Mit Presseerklärung über das NRW-Justizportal teilt das Arbeitsgericht Krefeld mit, dass am 08. September 2011 der Kammertermin zur fristlosen Kündigung wegen eigenmächtigen Urlaubsantritts stattgefunden hat.

In dem Verfahren zu der fristlosen Kündigung eines seit 18 Jahren beschäftigten Arbeitnehmers (Klägers) wegen eigenmächtiger Selbstbeurlaubung haben sich die Parteien jetzt darauf geeinigt, dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht und die fristlose Kündigung gegenstandslos ist. Jedoch erhält der Kläger wegen seiner Selbstbeurlaubung eine Abmahnung, die dieser auch akzeptiert.

Hintergrund dieser Einigung war folgender Fall:

Der schwerbehinderte 61-jährige ist als Schlosser bei dem beklagten Arbeitgeber beschäftigt. Eine ordentliche, fristgerechte Kündigung ist in dem Arbeitsverhältnis tariflich ausgeschlossen. Der Kläger hatte im Jahr 2010 fünf Urlaubstage nicht in Anspruch genommen, die daher in das erste Quartal des Jahres 2011 übertragen worden waren.

In dem Betrieb, in dem der Kläger tätig ist, gilt die Regelung, dass Urlaub beim Vorgesetzten zu beantragen ist und ohne vorherige Genehmigung auch nicht angetreten werden darf. Urlaubsansprüche aus dem Vorjahr bleiben nur auf schriftlichen Antrag und mit Genehmigung der Geschäftsleitung über den 31.03. des Folgejahres hinaus bestehen. Mitte März beantragte der hier Kläger daher bei seinem Vorgesetzten die fünf Tage Resturlaub aus 2010 und zwar für den Zeitraum vom 31.03.2011 bis zum 06.04.2011.

Der Vorgesetzte lehnte dies wegen der Langzeiterkrankung zweier Kollegen des Klägers und wegen entsprechenden Arbeitskräftebedarfs ab. Gleichzeitig bot aber an, bei der Personalabteilung nachzufragen, ob eine ausnahmsweise Übertragung des Resturlaubs über den 31.03.2011 ginge. Dies wurde aber letztlich auch abgelehnt.

Der Kläger erschien daraufhin vom 31.03.2011 bis zum 06.04.2011 nicht in der Arbeit und hinterließ nur einen schriftlichen Urlaubsantrag auf dem Schreibtisch seines Vorgesetzten.

Deshalb hatte der Arbeitgeber ihm das Arbeitsverhältnis gekündigt. Die dafür erforderlichen formalen Voraussetzungen, wie unter anderem die Zustimmung des für Schwerbehindertenangelegenheiten zuständigen Integrationsamtes, hatte er aber eingehalten.

In dem Rechtsstreit hat er dem Kläger eine vorsätzliche eigenmächtige Selbstbeurlaubung vorgeworfen. Eine Abmahnung sei daher nicht erforderlich gewesen, denn dem Kläger hätte klar sein müssen, dass sein Verhalten unmittelbar zur Kündigung führen werde. Zudem habe er seinem Vorgesetzten gegenüber am 30.03.2011 erklärt, er werde seinen Urlaub antreten und es sei ihm egal, ob er entlassen würde.

Der Kläger hatte die fristlose Kündigung dagegen als unverhältnismäßig angegriffen. Er habe zwar aus rechtlicher Unkenntnis und wegen der Befürchtung, sein Urlaub werde ansonsten verfallen, tatsächlich ohne vorherige Genehmigung eigenmächtig die fünf Tage Urlaub genommen. Den Fehler sehe er ein und entschuldige sich dafür. Allerdings sei auch das Verhalten seines Arbeitgebers, ihm erst am 30.03.2011 mitzuteilen, dass eine Übertragung des Resturlaubs über den 31.03. hinaus ausscheide, nicht in Ordnung gewesen. Die ihm vorgeworfene Äußerung gegenüber seinem Vorgesetzten am 30.03.2011 habe er aber nicht getätigt.

Das Gericht hatte zuvor noch darauf hingewiesen, dass die eigenmächtige Selbstbeurlaubung grundsätzlich auch ohne vorherigen Ausspruch einer Abmahnung die fristlose Kündigung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigen könne. Jedoch gebe es im Kündigungsschutzrecht keine absoluten Kündigungsgründe. Vielmehr sei immer noch zusätzlich in jedem Einzelfall im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung zu prüfen, welches die angemessene Reaktion auf ein Fehlverhalten eines Arbeitnehmers sei.

Da im vorliegenden Fall der Kläger bereits seit 18 Jahren beschäftigt gewesen sei, ohne dass es bisher zu einem vergleichbaren Vorfall oder gar zu einer Abmahnung gekommen wäre und da sein Arbeitgeber sich auch nicht einwandfrei verhalten habe, indem er den Urlaubsantrag des Klägers im Übertragungszeitraum mit einer nicht ausreichenden Begründung abgelehnt und dann nicht einmal einer Übertragung des Resturlaubs über den 31.03.2011 hinaus zugestimmt und ihm dies auch noch erst kurz vor Ablauf der Verfallfrist mitgeteilt habe, stelle sich die fristlose Kündigung als unverhältnismäßig dar.

Das rechtswidrige Verhalten des Klägers werde dadurch zwar nicht geheilt, könne vor diesem Hintergrund aber bestenfalls noch eine ordentliche, fristgerechte Kündigung rechtfertigen, die im vorliegenden Fall tarifvertraglich ausgeschlossen war, oder eine Abmahnung. Die Parteien haben sich daraufhin auf den Ausspruch einer Abmahnung verständigt.

Arbeitsgericht Krefeld – 1 Ca 960/11

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