Nach einem Bericht auf hr-online.de vom 13.09.2011 hat Leif Blum, Vorsitzender eines Untersuchungsausschusses zur Steuerfahnder-Affäre im hessischen Landtag, dem Blogger Guido Strack vom Whistleblower-Netzwerk, der als Zuhörer im Ausschuss anwesend war, verboten, live aus der Sitzung zu berichten.

Der Blogger Guido Strack vom Verein „Whistleblower-Netzwerk“ hatte die Befragung eines Zeugen in der öffentlichen Ausschusssitzung im Wortlaut-Stil wiedergegeben, woraufhin der Vorsitzende Blum ihm die Mitschrift verboten hatte. Wie später aus dem Blog des Whistleblower-Netzwerks selbst hervorging, sind die Informationen aus der Sitzung jedoch nicht durchgängig im exakten Wortlaut wiedergegeben worden. Der Blogger weist sogar darauf hin, dass seine Mitschrift schon wegen des Redetempos Lücken und Fehler aufweisen kann, korrekte Titelbezeichnungen fehlen können usw. und bittet um Kontaktaufnahme, falls Richtigstellungen gewünscht sind. Entsprechend durfte Strack auch weiter aus dem Ausschuss berichten.

Nichtsdestotrotz wird heftig diskutiert, wessen Rechte in so einem Fall nun Vorrang haben und welche gesetzlichen Grundlagen gelten.

Die Rechtslage ist nicht eindeutig. Für den konkreten Fall in Hessen gibt es jedenfalls kein geltendes Gesetz, welches die Arbeit des Untersuchungsausschusses regelt. Man kann sich allenfalls auf das Gerichtsverfassungsgesetz oder die Strafprozessordnung berufen, so wie Blum dies auch tut – beides sind aber Gesetze die verabschiedet wurden, als das Internet noch in weiter Ferne lag. Es findet sich keine Regel, die direkt auf den Untersuchungsausschuss passt.

Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses und Blum in Hessen beziehen sich daher auch auf die Regeln der Interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft e.V., einer aus der Initiative von Abgeordneten aus den Fraktionen der Landesparlamente und des Bundestages hervorgegangenen Vereinigung mit Sitz in Bonn, welche sich seinerzeit in den 1960er Jahren Gedanken zu den Untersuchungsausschüssen gemacht hatten. Die IPA nennt einen Entwurf aus dem Jahr 1969, aus dem hervorgeht, dass der Vorsitzende über Ton- und Bildaufnahmen entscheiden würde. Bei schriftlichen Aufzeichnungen käme es darauf an, ob der Verdacht bestehe, dass sie zur Zeugenbeeinflussung verwendet würden.

Blum sagt, er habe sich stündlich einen Ausdruck des Blogs vorlegen lassen und die Berichterstattung durch den Blogger dann weiter zugelassen, weil dieser nicht mehr im Wortlaut berichtet habe.

Die Rechtslage bleibt trotz dieser „Einigung“ schwammig.

So gibt es zwar für den Bundestag ein Gesetz für die Untersuchungsausschüsse (Gesetz zur Regelung des Rechts der Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bundestags – PUAG vom 19.06.2001). Dieses ist aber nicht direkt für die Landtage anwendbar und verbietet außerdem in § 13 PUAG nur Bild- und Tonaufzeichnungen. Vom Untersuchungsausschuss des Bundestages können demnach zudem Ausnahmen zugelassen werden. Im Bundestag ist es heute gängige Praxis, dass auch aus den Untersuchungsausschüssen berichtet wird.

An sich, und das moniert auch der Blogger Strack, wäre es an der Zeit für ein Grundsatzurteil zu dieser Frage. Blum ist seiner Meinung, informiert aber zugleich darüber, dass das Verbot eine rein verhandlungsleitende Maßnahme sei, die nicht mit einem Rechtsmittel angreifbar sei. Ein Grundsatzurteil, das diesen Fall beleuchtet, wird also auf sich warten lassen.

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