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Betriebsrat abwählen – Geht das überhaupt?

Es gibt viele potentielle Gründe dafür, den eigenen Betriebsrat abzuwählen. Aus Unternehmenssicht zum Beispiel dann, wenn der Betriebsrat sich nicht an seine Pflichten hält, so etwa Verschwiegenheitspflichten. Auch die Arbeitnehmerschaft kann sich nicht mehr richtig vertreten fühlen und eine Abwahl forcieren. Doch wer kann eine Abwahl überhaupt anregen und unter welchen Umständen ist diese möglich? Hier alles rund um das Misstrauensvotum und Auflösungsbedingungen von Betriebsräten.

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Antrag auf Auflösung des Betriebsrats

Ein Betriebsrat hat gegenüber dem Arbeitgeber viele Rechte, aber auch Pflichten. Nur im Falle einer groben Pflichtverletzung des Betriebsrats, ist es möglich einen Auflösungsantrag des Betriebsrats zu stellen. Alleine aus persönlichem Missfallen oder Sympathieverlust ist eine Abwahl hingegen nicht möglich. Dem Betriebsrat muss das klare pflichtwidrige Verhalten nachgewiesen werden.  

Doch wer kann einen solchen Antrag auf Auflösung überhaupt stellen?

Hier gibt §23 Abs. 1 Bertriebsverfassungsgesetz (BetrVG) Auskunft:

Mindestens ein Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer, der Arbeitgeber oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können beim Arbeitsgericht den Ausschluss eines Mitglieds aus dem Betriebsrat oder die Auflösung des Betriebsrats wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beantragen. 

§23 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)

Antragsberechtigt sind demnach:

  • Der Zusammenschluss aus mindestens einem Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer
  • Der Arbeitgeber
  • Eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft

Die Antragsberechtigung ist zudem an die entsprechende Pflichtverletzung gekoppelt. So kann der Arbeitgeber nur Auflösungsanträge aufgrund von Pflichtverletzung gegenüber ihm als Arbeitgeber stellen, nicht aber aufgrund von Pflichtverletzungen des Betriebsrats gegenüber der Arbeitnehmerschaft.

Beispiel 1:

Der Betriebsrat gibt in einer Betriebsversammlung geheimhaltswürdige Informationen aus einer internen Sitzung preis

–> Geheimhaltungspflichten verletzt, die dem Arbeitgeber gegenüber dem Betriebsrat zustehen

–> Auflösungsantrag durch den Arbeitgeber möglich

Beispiel 2:

Der Betriebsrat soll Stellung zu einer ausgesprochenen Kündigung eines Arbeitnehmers nehmen. Der Betriebsrat verpasst jedoch die Frist, was als Zustimmung zur Kündigung zu werten ist.

–> keine Pflichtverletzung gegenüber dem Arbeitgeber, sondern gegenüber dem gekündigten Mitarbeiter

–> Auflösungsantrag durch den Arbeitgeber nicht möglich


Pflichtverletzungen des Betriebsrats

Sehen wir uns die möglichen Pflichtverletzungen des Betriebsrats genauer an. Zunächst einmal wichtig: ein mögliches pflichtwidriges Verhalten setzt kein Verschulden voraus. Der Betriebsrat muss das Verhalten also nicht zwingend absichtlich begangen haben. In Betracht kommen auch fahrlässige Vergehen.

Zudem muss die Pflichtverletzung das gesamte Organ des Betriebsrats betreffen, nicht nur einzelne Mitglieder. Auch einzelne Mitglieder können für Pflichtverletzungen ausgeschlossen werden, jedoch soll sich dieser Überblick mit der Organ-Abwahl beschäftigen.

Eine Auflösung ist immer nur für denjenigen Betriebsrat möglich, der auch die Pflichtverletzung tatsächlich begangen hat – also nicht für Amtsnachfolger, deren Vorgänger eine Pflichtverletzung begangen haben.

Außerdem – so sieht es der Gesetzestext in §23 Abs. 1 S. 1 vor, muss die Pflichtverletzung „grob“ gewesen sein. Das bedeutet, dass das Verhalten des Betriebsrats erheblich und offensichtlich schwerwiegend war. Dies ist vom zuständigen Amtsgericht immer am Einzelfall zu entscheiden.

Wichtig zu verstehen ist, dass eine Auflösung des Betriebsrats ein schwerwiegendes juristisches Mittel darstellt und daher entsprechend hohe Ansprüche gestellt werden. In der Regel sieht das Amtsgericht eine entsprechende Auflösungsbedingung erst dann als erfüllt an, wenn die weitere Amtsausübung und damit die Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände im jeweiligen Einzelfall untragbar geworden ist.

Grobe Pflichtverletzungen können darin bestehen, dass der Betriebsrat seine Rechte überschreitet oder seine gesetzlichen Aufgaben nicht ausreichend wahrnimmt. Typische anerkannte Pflichtverletzungen sind:

Abwahl durch die Arbeitnehmer möglich:

  • Nichtdurchführung von Betriebsratssitzungen
  • Nichtbestellung eines Vorsitzenden und Stellvertreters
  • Nichtbestellung der Mitglieder des Gesamtbetriebsrats
  • Unterlassen der Einrichtung eines Betriebs- oder Wirtschaftsausschusses
  • Nichtberücksichtigung der Belegschafts-Belange bei der Terminierung von Betriebsversammlungen
  • Behandlung unzulässiger Themen auf Betriebsversammlungen
  • Beschlüsse, die gegen Schutzvorschriften verstoßen
  • Beschlüsse, die gegen Tarifverträge verstoßen
  • Verstöße gegen das Diskriminierungsverbot
  • Zum Nachteil der Belegschaft wahrgenommene Mitbestimmungsrechte

Abwahl durch die Arbeitgeber möglich:

  • Nichtberücksichtigung der betrieblichen Belange bei der Terminierung von Betriebsversammlungen
  • Abschluss einer gegen den Tarifvorbehalt verstoßenden Betriebsvereinbarung
  • Verstöße gegen das Verschwiegenheitsgebot

Auswirkungen der Auflösung

Wird der Auflösungsantrag beim zuständigen Amtsgericht gestellt, wird dieses schnellstmöglich prüfen, ob eine entsprechende Pflichtverletzung des Betriebsrats vorliegt. Weist das Amtsgericht das Begehen zurück, hat dies keine Konsequenzen – der Betriebsrat bleibt im Amt.

Bestätigt das Amtsgericht den Antrag, löst es durch rechtsprechendes Urteil den bestehenden Betriebsrat auf. Dies ist auch dann der Fall, wenn der Betriebsrat zwischenzeitlich seinen Rücktritt erklärt hat und übergangsweise die Geschäfte weiterführt. Problematisch ist, wenn die Amtszeit des Betriebsrats mittlerweile sowieso abgelaufen ist – dann kann eine Auflösung nicht mehr stattfinden, da es de facto keinen Betriebsrat mehr gibt.

Nach der Auflösung erfolgt die Einberufung eines Wahlvorstandes, der eine neue Betriebsratswahl organisiert. Mitglieder, die dem ausgelösten Betriebsrat angehörten können hier auch erneut kandidieren. Die Auflösung des Vorgänger-Gremiums steht dem nicht entgegen.

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Zusammengefasst

Eine Auflösung des Betriebsrats ist prinzipiell nur möglich, wenn dieser in grober Weise gegen seine gesetzlichen Pflichten verstoßen hat.
Gemäß §23 Abs. 1 Bertriebsverfassungsgesetz (BetrVG) sind dafür beim Amtsgericht antragsberechtigt: der Arbeitgeber, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Zusammenschluss von einem Viertel der wahlberechtigen Arbeitnehmer.
Nach der Auflösung können die Arbeitnehmer des Unternehmens einen neuen Betriebsrat gründen und dessen Mitglieder wählen lassen.