Zum Thema Urteil zur Tauschbörsennutzung hat das Amtsgericht Düsseldorf am 05.04.2011 die unten veröffentlichte Entscheidung getroffen. Wenn Sie rechtliche Fragen zum Thema haben oder einen Rechtsanwalt benötigen, rufen Sie uns an 0221 / 951 563 0 (Beratung bundesweit).

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Konkret hat das Amtsgericht Düsseldorf folgendes entschieden:

hat das Amtsgericht Düsseldorf

auf die mündliche Verhandlung vom 9. Februar 2011

durch die Richterin am Amtsgericht X

für R e c h t erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 284,78 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 08.03.10 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 77 %, der Beklagte

23 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 400,– Euro abzuwenden, es sei denn, der Beklagte leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicher-heitsleistung von 300,– Euro abzuwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe.

T a t b e s t a n d :

Die Parteien streiten über Abmahnkosten sowie einen Schadensersatzanspruch aufgrund einer Urheberrechtsverletzung in einem Peer-to-Peer-Netzwerk. Hierzu ist folgendes unstreitig: Die Klägerin ist Tonträgerherstellerin. Sie ist im Kopplungstonträger “XXX Vol. X” als Tonträgerherstellerin im sogenannten P- Vermerk hinsichtlich eines Titels “XXX” genannt. Wie der Beklagte außergerichtlich bereits mit Schreiben vom 29.05.09, Bl. 67 d.GA., angegeben hat, lud sein am 23.08.83 geborener Sohn X am 01.04.09 um 17.46 Uhr und 42 Sekunden von seinem, – des Beklagten / Anschluss unter anderem den genannten Musiktitel herunter. Durch die Ermittlung des Dienstleistungsunternehmens X GbR, X, wurde festgestellt, dass der Titel über das Filesharing-Netzwerk öffentlich zugänglich gemacht wurde. Die Klägerin führte unter dem Aktenzeichen 9 OH 315/09 im Landgericht Köln ein Auskunftsverfahren gem. § 101 Abs. 9 UrhG. Mit Beschluss vom 17.04.09 wurde die XXX als Internetprovider verurteilt, Auskunft zu erteilen, wem die von der X GbR ermittelte IP-Adresse zugewiesen war. Diese erteilte die XXX dahingehend , dass der Internetanschluss dem Beklagten zum Tatzeitpunkt zugewiesen war.

Die Klägerin mahnte mit anwaltlichem Schreiben vom 18.05.09 den Beklagten ab. Mit Schreiben vom 24.06.09 gab der Vertreter des Beklagten die geforderte strafbewährte Unterlassungserklärung ab.

Die Klägerin behauptet, Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Titel “XXX” zu sein. Die Rechteverletzung sei durch X GbR form- und fehlerfrei festgestellt worden. Sie ist der Auffassung, der Beklagte hafte unabhängig davon, ob er selbst die Rechtsverletzung begangen habe oder dies durch seinen Sohn erfolgt sei, weil er die Pflichten als Inhaber des Anschlusses vor Verhinderung von Rechtsverletzungen nicht nachgekommen sei.

Sie verlangt Abmahnkosten nach einem Gegenstandswert von 10.500.-EUR in Höhe einer 1,3 fachen Geschäftsgebühr = 683,80 EUR sowie eine Auslagenpauschale von 20.-EUR und die anteilige Verfahrensgebühr für das Auskunftsverfahren von 3,15 EUR. Sie beansprucht ferner 50.- Aufwendungen für die Ermittlung des Dienstleisters und 2,33 EUR anteilige für die Auskunft des Internetproviders.

Weiter macht sie in Lizenzanalogie 500.-EUR Schadensersatz geltend.

Sie beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.263,45 EUR nebst 5 % Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 8.3.2010 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor:

Er habe seinen Sohn regelmäßig darauf hingewiesen, dass er den Internetanschluss nicht ohne Erlaubnis nutzen dürfe, woran sich der Sohn auch gehalten hätte. Das konkrete Herunterladen sei von ihm ohne Absprache erfolgt.

Seiner Auffassung nach seien die Abmahnkosten auf 100.-EUR begrenzt.

Schließlich rügt er die Abmahnung als Massenabmahnung.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

Die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus § 32 ZPO, weil die Verletzungshandlung planmäßig über das Internet auch in X und damit auch im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts Düsseldorf erfolgte.

Die Kläger kann vom Beklagten gem . §§ 97 a Abs. 1 S. 2 UrhG die Erstattung von Abmahnkosten von 229,30 EUR sowie Ersatz der notwendigen Ermittlungskosten von 3,15 EUR+50.-EUR+2,33 EUR =55, 48 EUR verlangen.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert, weil ihr das Recht am dem streitgegenständlichen Titel “XXX” zusteht. Für sie als Tonträgerherstellerin, als die sie im P-Vermerk auf der Tonträgerumhüllung genannt ist, spricht gem. § 10 Abs. 1 i.V.m. § 85 Abs. 4 UrhG die Urhebervermutung. Danach wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, dass sie das ausschließliche Recht hat, den Tonträger zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen. Der Gegenbeweis ist nicht angetreten. Auf die Vollständigkeit der Rechtekette kam es im konkreten Fall auf Grund der geltenden Vermutung nicht an.

Der Beklagte ist als Anschlussinhaber passivlegitimiert, weil er Störer ist. Zwar meinte er, sein Sohn X habe das Stück, an dem die Klägerin die Urheberrechte innehat, ausschließlich heruntergeladen. Durch die Ermittlungen der X GbR in Zusammenhang mit der Auskunft der XXX als Internetprovider ist hinreichend nachgewiesen, dass der Sohn X dieses Herunterladen im Rahmen eines Peer-to-Peer Netzwerkes, d.h. als Tauschbörsennutzer vornahm. Durch das Angebot der Aufnahme zum Aufruf und Download machte er das Stück öffentlich zugänglich im Sinne von § 19 UrhG. Dass diese Rechteverletzung vom Computer des Beklagten vorgenommen wurde, ist aufgrund seiner im anwaltlichen Antwortschreiben vom 29.05.09 abgegebenen Darstellung unstreitig, wird im Hinblick auf die Teilnahme an der Tauschbörse durch die eidesstattliche Versicherung des Dienstleiters X und den in Anlage K 5 vorgelegten Ausdruck der Ermittlungsdaten (Bl. 47 d.GA.) nachgewiesen. Bei dieser Sachlage haftet der Beklagte nach den Grundsätzen der Störerhaftung auf Unterlassung. Im Rahmen des Unterlassungsanspruchs haftet in entsprechender Anwendung des § 1004 BGB jeder als Störer für eine Schutzrechtsverletzung, der ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitwirkt. Selbst wenn der Beklagte seinem Sohn X den Internetanschluss nicht zur Verfügung gestellt hat und ihn, was streitig ist, sogar angewiesen haben will, diesen nicht zu nutzen, reicht dieses Verhalten nicht aus als Schutzmaßnahme. Gerade weil es seit dem Auftreten der Filesharing-Software im Herbst 1999 nicht mehr ungewöhnlich ist, dass Jugendliche und junge Erwachsene sich an Musiktauschbörsen beteiligen, sondern im Gegenteil diese vielfältig in Anspruch nehmen, hätte der Beklagte wirksame Maßnahmen zur Verhinderung der Rechtsverletzung ergreifen müssen. So wäre die Einrichtung einer wirksamen Firewall möglich und zumutbar gewesen, durch die die Nutzung einer Filesharing-Software verhindert werden kann, oder auch andere technische Möglichkeiten wie die Nutzung bestimmter Modems.

Der Beklagte haftet demnach gemäß § 97 a Abs. 1 S. 2 UrhG auf Ersatz der Abmahnkosten. Maßgeblich für Gegenstandswert der Abmahnung ist der Wert der Hauptsache, d.h. der, der dem Unterlassungsantrag hätte zugeordnet werden müssen. Nach den Gründen der Entscheidung des OLG Frankfurt vom 21.12.10 (Aktenzeichen 11 O 52/07) sind im vergleichbaren Fall aufgrund entsprechenden Festsetzungen im Zurückverweisungsbeschluss des BGH als Gegenstandswert 2.500,– Euro angenommen worden. Hier ging es im Ergebnis auch um den Schutz einer Tonaufnahme eines Titels. Das Gericht hält diese Gegenstandsbewertung auf den vorliegenden Fall für anwendbar.

Bedenken gegen die geltend gemachte 1,3-fache Geschäftsgebühr bestehen ebenso wenig wie hinsichtlich der Beanspruchung der Unkostenpauschale von 20,– Euro. Darüber hinaus stehen der Klägerin 3,15 Euro für das Auskunftsverfahren gemäß § 101 UrhG zu, was einen Gesamtanspruch Anwaltskosten vom 232,45 Euro entspricht.

Die Klägerin kann ferner die Kosten der Dienstleisterin X von 50,– Euro verlangen. Insofern hält das Gericht den klägerischen Anspruch ebenso für hinreichend nachgewiesen wie hinsichtlich der Euro 2,33 Kosten des Internetproviders XXX im Rahmen des Auskunftsverfahrens. Gesamt stehen der Klägerin demzufolge 284,98 Euro zu.

Soweit der Beklagte meint, die Kosten seien gemäß § 97 a Abs. 2 UrhG auf 100,– Euro begrenzt, ist dies unzutreffend. Bei der streitgegenständlichen Rechteverletzung handelt es sich nicht um eine unerhebliche im Sinne der genannten Vorschrift. Letztlich ist davon auszugehen, dass die Vorschrift des § 97 a Abs. 2 UrhG eine Ausnahmevorschrift darstellt, die eng auszulegen ist (vgl. Dreier-Schulze, UrhG,3. Aufl., § 97 a Rn. 30). Die Unerheblichkeit kann nur in qualitativ besonders gelagerten Fällen angenommen werden. Solche Fälle können nach der Gesetzesbegründung beispielweise vorliegen, wenn ein Stadtplanausschnitt für eine private Homepage genutzt oder ein privates Ebay-Angebot mit einem Lichtbild illustriert wird (vgl. Bundestagsdrucksache 16/8783 S. 50). Bei der Einstellung eines Musiktitels ist eine Tauschbörse kann im Hinblick auf den erheblichen Aufwand der Erstellung des Tonträgers und dessen Vermarktung wegen der Gefahr der Nachahmung nicht von einer qualitativen Unerheblichkeit gesprochen werden.

Hinzukommen müsste, dass es sich um einen einfach gelagerten Fall handelte, was ebenfalls nicht der Fall ist. Einfach gelagert sind allein Fälle, die weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten aufweisen, bei denen das Vorliegen einer Rechteverletzung quasi auf der Hand liegt und auch von einen geschulten Nichtjuristen als solche erkannt wird. Bei der vorliegenden Abmahnung wegen eines Filesharings war die Person des Verletzers streitig, war der Beklage nur Störer. Dies zu beurteilen fällt aus dem Rahmen eines einfachen Falles.

Eine rechtsmißbräuchliche Abmahnung liegt nicht vor. Beim Rechtsmißbrauch geht es typischerweise darum, dass die Ausübung eines individuellen Rechts als treuwidrig und unzulässig beanstandet wird und als rechtsvernichtende Einwendung geltend gemacht wird. Diese setzt voraus, dass der Beklagte nachvollziehbar darlegt und ggfs. nachweist, dass ein solcher Rechtsmißbrauch vorliegt. Wenn die Klägerin, worauf der Beklagte allein auf Grund einer entsprechenden klägerischen Darstellung, abstellt, in mehr als 130 Fällen abgemahnt hat, lässt sich hieraus ein Rechtsmißbrauch nicht entnehmen. Wenn die Klägerin als Inhaberin des ausschließlichen Nutzungsrechts an einzelnen Songs Unterlassung der Veröffentlichung durch unberechtigte Dritte verlangt, handelt sie in erlaubter Anwendung ihrer Rechte.

Die Störerhaftung umfasst jedoch nur Abwehransprüche. Für einen Schadensersatzanspruch gegen den Störer fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage (vgl. u.a. BGH I ZR 121,08)). Dass der Beklagte als Mittäter (§ 830 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder Teilnehmer (§ 830 Abs. 2 BGB) der unerlaubten Handlung neben dem X als Täter haftet, ist seitens der Klägerin nicht vorgetragen. Eine Aufsichtspflichtverletzung des zum Tatzeitpunkt 25 Jahre alten Sohnes (geboren 23.08.83) ist ebenfalls zu verneinen, weil diese gegenüber Volljährigen nicht besteht.

Die Zinsentscheidung rechtfertigt sich aus § 291 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit liegen §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO zugrunde.