltung der einstweiligen Verfügung ausreichenden Weise die tatsächlichen Voraussetzungen des von ihr geltend gemachten Unterlassungsbegehrens, dessen Dringlichkeit nach der auch bei markenrechtlichen Ansprüchen eingreifenden Vermutung des § 25 UWG zu bejahen ist ( vgl. Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 19. Auflage, Rdn. 5 zu § 25 UWG ), glaubhaft gemacht.

Das auf die Unterlassung der angegriffenen Verwendung der Bezeichnung ” for family ” in der von der Antragsgegnerin herausgegebenen Zeitschrift ” ELTERN for family ” gerichtete Begehren der Antragstellerin ist nach den im Streitfall gemäß § 152 Abs. 1 MarkenG seit dem 1. 1. 1995 anzuwendenden §§ 5 Abs. 1 und 3, 15 Abs. 1, 2 und 4 MarkenG ebenso wie nach dem gemäß der Übergangsregelung des § 153 Abs. 1 MarkenG gleichermaßen zu beachtenden § 16 Abs. 1 UWG a. F. begründet.

1. Bei dem Titel ” FAMILY ” der vierteljährlich erscheinenden Zeitschrift der Antragstellerin handelt es sich um eine gemäß § 5 Abs. 1 und 3 MarkenG als sogenannter Werktitel geschützte geschäftliche Bezeichnung einer Druckschrift, die bereits vor dem Inkrafttreten des Markengesetzes am 1. 1. 1995 nach § 16 Abs. 1 UWG a. F. Schutz beanspruchen konnte.

Voraussetzung hierfür ist nach § 16 Abs. 1 UWG a. F. und dem insoweit ohne sachliche Änderung an seine Stelle getretenen § 5 Abs. 1 und 3 MarkenG ( vgl. amtliche Begründung zum MarkenrechtsreformG, abgedruckt in: von Mühlendahl, Deutsches Markenrecht, Seite 137 ), daß der gewählte Titel nicht lediglich den Inhalt des Werkes bezeichnet, sondern bestimmt und geeignet ist, das damit benannte Werk von anderen zu unterscheiden ( vgl. Großkomm./Teplitzky, Rdn. 70 zu § 16 UWG; Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 17. Auflage, Rdn. 118 a zu § 16 UWG – jeweils m. w. N. ). So liegt der Fall hier.

Der Titel ” FAMILY ” der Antragstellerin erschöpft sich nicht in der Beschreibung des Inhalts der von der Antragstellerin herausgegebenen Zeitschrift; er ist vielmehr als eine von Hause aus unterscheidungskräftige Bezeichnung, mithin als ein von vorneherein zur Individualisierung der Publikation geeigneter und bestimmter Begriff einzuordnen. Zwar ist es richtig, daß der der englischen Sprache entnommene Begriff ” FAMILY “, bei dem es sich um ein auch den deutschen Verbrauchern geläufiges Wort der Umgangssprache handelt, durchaus als Hinweis auf die vordergründig in der Zeitschrift behandelte Thematik sowie auf die Zielgruppe, an welche die Publikation sich vornehmlich wendet, verstanden werden kann. Jedoch folgt hieraus nur ein derart allgemein gehaltener und keinerlei näherer Bezug zu einer bestimmten Thematik aus der denkbar breiten unterschiedlichen Themenvielfalt erkennbar machender pauschaler Hinweise auf mögliche Inhalte, daß dies dem in Rede stehenden Begriff nicht die ihm von Hause aus als Bezeichnung für eine Zeitschrift innewohnende Unterscheidungskraft nimmt. Zu berücksichtigen ist dabei vor allem, daß der Verkehr sich bei Zeitschriften an aus bechreibenden Angaben gebildete Werktitel gewöhnt hat und daher leicht geneigt ist, in Titeln mit Anlehnungen an und Hinweisen auf das Sachgebiet die unterscheidungskräftige Benennung der Druckschrift zu sehen, weshalb nur geringe Anforderungen an die Individualisierungs- bzw. Unterscheidungskraft einer als Titel gewählten Bezeichnung zu stellen sind ( vgl. Großkomm./Teplitzky, Rdn. 210 zu § 16 UWG; Baumbach/Hefermehl, a. a. O., 17. Auflage, Rdn. 118 a zu § 16 UWG ).Jedenfalls als Titel einer Druckschrift ist die von der Antragstellerin gebrauchte Bezeichnung ” FAMILY ” auch ungewöhnlich und daher von ursprünglicher Unterscheidungskraft. In der Verwendung dieses Begriffs liegt nämlich – wie die Antragsgegnerin in ihrer Schutzschrift vom 4. 3. 1996 selbst ausgeführt hat – die Übertragung des Sinngehalts dieses Begriffs auf einen ihm von seiner natürlichen Wortbedeutung her an sich nicht zuzuordnenden Gegenstand – eine Zeitschrift nämlich ( vgl. BGH GRUR 1980, 247/248 – ” Capital-Service ” -; OLG Köln GRUR 1994, 386 – ” die Geschäftsidee ” -; OLG Köln GRUR 1984, 751/752 – ” Express ” – ).

Soweit die Antragsgegnerin einwendet, daß der Begriff ” FAMILY/family ” bzw. ” Familie ” in zahlreichen anderen Titeln von Druckschriften Verwendung finde, ist das im gegebenen Zusammenhang unerheblich. Ein etwaiger titelmäßiger Drittgebrauch mag den Grad der Kennzeichnungskraft beeinflussen und daher im Rahmen der Beurteilung der Verwechslungsgefahr von Bedeutung sein. Das ändert aber nichts daran, daß dem Begriff ” FAMILY ” als Titel einer Zeitschrift von Hause aus eine für die Schutzfähigkeit i. S. von § 5 Abs. 1 und 3 MarkenG / 16 Abs. 1 UWG a. F. ausreichende Individualisierungskraft innewohnt.

2. Durch die konkret angegriffene Verwendung der Bezeichnung ” for family ” im redaktionellen Teil der Zeitschrift ” ELTERN for family ” hat die Antragsgegnerin auch das ausschließliche Recht der Antragstellerin an der als Werktitel geschützten Bezeichnung ” FAMILY ” der Antragstellerin verletzt. Denn die Antragsgegnerin benutzt ” for family ” in einer Weise, die geeignet ist, Verwechslungen mit dem prioritätsälteren Titel der Antragstellerin hervorzurufen.

a. Daß die Antragsgegnerin die aus der Bezeichnung ihrer Zeitschrift ” ELTERN for family ” entnommenen Bestandteile ” for family ” in den angegriffenen Verwendungsformen nicht auf der Titelseite der Publikation, sondern im redaktionellen Teil der Druckschrift gebraucht hat, steht der Annahme einer titelverletzenden Verwendung dabei von vorneherein nicht entgegen. Für die fremden Titelschutz verletzende Verwendung einer Bezeichnung ist es nicht erforderlich, daß diese ihrerseits auf der Titelseite eines Druckwerks gebraucht ist. Maßgeblich ist vielmehr, ob aus der konkreten Art der Verwendung die Gefahr droht, daß der im redaktionellen Teil einer Druckschrift benutzte Begriff sich innerhalb der angesprochenen Verkehrskreise als Bezeichnung bzw. Name des Werks einbürgert ( vgl. BGH GRUR 1979, 564/565 – ” Metall-Zeitung ” -; BGH GRUR 1968, 259/260 – ” NZ ” – ). Denn dann besteht jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr die Besorgnis, daß es zu Verwechslungen mit dem prioritätsälteren Werktitel kommt. So liegt der Fall aber hier:

Die Antragsgegnerin verwendet die aus dem Gesamttitel ” ELTERN for family ” entnommenen Begriffe ” for family ” im redaktionellen Teil wiederholt und regelmäßig wiederkehrend – beispielsweise, was die Antragstellerin ebenfalls angreift, neben den Seitenzahlen – , um ihre Zeitschrift als Werk zu individualisieren, mithin in der Art eines Namens. Dies beschwört aber eindeutig die Gefahr, daß die angesprochenen Verkehrskreise sich der Begriffe ” for family ” ( z.B. bei Wiederholungskäufen ) als Abkürzung für den längeren Gesamttitel bedienen. Gerade der Umstand, daß die Antragsgegnerin – wie unstreitig ist – unter dem ” Haupttitel ” ELTERN diverse Sonderhefte herausgibt, läßt es als naheliegend erscheinen, daß die ohnehin zu vereinfachenden Abkürzungen neigende Verbraucherschaft sich zur Bezeichnung des in Rede stehenden Heftes der Antragsgegnerin der Kurzform ” for family ” bedient, um eine Abgrenzung von anderen ELTERN-Titeln vorzunehmen. Die einen solchen Gebrauch sogar fördernde Art der hier angegriffenen konkreten Verwendungen , mit denen die Antragsgegnerin selbst ihre Zeitschrift im redaktionellen Teil mit dieser aus dem Gesamttitel gebildeten Kurzform benennt, begründet daher die ernsthafte Gefahr, daß sich ” for family ” als Titel der Zeitschrift der Antragsgegnerin im Verkehr einbürgert.

b. Es besteht weiter auch die Gefahr, daß ein nicht unbeachtlicher Teil des angesprochenen Verkehrs, dem die Mitglieder des erkennenden Senats hier sämtlich zugehörig sind, wegen der Gemeinsamkeiten der sich gegenüberstehenden Bezeichnungen zumindest einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne unterliegt, weil er auf organisatorische oder wirtschaftliche Zusammenhänge zwischen den Zeitschriften der Parteien schließt.

Die Verwechslungsgefahr bestimmt sich nach dem Grad der Ähnlichkeit der beiden Bezeichnungen , der Kennzeichnungskraft der geschützten Bezeichnung sowie nach der Nähe oder Ferne der Branchen, wobei zwischen diesen Faktoren eine Wechselwirkung besteht ( vgl. Großkomm./Teplitzky, Rdn. 321 f zu § 16 UWG m. w. N. ). Unter Anwendung dieser Beurteilungskriterien ist aber die Gefahr von Verwechslungen im o. g. Sinne eindeutig zu bejahen:

Die sich gegenüberstehenden Bezeichnungen ” FAMILY ” und ” for family ” der Parteien sind sowohl vom Klangbild auch auch vom Sinngehalt her fast identisch. Das gilt

ungeachtet des Umstands , daß die Antragsgegnerin den Begriff ” family ” nicht – wie die Antragstellerin – für sich allein, sondern zusammen mit dem weiteren Begriff ” for ” verwendet. An dem aufgrund des beiden Bezeichnungen gemeinsamen Titelbestandteils ” family ” hervorgerufen Eindruck nahezu identischer Übereinstimmung ändert sich dadurch nichts. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß sich der Verkehr bei Zeitschriften an das Nebeneinander ähnlicher Titel und deshalb daran gewöhnt hat, auf Unterschiede in der Titelfassung genauer zu achten ( vgl. Baumbach/Hefermehl, a. a. O., 17. Auflage, Rdn. 127 zu § 16 UWG ) , ergibt sich keine abweichende Beurteilung. Dabei kann es dahinstehen, ob das Bezeichnungselement ” for ” in ” for family ” überhaupt ein den maßgeblichen Gesamteindruck dieser Bezeichnung mitprägendes Element darstellt oder ob es neben dem weiteren Begriff ” family ” nicht völlig in den Hintergrund tritt. Das kann hier offenbleiben, weil selbst bei der Annahme, daß ” for ” neben ” family ” ein die Bezeichnung der Zeitschrift der Antragsgegnerin mitprägendes Element darstellt, die Verwechslungsgefahr nicht entfällt. Denn der Verkehr gewinnt seinen Eindruck regelmäßig nicht aufgrund einer gleichzeitigen Betrachtung der sich gegenüberstehenden Bezeichnungen, sondern aufgrund einer in aller Regel undeutlichen Erinnerung, in der aber die übereinstimmenden Merkmale stärker hervortreten als die Unterschiede ( BGH GRUR 1991, 153/155 – ” Pizza ##blob##amp; Pasta ” -; BGH GRUR 1990, 450/452 – ” St. Peters-Quelle ” – ). Der Titelbestandteil ” for ” in ” for family ” stellt danach jedenfalls keine Abweichung dar, die geeignet ist, die aufgrund der in klanglicher Hinsicht und vom Sinngehalt her fast identisch übereinstimmenden Begriffe ” FAMILY ” / ” family ” hervorgerufene große Ähnlichkeit der beiden Bezeichnungen zu verhindern.

Im Hinblick auf den weiteren Umstand, daß die sich gegenüberstehenden Bezeichnungen für Produkte verwendet werden, die aus nahezu identischen, jedenfalls aber eng miteinander verwandten Branchen stammen, ist die Gefahr von Verwechslungen selbst dann zu bejahen, wenn die von Hause aus bestehende, als durchschnittlich einzuordnende Kennzeichnungskraft des Titels ” FAMILY ” der Antragstellerin durch Drittbezeichnungen geschwächt sein sollte. Soweit die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang zahlreiche Titel von Druckschriften angeführt hat ( vgl. Anlage zum Schriftsatz vom 14. 10. 1996 ), in deren Titel u. a. die Begriffe ” Familie “, ” familiär ” usw. Erwähnung finden, ist schließlich jedoch darauf hinzuweisen, daß bei einem großen Anteil dieser Bezeichnungen die vorstehenden Begriffe nicht in einer den Werktitel zumindest mitprägenden Weise gebraucht und daher aus diesem Grund nicht geeignet sind, die Unterscheidungskraft des Titels ” FAMILY ” der Antragstellerin zu schwächen.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 ZPO. Zu einer abweichenden Kostenregelung bestand dabei kein Anlaß. Soweit die Antragstellerin ihren Unterlassungsantrag umformuliert hat, liegt darin keine teilweise Rücknahme des mit dem ursprünglichen Antrag verfolgten Unterlassungsbegehrens, sondern lediglich die Anpassung an die konkret beanstandete Verletzungshandlung, mit welcher der Umfang und die Reichweite des von Anfang an erstrebten Verbots konturiert werden sollen.

Das Urteil ist gemäß § 545 Abs. 2 ZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig.