Wer eine Marke anmelden möchte, obwohl schon eine nahezu identische auf einem anderen oder sogar dem gleichen Markt existiert, kann einigen rechtlichen Hürden ausgesetzt sein. Der Inhaber der älteren Marke wird schnell versucht sein, im Wege eines Widerspruchs gegen die Eintragung der neuen Marke vorzugehen. Dabei gibt es eine einfachere, zeit- und kostensparendere Möglichkeit: Die Koexistenz- oder auch Abgrenzungsvereinbarung. In einer solchen werden die Schutzbereiche der beiden Marken genau definiert, sodass nachfolgende Markenrechtstreite sowie auch Verwirrungen bei Mitbewerbern und Kunden vermieden werden können.

Eine sog. Koexistenz- oder auch Abgrenzungsvereinbarung kommt nur ins Spiel, wenn zwei Marken kollidieren. Das bedeutet, dass diese zwei Marken bestehen bzw. angemeldet sein müssen.

Meistens handelt es sich dann um einen Fall, in dem der Inhaber der älteren Marke gegen die Anmeldung einer neueren Marke vorgehen will. Das Problem: Vor allem bei reinen Wortmarken kann es zu Verwechslungen beider Marken kommen, wenn die Zeichen ähnlich oder identisch sind und/oder beide Inhaber im gleichen Marktumfeld tätig sind.

Grundsätzlich werden Marken im entsprechenden Register des DPMA (für deutsche Marken) oder des EUIPO (für europäische Marken) nur für bestimmte Waren- und Dienstleistungsklassen eingetragen. Daraus ergibt sich, dass die Zeichen auch lediglich für diese Klassen jeweils Schutz genießen.

Aufgrund von Überschneidungen in den verschiedenen Klassen und der Vielseitigkeit von Tätigkeitsbeschreibungen ist eine Konkurrenz von Marken nicht selten. Der Inhaber einer älteren Marke kann unter Berufung auf eine potentielle Verwechslungsgefahr mit seiner eigenen Marke im Eintragungsverfahren daher oftmals einen Widerspruch gegen die Anmeldung einer jüngeren Marke einlegen. Das entsprechende Widerspruchsverfahren kann sich dann als sehr langwierig und kostenintensiv herausstellen, sodass es im Zweifel empfehlenswerter ist, eine außergerichtlich und außerbehördlich geschlossene Koexistenz- bzw. auch Abgrenzungsvereinbarung zwischen den Inhabern der strittigen Marken auszuarbeiten.

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Beispielfall

Eine Verdeutlichung des typischen Inhalts einer Abgrenzungsvereinbarung, wie sie von uns für Mandanten erarbeitet wird, kann anhand des folgenden Beispiels erfolgen.

Vertragspartner sind in diesem Fall zwei Parteien. Die Gegnerseite ist Inhaberin von einer deutschen Wortmarke, einer deutschen Wort-Bild-Marke sowie einer europäischen Wortmarke. Unser Mandant beabsichtigt demgegenüber lediglich die Registrierung einer europäischen Wortmarke.

Das Problem hierbei: Die Wortmarke der Gegnerin besteht aus drei Buchstaben (beispielhaft hier ABC genannt), während die Wortmarke unseres Mandanten ebenfalls diese drei Buchstaben plus drei weitere enthält (beispielhaft ABCDEF genannt). Die Gegnerin äußerte infolgedessen mittels anwaltlichem Schreiben ihre Bedenken, dass zwischen ihren ABC-Marken und der ABCDEF-Marke unseres Mandanten eine Verwechslungsgefahr bestehen könnte, die zu Verwirrungen auf dem Markt führen könnte. Zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung bzw. eines behördlichen Verfahrens haben die Parteien daher mit unserer Hilfe daher eine Vereinbarung mit folgendem Inhalt geschlossen:

Die Verpflichtungen des Inhabers der neuen Marke (ABCDEF) bestehen in der Löschung der gesamten Dienstleistungsklasse 35, der Einschränkung in Klasse 38 und einem Disclaimer dahingehend, dass alle verbleibenden Waren- & Dienstleistungsklassen nicht auf den Gebieten der Energie, auf welchen die Gegnerin tätig ist, greifen.

Außerdem darf unsere Mandantin keine Rechte aus der Benutzung der ABCDEF-Marke gegen die ABC-Marke herleiten.

Demgegenüber verpflichtet sich die Inhaberin der älteren Marke (ABC) zur Rücknahme des beim DPMA eingelegten Widerspruchs gegen die ABCDEF-Marke nach Vorliegen des Nachweises der Spezifizierung dieser sowie dazu, keinen Löschungsantrag gegen die ABCDEF-Marke wegen relativer Schutzhindernisse zu stellen und die Nutzung im vereinbarten Rahmen nicht anzugreifen.

Zudem wird beschlossen, dass diese Verpflichtung nur unter der auflösenden Bedingung besteht, dass der Inhaber der jüngeren ABCDEF-Marke seine Verpflichtungen auch einhält.

Darüber hinaus werden noch Regelungen zur Rechtsnachfolge, Kostentragung und Schlussbestimmungen (anwendbares Recht, Gerichtsstand, Schriftformklausel und salvatorische Klausel) getroffen.

Die Koexistenz- bzw. Abgrenzungsvereinbarung als Lösung

Das obige Beispiel entspricht gewissermaßen dem Standard einer markenrechtlichen Abgrenzungsvereinbarung.

Dabei sind im Regelfall beidseitige Verpflichtungen zur friedlichen Koexistenz beider Marken notwendig.

Rechtlich betrachtet handelt es sich bei der Vereinbarung um einen allgemeinen zivilrechtlichen Vertrag zwischen zwei Parteien (insb. nicht zu Lasten Dritter), der in Form eines Dauerschuldverhältnisses geschlossen wird. Er dient im Wesentlichen der Beilegung von Konflikten zwischen zwei Markeninhabern und beugt so langen gerichtlichen und/oder behördlichen Verfahren vor.

Aufgrund der Ausarbeitung durch fachkundige Anwälte entsteht für alle Beteiligten dauerhaft Rechtssicherheit hinsichtlich der Nutzung ihrer Marken. Insbesondere der Inhaber der jüngeren Marke muss keine gesamte Löschung vornehmen und somit auch nicht den Aufwand befürchten, der für die Neuentwicklung einer Marke erforderlich wäre. 

Regelmäßig ist außerdem auch eine Kündigung aus wichtigem Grund nach den allgemeinen Vorschriften für Dauerschuldverhältnisse möglich.

Die Koexistenz- bzw. Abgrenzungsvereinbarung ist somit in der Regel die bessere Alternative gegenüber der Einleitung eines Widerspruchsverfahrens, da sie zumeist weniger zeitaufwändig und auch kostengünstiger für alle Beteiligten ist. Die konkrete Ausarbeitung einer solchen Vereinbarung sollte jedoch durch einen fachkundigen Rechtsanwalt erfolgen, um Fehler und rechtliche Schlupflöcher zu vermeiden.