Bei einer Rekordplenarsitzung von fast 18 Stunden verabschiedete der Bundestag das lange diskutierte „Gesetz für faire Verbraucherverträge“. Verbraucherverträge können in Zukunft einfacher gekündigt werden und eine automatische Verlängerung von befristeten Verträgen soll nur noch sehr eingeschränkt möglich sein. Verbraucher können nicht mehr durch verpasste Kündigungsfristen in unverhältnismäßig lange Vertragsverlängerungen gezwungen werden. Der Irrweg auf der Suche nach einer Adresse für die wirksame Kündigung könnte schon bald enden. Christian Solmecke, Rechtsanwalt und Partner der Kölner Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE, erklärt die wichtigsten Änderungen.

Rechtsanwalt Christian Solmecke: „Die Gesetzesänderung führt Erleichterungen zur Kündigung von Verbraucherverträgen wie Mobilfunk-, Fitnessstudio- oder Streamingdienst- Verträgen ein.

Die Kündigungsfrist beträgt grundsätzlich nicht mehr drei, sondern nur noch einen Monat. Verträge sollen sich künftig auch nur noch dann automatisch verlängern, wenn sich das Vertragsverhältnis auf unbestimmte Zeit verlängert und nicht gleich von vorneherein eine feste Vertragslaufzeit von einem ganzen Jahr festgelegt wird, wie es zurzeit häufig der Fall ist. Dem Verbraucher wird gleichzeitig das Recht eingeräumt, das verlängerte Vertragsverhältnis jederzeit mit einer Frist von höchstens einem Monat zu kündigen.

In der ersten Fassung des Gesetzesentwurfes war die Mindestvertragslaufzeit noch auf ein Jahr beschränkt. Dies hat aber in der Endfassung des Gesetzes keinen Einzug gefunden.

Wenn man einen Vertrag im Internet geschlossen hat, muss es nach dem neuen Gesetz außerdem einen „Kündigungsbutton“ auf der Internetseite geben, damit Verträge auf dieselbe Weise beendet werden können, wie sie geschlossen wurden. Die ewige Suche nach dem richtigen Kündigungsweg endet dann endlich!

Verträge müssen aber weiterhin aktiv durch den Verbraucher gekündigt werden. Sie laufen nicht einfach automatisch aus! Das ermöglicht den Vertragsparteien aber auch an einem Vertrag, mit dem beide zufrieden sind, zunächst festzuhalten.“

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Gilt das Gesetz auch für bereits geschlossene Verträge?

Solmecke weiter: „Für Verträge, die vor Inkrafttreten des Gesetzes geschlossen wurden oder jetzt gerade noch geschlossen werden, gilt die alte Rechtslage. Diese Kunden können also nicht direkt von den Erleichterungen Gebrauch machen. Allerdings gibt es eine Übergangszeit von 1,5 Jahren. Für die Übergangszeit gilt allerdings, dass es an dieser Stelle keine Rückwirkung des Gesetzes geben wird. Alle Verträge, die bis zum Inkrafttreten der neuen Regelung geschlossen werden, müssen nach bis dahin geltender Rechtslage behandelt werden. Profitieren können Verbraucher von den Regelungen also erst, wenn sie ihren neuen Vertrag nach dem Stichtag abschließen.“

Mehr Flexibilität und Wahlfreiheit

„Verbraucher können in Zukunft nicht mehr von der üblichen Vertragsverlängerung von oft einem Jahr überrascht werden, nur weil sie die vergessen haben zu kündigen“, so Christian Solmecke. Zwar kann eine Fitnessstudiomitgliedschaft beispielsweise auch künftig für mindestens bis zu maximal zwei Jahre geschlossen werden, ohne dies an weitere Voraussetzungen zu binden. Eine automatische Verlängerung ist aber nicht mehr einfach so möglich. Was schlecht für die Figur sein mag, hat Vorteile für den Verbraucher.

Verlängerungsklauseln sind nur noch wirksam, wenn sie die Verlängerung des Vertrages auf unbestimmte Zeit vorsehen und dem anderen Vertragsteil ein vertragliches Kündigungsrecht einräumen.

Eine weitere Neuerung in dem Gesetz für faire Verbraucherverträge betrifft außerdem die erforderliche Einwilligung in Telefonwerbung durch den Verbraucher. Dieser muss vor einem Werbeanruf per Telefon explizit sein Einverständnis dazu erklärt haben. Dieses Erfordernis bestand bisher sowieso schon durch die Regelungen der DSGVO und dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb. Neu ist jedoch, dass die Einwilligungserklärungen der Verbraucher 5 Jahre aufbewahrt werden müssen.

Christian Solmecke: Lange Vertragslaufzeiten und Kündigungsfristen haben bislang den Wettbewerb behindert und Verbraucher in ihrem Wahlrecht eingeschränkt. Mit dem neuen Gesetz wird dem nun endlich Rechnung getragen. Durch das Gesetz wird nun auch ein größerer Konkurrenzkampf zwischen den Anbietern entstehen, da Kunden schneller aus ihren Verträgen herauskommen und zur Konkurrenz wechseln können. Und mehr Wettbewerb ist in der Regel vorteilhaft für den Verbraucher. Ich bin davon überzeugt, dass es sich also auch künftig preislich positiv auswirken wird. Handy, Fitness- und Streamingtarife werden für Verbraucher günstiger.“