Das Unternehmen DerKeiler hat eine neue App auf den Markt gebracht. Für 2,99 Euro kann sich jeder über die Privatinsolvenz seines Nachbarn erkundigen. Der Nutzer gibt einfach eine Postleitzahl an und schon erscheinen auf einer Karte genaue Angaben zu den Schuldnern in der Umgebung. Darf das Unternehmen solche sensiblen Daten einfach für jeden zugänglich machen?

 

Der Kölner IT-Anwalt Christian Solmecke sagt: „Ja, grundsätzlich ist die Wiedergabe öffentlicher Insolvenzbekanntmachungen erlaubt. Die öffentliche Bekanntmachung der Insolvenzverfahren ist gesetzlich vorgeschrieben. Die Amtsgerichte veröffentlichen als Insolvenzgerichte die Daten zu den laufenden Insolvenzverfahren. Die Speicherung und Aufbewahrung der Daten erfolgt nach gesetzlich streng vorgegebenen Regeln, die auch private App-Anbieter bei der Veröffentlichung von Insolvenzdaten einhalten müssen“.

Wiedergabe der Daten ist grundsätzlich erlaubt

Gem. § 29 Abs. 1 Nr. 2 Bundesdatenschutzgesetz ist das geschäftsmäßige Erheben, Speichern, Verändern oder Nutzen personenbezogener Daten zum Zweck der Übermittlung zulässig, wenn die Daten aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können oder die verantwortliche Stelle sie veröffentlichen durfte, es sei denn, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Erhebung, Speicherung oder Veränderung offensichtlich überwiegt.

Daten sind frei im Netz verfügbar

Über die zentrale Seite www.insolvenzbekanntmachungen.de kann sich jeder Interessierte über den Schuldenstand bestimmter Firmen oder Privatpersonen informieren. Auf diese Weise werden potentielle Geschäftspartner vor der Eingehung eines wirtschaftlich negativen Geschäfts bewahrt. Zu finden sind Angaben über den Namen, das Geburtsdatum und den Wohnort des Schuldners. Zudem noch Informationen zum Schlusstermin und einem möglichen Beschluss über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens oder der Erteilung einer Restschuldbefreiung. „Gegen eine Wiedergabe dieser Daten spricht aus rechtlicher Sicht erst einmal nichts“, sagt Solmecke. „Die Betroffenen müssen zum Schutze potentieller Geschäftspartner eine Wiedergabe hinnehmen. Schutzwürdige Interessen der Betroffenen könnten allerdings dann überwiegen, wenn nachgewiesen werden kann, dass die bereitgestellten Daten über die App missbräuchlich benutzt werden“.

Gesetz sieht Löschungspflicht nach sechs Monaten vor

Die Insolvenzverordnung sieht strenge Löschfristen vor. Die Veröffentlichung von Daten aus einem Insolvenzverfahren einschließlich des Eröffnungsverfahrens wird spätestens sechs Monate nach der Aufhebung oder der Rechtskraft der Einstellung des Insolvenzverfahrens gelöscht (Vgl. §3 der Insolvenzverordnung). „Daran muss sich auch der App Betreiber halten“, sagt Solmecke. „Der Gesetzgeber hat hier ganz genaue Vorgaben gemacht wie lange die Daten für jedermann öffentlich zugänglich sein dürfen. Es kann und darf nicht sein, dass Dritte diese Regelungen unterlaufen und ihre eigenen Speicherfristen durchsetzen. Bei der Benutzung der App sind mir bereits einige Unstimmigkeiten aufgefallen. Es scheint, dass mehr Daten zugänglich sind und gespeichert zu werden, als gesetzlich vorgesehen. Problematisch ist auch die Darstellung der Daten. Die Benutzer können über eine Karte genau erkennen, wo die Betroffenen wohnhaft sind. Eine solche Darstellung ist gesetzlich nicht vorgesehen. Aus meiner Sicht, droht dem App Betreiber ein saftiges Bußgeld wegen einer Verletzung des Datenschutzrechts“. Die offizielle Seite wird zudem jeden Tag aktualisiert. Der App Betreiber müsste ebenfalls für eine tägliche Aktualisierung sorgen. Es dürften über die App auf keinen Fall noch Daten abrufbar sein, die es auf der offiziellen Seite nicht mehr sind.

Fazit: Grundsätzlich ist eine solche App erlaubt, solange sie jedoch in ihrer Funktionsweise nicht die gesetzlichen Vorgaben zur Veröffentlichung der Daten unterläuft. Insbesondere die strengen Löschpflichten sind hier zwingend einzuhalten. (JEB)