Die Eisschnellläuferin Claudia Pechstein verhandelt am 8. März 2016 nach mehreren Jahren endgültig vor dem Bundesgerichtshof gegen den Eislauf Verband ISU (International Skating Union). Im Kern geht es in dem Verfahren um die Frage, ob die zwischen Pechstein und dem ISU geschlossene Schiedsgerichtsvereinbarung wirksam ist. Bestätigt der BGH die Entscheidung des OLG München und bewertet die Schiedsgerichtsvereinbarung als unwirksam, kann Pechstein vor dem OLG München, wegen einer ihrer Meinung nach unberechtigten zweijährigen Dopingsperre, auf Schadensersatz klagen.

 Olympiasiegerin Claudia Pechstein – BGH entscheidet am 8. März ©-Thomas-Jansa-Fotolia
Olympiasiegerin Claudia Pechstein – BGH entscheidet am 8. März ©-Thomas-Jansa-Fotolia

ISU verlangt von Wettkampfathleten Unterzeichnung von Schiedsvereinbarung

Der internationale Eislauf Verband ISU organisiert weltweit Wettkämpfe in der Disziplin Eisschnelllauf. Für die Wettkampfteilnahme verpflichtend vom ISU vorgegebenist, dass Athleten eine Schiedsgerichtsvereinbarung unterzeichnen. Im Rahmen einer vorformulierten Wettkampfanmeldung verpflichten sich die Athleten dabei zur Einhaltung der Anti-Doping-Regeln des Weltverbandes. Gleichzeitig enthält die übliche Wettkampfmeldung eine Vereinbarung darüber, dass schiedsgerichtliche Verfahren ausschließlich vor dem CAS (Court of Arbitration for Sports) in Lausanne verhandelt werden. Athleten können dann nicht mehr vor staatlichen Gerichten klagen, sondern sind auf Klagen vor dem Sportgericht beschränkt.

Pechsteins Blutprobe auffällig

Im Rahmen der Eisschnelllauf-Weltmeisterschaft in Hamar im Jahre 2009 stufte der internationale Eischnelllauf-Weltverband eine Blutprobe Pechtsteins als auffällig ein. Die Probe enthielt erhöhte Retikulozytenwerte. Folge dessen war, dass der Verband die Probe als Nachweis eines Dopingvergehens einstufte und Pechstein für zwei Jahre von allen Wettbewerben ausgeschlossen hat. Pechstein selbst betonte immer, dass sie nicht gedopt habe. Hämatologen wiesen nach einiger Zeit nach, dass Pechstein eine vom Vater geerbte Blutanomalie habe. Diese Erkrankung sei ursächlich für die festgestellten erhöhten Retikulozytenwerte.Pechsteins Berufung vor dem CAS blieb genauso erfolglos wie das Revisionsverfahren vor dem Schweizer Bundesgericht.

Blutanomalie Grund für auffällige Dopingprobe

Da Pechstein vor den Sportgerichten keinen Erfolg hatte, führte Sie ihren Kampf gegen das gefühlte Unrecht vor ordentlichen deutschen Gerichten weiter. Im Januar 2015 hat dann das Oberlandesgericht München ihre Schadensersatzklage zugelassen und entschieden, dass die ehemals getroffene Schiedsvereinbarung zwischen dem ISU und Pechstein unwirksam sei. Die Richter am Oberlandesgericht argumentierten, dass ein im Zusammenspiel zwischen Athleten und ISU ein Missbrauch von Marktmacht stattfinde. Athleten würden gezwungen Schiedsvereinbarungen zu unterschreiben und sich einem Sportrechtssystem zu unterwerfen, ohne vor staatlichen Gerichten klagen zu können. Als problematisch erachtete der vorsitzende Richter, dass die Richter am Sportgericht ausschließlich von den einzelnen Verbänden besetzt würden und die Sportler selbst kein Mitspracherecht hätten. Insgesamt verstoße die Schiedsvereinbarung gegen Kartellrecht und sei daher nichtig. Der ISU ging gegen diese Entscheidung des OLG München in Revision.

Bundesgerichtshof entscheidet über die gerichtliche Zuständigkeit

Der Bundesgerichtshof wird nun am 8. März darüber entscheiden, ob die zwischen Pechstein und dem ISU unterzeichnete Schiedsvereinbarung wirksam ist. Entscheiden die Richter am Bundesgerichtshof, dass die Vereinbarung unwirksam ist, dann wird das OLG München neu über den Fall verhandeln. Pechstein wird dann insgesamt über 4 Millionen Euro Schadensersatz verlangen.

Urteil auch für andere Sportler von großer Bedeutung

Sollte der Bundesgerichtshof die Schiedsvereinbarung als unwirksam bewerten, hätte dieses Urteil große Auswirkungen auf Sportler aller Disziplinen. Die Unterzeichnung von Schiedsgerichtsvereinbarungen ist nicht nur im Eisschnelllauf üblich, sondern wird von vielen Sportverbänden verlangt. Nicht unwahrscheinlich wäre, dass Sportler dann die Wahl hätten, ob Verfahren vor den ordentlichen Gerichten oder der Sportgerichtsbarkeit verhandelt würden. (NIH)