Social Media Policys – Teil 6: Fazit

Im Rahmen unserer Serie zu den Nutzungs- und Datenschutzbestimmungen in sozialen Netzwerken haben wir die AGB der fünf wichtigsten und bekanntesten Netzwerke genauer unter die Lupe genommen: Facebook, Google+, Youtube, Twitter und Xing.

Dieser abschließende Vergleich soll aufzeigen, welche Netzwerke die meisten Defizite im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit ihrer Nutzungsbedingungen aufweisen und welche sich einer rechtskonformen Lösung annähern.

Kernbestandteil der Nutzungsbedingungen (fast) aller untersuchten Netzwerke ist die Einräumung von Nutzungsrechten an den eingestellten Inhalten. Die Netzwerke sichern sich hierbei in der Regel sehr umfangreiche Rechte. Die Nutzungsbedingungen sehen vor, dass der Nutzer dem Plattformbetreiber eine nicht-exklusive, gebührenfreie und weltweite Lizenz einräumt, die Inhalte zu nutzen.

Die Art der Nutzung ist teilweise nicht genau beschrieben (Facebook, Ziff. 2.1: „…die Nutzung jeglicher IP-Inhalte…“), teilweise sehr weit formuliert (Youtube, Ziff. 10.1.A: „…Nutzung, Reproduktion, Vertrieb, Herstellung derivativer Werke, Ausstellung und Aufführung…. in gleich welchem Medienformat und gleich über welche Verbreitungsweg“).

Bei XING ist dagegen keine ausdrückliche Rechteeinräumung in den Nutzungsbedingungen vorgesehen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass XING die eingestellten Inhalte rechtswidrig nutzt, es ist vielmehr von einer konkludenten Rechteeinräumung des Nutzers auszugehen. Diese reicht jedoch nur soweit, wie erforderlich, um eine Durchführung des Vertrags, also die Teilnahme an einem sozialen Netzwerk, zu ermöglichen. Hierfür sind zwingend das Vervielfältigungsrecht (§ 16 UrhG), um Inhalte auf Server des Plattformbetreibers zu kopieren, und das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) erforderlich. Im Zweifel sind bei Xing weitergehende Rechte nicht eingeräumt, da mangels ausdrücklicher Rechteeinräumung die Zweckübertragungsregel des § 31 Abs. 5 UrhG greift. Das Urheberrecht hat danach die Tendenz, im Zweifel beim Urheber zu verbleiben.

Fraglich ist, ob dieser Grundsatz auch die AGB beeinflussen kann, die eine ausdrückliche Regelung hinsichtlich der Rechteeinräumung enthalten. Festzustellen ist zunächst, dass sich die Klauseln an den §§ 305 ff. BGB messen lassen müssen. Eine sehr weite Rechteeinräumung, wie sie etwa bei Twitter vorgesehen ist, kann sich einerseits als überraschende Klausel i.S.d. § 305c BGB darstellen, andererseits kommt eine unangemessene Benachteiligung des Nutzers nach § 307 BGB in Betracht. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Zweckübertragungsgrundsatz einen wesentlichen Grundgedanken des Urheberrechts darstellt. Werden also wie bei Twitter weitergehende Rechte, als die die für die Teilnahme an einem sozialen Netzwerk erforderlich sind (§§ 16 und 19a UrhG, s.o.) eingeräumt, stellt sich die Frage, ob dies für den Nutzer eine überraschende Klausel darstellt oder ihn zumindest unangemessen benachteiligt.

Teilweise haben die Netzwerke versucht, den Zweckübertragungsgrundsatz in ihre AGB aufzunehmen. So enthält eine Ergänzungsklausel für deutsche Nutzer (http://www.facebook.com/terms/provisions/german/index.php) in den AGB von Facebook die Regelung: „Ziffer 2 gilt mit der Maßgabe, dass unsere Nutzung dieser Inhalte auf die Verwendung auf oder in Verbindung mit Facebook beschränkt ist.“. Auch Youtube hat scheinbar das Problem erkannt. Daher findet sich in Ziff. 10.1.A. die etwas kryptische Formulierung, dass die Rechteeinräumung sich beschränkt auf Rechte „…im Zusammenhang mit dem Zur-Verfügung-Stellen der Dienste und anderweitig im Zusammenhang mit dem Zur-Verfügung-Stellen der Webseite und YouTubes Geschäften…“.

Deutlicher ist die Regelung bei Google+. Der Nutzer überträgt hier lediglich die „notwendigen“ Rechte, die Inhalte „ausschließlich zum Zweck der Erbringung des jeweiligen Dienstes und lediglich in dem dafür nötigen Umfang zu nutzen“ (Ziff. 5 der Nutzungsbedingungen).

Im Hinblick auf die Berücksichtigung des Zweckübertragungsgrundsatzes haben also Facebook und Google+ eine adäquate Regelung getroffen. Bei Xing gilt der Zweckübertragungsgrundsatz aufgrund der fehlenden ausdrücklichen Rechteeinräumung ohnehin. Ob die Regelung bei Youtube den Anforderungen genügt, ist angesichts der sehr unbestimmten Formulierung fraglich. Twitter hat dieses Problem scheinbar vollkommen verkannt.
Unterschiedlich geregelt ist auch das Recht zu Unterlizenzierung. Facebook, Youtube und Twitter sehen ein solches Recht vor. Die AGB von Google+ beinhalten zwar kein Recht zur Unterlizenzierung, jedoch erfolgt die Rechteeinräumung von vorneherein nicht nur an Google, sondern auch an „zur Google Gruppe gehörenden Unternehmen sowie den Vertragspartnern von Google“ (Ziff. 5).

Damit sollen wohl die Fälle abgedeckt werden, in denen Google bestimmte Aufgaben an Drittunternehmen „outsourct“. Dass diese Drittunternehmen dann auch die erforderlichen Rechte des Nutzers benötigen, liegt auf der Hand. Auch die Motivation von Facebook, Youtube und Twitter zur Verwendung einer Klausel, die ein Recht zur Unterlizenzierung vorsieht, dürfte in der Erfassung dieser Konstellation liegen. Dann hätten sie AGB jedoch auch regeln müssen, dass eine Unterlizenzierung nur zu diesem Zwecke erfolgen darf und an wen sie erfolgt. Die AGB von Xing sehen dagegen keine Unterlizenzierung vor.

Ein weiteres wichtiges Kriterium im Hinblick auf die Nutzerfreundlichkeit der AGB ist die Dispositionsmöglichkeit der Nutzer über bereits eingestellte Inhalte. Insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass der Nutzer dem Plattformbetreiber eine unentgeltliche Lizenz einräumt ist davon auszugehen, dass auch ein Widerruf der Lizenz möglich sein muss. Facebook regelt diesen Punkt in Ziff. 2. Danach endet die Lizenz, wenn die Inhalte oder das Konto gelöscht werden, es sei denn die Inhalte wurden mit anderen Nutzern geteilt, die wiederum die Inhalte nicht gelöscht haben. Warum es (technisch) nicht möglich ist, auch die geteilten Inhalte zu löschen ist dabei nicht ersichtlich.

Problematisch ist zudem, dass die entfernten Inhalte „für eine angemessene Zeit in Sicherheitskopien fortbestehen“. Bei Google+ endet die Lizenz, „mit dem Zeitpunkt, in dem Sie einen eingestellten Inhalt aus einem bestimmten Dienst entfernen oder die Bestimmung der öffentlichen Zugänglichmachung aufheben.“ (Ziff. 5). Youtube legt den Zeitpunkt der Löschung des Videos als Ende der Lizenz fest. Nutzerkommentare zu anderen Videos bleiben jedoch unwiderruflich zugänglich. In den AGB von Twitter und Xing ist kein Ende der Lizenz geregelt. Im Zweifel ist hier davon auszugehen, dass bei Löschung des Inhalts oder des Kontos auch die Lizenz konkludent widerrufen wird.

Fazit

Wenig verwunderlich ist, dass Xing am besten auf das deutsche Urheberrecht ausgerichtet ist. Doch auch bei Google+ finden sich gute Ansätze im Hinblick auf eine rechtskonforme Einräumung von Nutzungsrechten. Facebook scheint die Besonderheiten des deutschen Rechts in Form einer Ergänzungsvereinbarung für deutsche Nutzer berücksichtigen zu wollen. Dagegen wirken die AGB von Twitter und Youtube leider meist wie eine 1:1 Kopie von US-Recht in deutsches Recht und sind daher von einer rechtskonformen Lösung am weitesten entfernt.
Wir werden beobachten, wie sich die weitere Entwicklung der AGB dieser Netzwerke vollziehen wird.

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Weitere Teile der Serie sind hier zu finden: Nutzungsbedingungen sozialer Netzwerke

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