Geht es um den Erhalt eines Arbeitszeugnisses, streiten Arbeitgeber und Arbeitnehmer häufig über die sogenannte Dankes-, Bedauerns- und Wunschformel, die in der Regel am Schluss des Zeugnisses steht. Ähnlich lag der Fall einer ehemaligen Assistentin der Geschäftsführung – allerdings monierte sie hier nicht die Formulierung der Dankesformel selbst. Weil sie mit mehreren anderen Passagen in ihrem Arbeitszeugnis unzufrieden war, bat sie ihre Arbeitgeberin mehrmals um Korrektur. In der Folge war die Arbeitgeberin so genervt, dass sie die Dankesformel im Zeugnis kurzerhand strich. Das BAG entschied darüber, ob ein solches Vorgehen zulässig ist.   

Vielleicht kennen es manche: Man fordert ein Arbeitszeugnis bei seinem ehemaligen Arbeitgeber an und am Ende liest sich alles nicht so, wie man es sich eigentlich vorgestellt hatte. Von unglücklichen Formulierungen über Tippfehler ist leider alles dabei. Möglicherweise fehlt sogar eine Dankesformel. Bereits im Januar 2022 entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber nicht verlangen kann, dass sein Zeugnis eine Be­dau­erns-, Dan­kes- und Wunsch­for­mel enthält und bestätigte damit seine bisherige Rechtsprechung (Urt. v. 25.01.2022, Az. 9 AZR 146/21). Enthält das Arbeitszeugnis jedoch zunächst eine solche Dankesformel, darf der Ar­beit­ge­ber diese nicht aus erzieherischen Grün­den wieder aus dem Zeug­nis strei­chen, nur weil der ehemalige Mitarbeiter das Zeug­nis mehr­fach hat ver­bes­sern las­sen. Mit der Weigerung, das Zeugnis in einem solchen Fall mit einer Dankesformel zu versehen, verstoße der Arbeitgeber gegen das arbeitsrechtliche Maßregelungsverbot (Urt. v. 06.06.2023, Az. 9 AZR 272/22).

Im vorliegenden Fall beschäftigte die Arbeitgeberin die betroffene Mitarbeiterin vom 15. August 2017 bis zum 28. Februar 2021 zunächst als „Persönliche Assistentin der Geschäftsführung“ und zuletzt als „Managerin of Administration and Central Services“. Im März 2021 erteilte sie der Mitarbeiterin ein Arbeitszeugnis mit Datum vom 28. Februar 2021. Infolgedessen bat die Mitarbeiterin mehrmals um Korrektur des Zeugnisses. Insgesamt musste die Arbeitgeberin drei Versionen erstellen. Nachdem die Arbeitgeberin die Änderungswünsche jeweils berücksichtigt hatte, war die Dankesformel, im Vergleich zu den vorherigen Versionen, in der letzten Version jedoch nicht mehr enthalten. Nachdem sich die Arbeitgeberin weigerte das dritte Zeugnis entsprechend zu korrigieren, landete der Entwurf schließlich vor Gericht. Das Arbeitsgericht (ArbG) Braunschweig hat der Klage der Mitarbeiterin stattgegeben (Urt. v. 03.12.2021, Az. 4 Ca 376/21). Das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen hat die Berufung der Arbeitgeberin zurückgewiesen (Urt. v. 12.07.2022, Az. 10 Sa 1217/21). Mit der Revision vor dem BAG verfolgte die Arbeitgeberin ihr Ziel, die Abweisung der Klage, weiter.

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Arbeitgeberin argumentiert mit Änderung ihres „subjektiven Empfindens“

Die Mitarbeiterin vertrat die Auffassung, die Arbeitgeberin sei verpflichtet, ihr ein Arbeitszeugnis auszustellen, das die in den ersten beiden Zeugnisfassungen erteilte Dankes- und Wunschformel enthalte. Mit der Erteilung des ersten und zweiten Arbeitszeugnisses habe sie sich diesbezüglich gebunden. Das sah die Arbeitgeberin jedoch anders. Sie beantragte die Abweisung der Klage mit der Begründung, das Maßregelungsverbot aus § 612a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) binde den Arbeitgeber lediglich im laufenden Arbeitsverhältnis und gelte nicht mehr für Sachverhalte nach dessen Beendigung.

Die Arbeitgeberin begründete weiter, dass die Arbeitnehmerin keinen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis mit einer Dankes- und Wunschformel habe, weil darin lediglich subjektive Empfindungen zum Ausdruck kämen. Daher könne sie diese auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht verlangen. Außerdem berief sich die Arbeitgeberin auf den Grundsatz der Zeugniswahrheit. Dieser verbiete es ihr, eine solche Schlussformel weiter zu verwenden, wenn sich „ihr subjektives Empfinden“ nach der Erteilung des Zeugnisses geändert habe.

Kein Anspruch auf Schlussformel

Nach § 109 Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO) hat der Arbeitnehmer bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Mindestangaben sind solche zu Art und Dauer der Tätigkeit. Für ein sogenanntes qualifiziertes Arbeitszeugnis kann der Arbeitnehmer verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis erstrecken. Informationen darüber, ob das Zeugnis auch eine Schlussformel enthalten muss, sind dem Wortlaut des § 109 GewO jedoch nicht zu entnehmen. Trotzdem ist der Gebrauch einer Schlussformel heute übliche Praxis. Dies ließ wiederum viele Jahre die Frage offen, ob ein Anspruch des Arbeitnehmers auf eine Schlussformel tatsächlich gegeben ist.

Zweck eines Zeugnisses ist das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers. Schlussformeln spielen hierbei eine besondere Rolle, denn die letzten Sätze eines Zeugnisses beeinflussen bei der Sichtung der Bewerbungsunterlagen oft den abschließenden Gesamteindruck eines Kandidaten und die Entscheidungsfindung im Bewerbungsprozess. Je nachdem wie sie formuliert sind, können sie das Zeugnis entweder auf- oder abwerten. Fehlt die Abschlussformel ganz, wird dies von den meisten Personalern als negatives Zeichen gewertet, denn in einem solchen Fall spricht vieles für eine unfreiwillige Kündigung oder eine Trennung im Streit. Trotz der möglichen Nachteile, die hierbei für den Arbeitnehmer resultieren können, vertritt das BAG jedoch die Rechtsauffassung, dass der Arbeitgeber zwar Dank empfinden und dem Arbeitnehmer für die Zukunft alles Gute und viel Erfolg wünschen kann, es je­doch nicht muss.  

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Darf die Schlussformel nachträglich gestrichen werden?

Nun entschied das BAG jedoch in einem etwas anders gelagerten Fall, denn im vorliegenden Fall ging es in erster Linie darum, ob der Arbeitgeber die Schlussformel auch nachträglich noch streichen dürfe. Dies verneinte das BAG. Das Maßregelungsverbot in § 612a BGB verbietet die Benachteiligung des Arbeitnehmers, der seine Rechte in zulässiger Weise ausübt. Die berechtigte Remonstration dürfe also nicht zur Verschlechterung des Zeugnisses führen. Das gelte auch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus. Das Absehen von der Schlussformel – nachdem es in zwei vorherigen Versionen vorhanden war – bewertete das BAG als Verschlechterung. Daraus folge letztlich ein Anspruch der Arbeitnehmerin auf die Dankesformel aus § 612a BGB.

Das Maßregelungsverbot schütze die Willensfreiheit des Arbeitnehmers. Dieser solle ohne Angst vor einer Maßregelung durch den Arbeitgeber darüber entscheiden dürfen, ob er die ihm zustehenden Rechte in Anspruch nimmt oder davon absieht. Daher sei jeder Nachteil vom Verbot umfasst, so das BAG. Zwar sei die verfassungsrechtlich geschützte Meinungsfreiheit der Arbeitgeberin mit zu berücksichtigen. Diese gebe ihr jedoch nicht das Recht, die berechtigten Korrekturwünsche der Arbeitnehmerin zum Anlass zu nehmen, das Arbeitszeugnis für sie nachteilig zu ändern.

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ezo