Vor­for­mu­lier­te Aus­schluss­klau­seln in Ar­beits­ver­trä­gen müs­sen den Hin­weis ent­hal­ten, dass Min­dest­lohn­an­sprü­che nicht er­fasst sind, wenn der Ver­trag am 01.01.2015 oder spä­ter ge­schlos­sen wur­de. Nach Auffassung des BAG seien vorbehaltslose Ausschlussklauseln insgesamt unwirksam, wenn diese nicht zwischen den Ansprüchen auf den Mindestlohn und sonstigen Ansprüchen unterscheiden.

Viele Arbeitsverträge enthalten sogenannte Ausschlussfristen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in der Vergangenheit angenommen, dass pauschale ,also vorbehaltlose, Ausschlussklauseln wirksam sind, obwohl sie automatisch eine Vielzahl von unabdingbaren Ansprüchen vom Wortlaut, wie z.B. Urlaubsansprüche, vorrangige Ansprüche aus Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen und Ansprüche aus deliktischer Haftung, umfassen. Das BAG hielt solche Klauseln nur in Bezug auf die im konkreten Fall einschlägigen unabdingbaren Ansprüche für unwirksam, im Übrigen aber für bestandskräftig (vgl. BAG, Urteil v. 20. Juni 2013 – 8 AZR 280/12). Das BAG begründete seine Auffassung damit, dass die Parteien nur die von ihnen als regelungsbedürftige Fälle von den Ausschlussfristen erfasst wissen wollen. Fallkonstellationen, die zwingend durch gesetzliche Ver- oder Gebote geregelt sind, sei aber gerade nicht regelungsbedürftig.

Neue Rechtsprechung zu Ausschlussfristen

Vor dem Hintergrund des Mindestlohngesetzes (MiLoG) bricht das BAG mit dieser Rechtsprechung mit einer neueren Entscheidung (BAG Urteil vom 18.09. 2018 – 9 AZR 162/18).

Danach sollen nun vorbehaltslose Ausschlussklauseln insgesamt unwirksam sein, die nicht zwischen den Ansprüchen auf den Mindestlohn und sonstigen Ansprüchen unterscheiden. Mindestentgeltansprüche müssen namentlich ausdrücklich ausgenommen werden. Die Richter unterscheiden dabei nach Verträgen, die nach dem 31. Dezember 2014 (Neuverträge) und die vor dem 1. Januar 2015 (Altverträge) abgeschlossen wurden.  

Neuverträge, die nach dem 31. Dezember 2014 abgeschlossen wurden und hinsichtlich der Ausschlussregelungen in Arbeitsverträgen alle Ansprüche, somit auch den Mindestlohnanspruch umfassen, sind insgesamt unwirksam. Eine solche Klausel verstößt gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Denn diese Klausel ist nicht klar und verständlich, wenn diese Klausel entgegen § 3 Satz 1 MiLoG den ab dem 01. Januar 2015 zu zahlenden gesetzlichen Mindestlohn nicht ausnimmt. An die Stelle der vertraglichen Ausschlussklausel tritt gemäß § 306 BGB die gesetzliche Regelung. Dem Arbeitgeber ist es zumutbar, die fehlende Transparenz durch einen Klauselzusatz zu vermeiden.

Bei Altverträgen, also Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen, die vor dem 1. Januar 2015 abgeschlossen wurden, ist die Ausschlussklausel teilunwirksam. Maßgeblich sei die Rechtslage zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Da es vor dem 1. Januar 2015 noch kein MiLoG gab, könne die Klausel auch nicht intransparent gewesen sein. Vorsicht ist geboten, wenn ein Vertrag ursprünglich dem „Altvertrag“ unterfällt, aber nach dem 01. Januar 2015 geändert oder in eine neue Vereinbarung aufgenommen wird. Bei der Fortführung eines zuvor befristeten Arbeitsverhältnisses ist nach dem BAG entscheidend, ob die Ausschlussfristenregelung bei der Vereinbarung der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erneut Gegenstand der Vereinbarung war. Zu prüfen ist, ob eine zuvor vereinbare Ausschlussklausel erneut vereinbart werden soll und die Parteien trotz der geltenden Gesetzeslage durch Inkrafttreten des MiLoG an den zuvor getroffenen Vereinbarungen festhalten wollen. Ein deutlicher Ausdruck für einen solchen Willen sei beispielsweise in der Erklärung zu sehen, dass „alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsverhältnis unberührt bleiben“. Erst recht ist hiervon auszugehen, wenn die Parteien nicht nur allgemein auf die bisherigen Vertragsbedingungen Bezug nehmen, sondern die Ausschlussfristenregelung ausdrücklich erneut in den Vertrag aufnehmen. Hier dürfte kaum ein Fall denkbar sein, in dem die Ausschlussklausel nicht nach den Maßstäben für Neuverträge zu beurteilen wäre. Nach alledem sind Ausschlussfristen nur dann wirksam, wenn sie nicht zu einem Ausschluss des Mindestlohns führen.

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Bedeutung für die Praxis 

In der Praxis ist eine Klausel zu empfehlen, die alle gesetzlich unverzichtbaren Ansprüche aus der Ausschlussklausel wieder ausnimmt. Klarstellend können auch einzelne Gesetzte, wie das MiLoG ausgenommen werden. Dann sollte allerdings formuliert werden, dass die Aufzählung beispielhaften Charakter hat. Im Ergebnis bedeutet die BAG Entscheidung, dass für Arbeitnehmer deren Arbeitsverhältnisse in den letzten drei Jahren geendet haben die Möglichkeit besteht, etwaige noch offene Forderungen gegenüber ihrem ehemaligen Arbeitgeber zu verfolgen. Aber auch Ansprüche aus bestehenden Arbeitsverhältnissen, die unter Hinweis auf eine verfristete Geltendmachung nicht weiterverfolgt wurden, dürften nach dieser BAG Rechtsprechung durchsetzbar sein, wenn der Arbeitsvertrag nach dem 31. Dezember 2014 abgeschlossen oder der Altvertrag nach dem 01. Januar 2015 unter den aufgezeigten Bedingungen verändert wurde.

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