Zwei gefälschte Staatsexamina brachten einem jungen Mann aus Bayern zunächst das große Geld. Als Hochstapler verdiente er in Großkanzleien eine Menge Geld. Doch Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall und so währte seine Scheinwelt nicht lange. Ein Feiertag entlarvte den Schwindler. Das LG München hat nun die Berufung in dem Fall zurückgewiesen.

Matthias G., der jahrelang Kanzleien an der Nase herumführte, bleibt auf freiem Fuß – zumindest vorerst. Denn das Landgericht (LG) München hat Mitte Juli 2023 entschieden, dass es zunächst bei dem erstinstanzlichen Urteil des Amtsgerichts (AG) München bleibt (AG München, Urt. v. 23.11.2020, Az. 823 Ls 231 Js 185686/19).

Vor dem LG München wurde am 13. Juni 2023 ein Fall verhandelt, der drehbuchreif ist. Ein 35-Jähriger hatte mit gefälschten Examenszeugnissen die Anwaltswelt in München auf den Kopf gestellt. Erst durch einen verhängnisvollen Fehler flog sein falsches Spiel auf. Der Fall ist einem so nur aus der US-Serie Suits bekannt: dort landet der Protagnoist Mike Ross auf der Flucht nach einem geplatzten Drogendeal durch Zufall bei einem Vorstellungsgespräch in einer Großkanzlei. Mike Ross ist zwar ein begabter Jurastudent, geriet aber durch eine tragische Vergangenheit und falsche Freunde auf die falsche Bahn und flog von der Uni. Sein Chef Harvey Specter erkennt sein Talent direkt und engagiert ihn. Mike hat jetzt zwar einen prestigeträchtigen Job, aber die für den Job notwendigen Abschlüsse fehlen ihm noch. Kurz entschlossen fälscht er daraufhin einfach seine Examen.

Die Faszination, die die Serie Anfang der 2010er Jahre auslöste, scheint indes ungebrochen. Jetzt setzten sich die Richter vom LG München mit einem Fall auseinander, der zwar real ist, doch sehr stark an die Serie erinnert.

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Student fälscht Examenszeugnisse

Im Jahr 2020 wurde ein 35-jähriger Mann aus dem Landkreis Freising wegen Betrugs, versuchten Betrugs und mehrfacher Urkundenfälschung am Amtsgericht (AG) München angeklagt. Er hatte sein Jurastudium nach sechs Semestern abgebrochen. Das hinderte ihn jedoch nicht daran, sich selbst Examenszeugnisse auszustellen. Im Jahr 2015 fälschte er ein Zeugnis über das Erste Staatsexamen mit 12,48 Punkten; für das Zweite Staatsexamen gab er sich 11,64 Punkte. Diese Ergebnisse erreichen in Bayern nur weniger als 5 % aller Prüflinge. Mit diesen Noten in der Tasche standen dem Schwindler auf dem Karriereweg vom Richter zum Anwalt alle Türen offen.

Während seiner Ausbildung in einem Notariat fertigte er einige beglaubigte Abschriften der Zeugnisse an. Anschließend beantragte er bei der Rechtsanwaltskammer München seine Zulassung als Rechtsanwalt, die er im März 2016 erhielt. Mit der Zulassung in der Tasche bewarb er sich noch im selben Monat bei einer renommierten Anwaltskanzlei in München. Für seine Bewerbung fälschte er nicht nur seine Examenszeugnisse, sondern passte auch seinen Lebenslauf entsprechend an, so dass seine Studienzeiten mit seinen Abschlüssen übereinstimmten.

Kanzlei wurde misstrauisch

Die erste Kanzlei stellte den vermeintlichen Anwalt schnell ein und schöpfte keinen Verdacht. Er begann dort mit einem Einstiegsgehalt von 95.000 Euro brutto und konnte dieses in den zwei Jahren seiner Tätigkeit sogar auf 123.000 Euro steigern. Seine Leistungen wurden dort zwar durchaus kritisch bewertet, so das AG München, zu einer Überführung des Hochstaplers kam es aber nicht.

Im Jahr 2018 suchte er nach einer neuen Stelle und erhielt erneut attraktive Angebote. Ein Angebot von einer Anwaltskanzlei mit einem Jahresgehalt von 75.000 Euro brutto und ein weiteres mit 100.000 Euro brutto. Er entschied sich jedoch schlussendlich für eine Stelle als Syndikus im Bereich Gesellschaftsrecht bei einer großen Versicherungsgesellschaft, wo er gar 132.000 Euro brutto verdiente. Doch auch das reichte ihm schnell nicht mehr, weshalb er sich 2020 erneut bei einer Kanzlei bewarb. Ein Fehler, wie sich später für ihn herausstellte, denn dort wunderte man sich, wie seine Examensprüfung an einem Feiertag stattfinden konnte. Denn laut Zeugnis fiel die Prüfung auf den 25. Mai 2015. Das war ein Pfingstmontag. An diesem bundesweiten Feiertag fanden aber keine Prüfungen statt. Aus Angst, aufzufliegen, kündigte der Betrüger den Arbeitsvertrag noch vor Arbeitsantritt. Weil die Kanzlei nun aber Verdacht schöpfte, erkundigte sie sich beim Bayerischen Justizprüfungsamt nach den Angaben auf seinem Zeugnis. Der Betrüger flog auf und verließ die Kanzlei. Die Kanzlei erstattete Anzeige gegen den Mann.

Schaden von mehreren 100.000 Euro – Jetzt ist Landgericht an der Reihe

Ende 2020 wurde er vom AG München wegen sechs Fällen des vollendeten und zum Teil versuchten Betrugs sowie 22 Fällen der Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Darüber hinaus ordnete das Gericht die Zahlung von 325.642 Euro Wertersatz für die erschlichenen Lohnzahlungen an. Das Gericht begründete die Strafe damit, dass ein hoher Vermögensschaden eingetreten – und auch ein Folgeschaden von mindestens 495.000 Euro zu berücksichtigen sei. Denn die Großkanzlei, in der der Mann gearbeitet hatte, zahlte das Geld in voller Höhe an die Mandanten zurück.

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Auf die Frage, ob die Leistungen des Schwindlers bei der Kanzlei tatsächlich zufriedenstellend gewesen seien, komme es schlussendlich nicht an, erläuterte das AG. Entscheidend sei vielmehr, dass dem Angeklagten die erforderliche fachliche Qualifikation fehle. Das leitete das Gericht aus den Grundsätzen ab, die auch im Beamtenrecht gelten. Danach gilt ein Beamter als für sein Amt untauglich, auch wenn er zufriedenstellende dienstliche Leistungen erbringt, weil er keine gleichwertige Gegenleistung für die ihm gewährten Bezüge zu erbringen mag.

Zu Gunsten des Mannes berücksichtigte das AG, dass er alles gestanden habe. Er habe die Ermittlungen unterstützt und sich um Aufklärung bemüht. Zudem leide der Mann an einer psychischen Erkrankung. Zu seinen Lasten berücksichtigte das AG aber auch präventive Aspekte, denn bei Juristen komme es immer wieder zu Fällen von gefälschten Noten oder Abschlüssen.

Da beide Seiten gegen das Urteil Berufung eingelegt haben, wird sich nun die 25. Strafkammer des LG München ab dem 13. Juli 2023 erneut mit dem Fall befassen. Wir werden berichten.