Ein Mann filmte nach mehreren Beschädigungen seinen Wintergarten mit zwei Kameras. Die Familie nebenan fühlte sich dadurch beobachtet und klagte. Kurios an der Geschichte: Die klagende Familie filmte selbst und steht deshalb in einem anderen Verfahren als Beklagte vor Gericht. Kläger: Ihr Nachbar.

Das Amtsgericht (AG) München hat entschieden, dass die bloße Möglichkeit, von Überwachungskameras des Nachbarn erfasst zu werden, im konkreten Einzelfall noch zumutbar sein kann. Damit hat das AG München die Klage eines Nachbarn auf Beseitigung einer auf sein Grundstück ausgerichteten Überwachungskamera und Unterlassung der Anbringung anderer auf sein Grundstück ausgerichteter Kameras abgewiesen (Az. 213 C 15498/18).

Kameras überwachten Wintergarten

Ein Mann hatte bei sich am Haus zwei Überwachungskameras installiert, die seinen Wintergarten filmten. Zuvor war es dort mehrfach zu Beschädigungen durch Unbekannte Dritte gekommen. Die beiden Kameras waren so eingestellt, dass sie ausschließlich Aufnahmen des Grundstücks des Mannes filmten. Lediglich manuell ließen sich die Kameras anders ausrichten. Die verheirateten Nachbarn des direkt angrenzenden Hauses waren jedoch der Überzeugung, dass eine der Kameras unmittelbar auf ihren Wintergarten ausgerichtet sei und unter anderem ihre dort nackt spielenden Kinder filmen würde. Sie könnten ihrerseits durch das Dach des Wintergartens direkt in die Linse der Kamera schauen. Es bestehe für sie ein regelrechter „Überwachungsdruck“, da der filmende Nachbar jederzeit die Kamera auf Aufzeichnungen ihres Grundstücks umstellen könne. Daher verklagten sie ihren Nachbarn.

Der Nachbar hingegen sah dies verständlicherweise anders und vertrat die Ansicht, dass die bloße Möglichkeit einer Veränderung der Einstellung seiner Videokameras unerheblich sei. Dieser Ansicht schloss sich die zuständige Münchener Richterin an. Aus einem im Verfahren vorgelegten Foto, welches eine Nahaufnahme der betreffenden Kameras aus dem Dach des Wintergartens der Kläger heraus zeigt, sei deutlich zu erkennen, dass die Linse der hinteren Kamera erkennbar von dem Grundstück der Kläger weg zeige und die Linse der vorderen Kamera, ebenfalls deutlich erkennbar, an dem Wintergarten der Kläger vorbei auf das eigene Vordach des beklagten Mannes zeige und somit nicht auf den Garten und Wintergarten der klagenden Familie ausgerichtet ist.

Die Polizei hätte zudem über das Smartphone des beklagten Mannes Live-Bilder der installierten Kameras einsehen und dabei feststellen können, dass die Positionen der Kameras so eingestellt waren, dass nur der höchstpersönliche Lebensbereich des Mannes und nicht der Nachbarsfamilie gefilmt wurde. Bei der Frage, ob allein ein sog. „Überwachungsdruck“ einen unzulässigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellen kann, müsse auf die Umstände des Einzelfalles abgestellt werden. Im Fall vor dem AG München konnte eine konkrete Überwachung-Gefahr auch nicht festgestellt werden.

Kurioses Parallelverfahren – Kläger filmten selbst Beklagten

Ganz unschuldig sind die klagenden Nachbarn übrigens selbst nicht: Die Familie hat ihrerseits selbst an der Vorderseite ihres Hauses Kameras installiert, welche nicht nur das eigene Haus, sondern zudem den öffentlichen Gehweg vor ihrem Haus filmen. In einem Parallelverfahren stehen sich beide Parteien nochmals gegenüber. Dieses Mal aber ist der beklagte Mann der Kläger und die Familie wegen ihrer Kameras Beklagte. Im dortigen Verfahren nimmt die Familie für sich das Recht in Anspruch, ihr Grundstück – und aktuell auch Teile des öffentlichen Gehwegs vor ihrem Haus – mithilfe einer Überwachungskamera filmen und überwachen zu dürfen.

tsp