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Der wiederholte Cannabiskonsum kann den Entzug des Führerscheins begründen, wenn ein Autofahrer nicht klar zwischen seinem Konsum und der Teilnahme am Straßenverkehr trennt. Die rechtliche Bewertung des THC-Wertes im Blut anhand niedriger Grenzwerte, kann für Betroffene zur Falle werden. Eine Überschreitung der derzeit geltenden THC-Grenzwerte, bedeutet nämich nicht zwangsläufig, dass ein Autofahrer auch unter dem aktiven Einfluss von Cannabis steht.

Zum Hintergrund: Die Polizei hatte einen Autofahrer im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle angehalten und einen Alkoholtest durchgeführt. Der Alkoholtest ergab eine Blutalkoholkonzentration von 0,45 Promille. Darüber hinaus fielen den Polizisten gerötete Augen und eine träge Pupillenreaktion des Fahrers auf. Aufgrund der drogentypischen Anzeichen, ordneten die Beamteneinen Drogentest an. Das Ergebnis der Blutprobe offenbarte einen THC-Wert von 2,3 ng/ml und einen THC-Carbonsäurewert von 46 ng/ml im Blut des Autofahrers.

Der Autofahrer erklärte, dass er grundsätzlich keine Drogen konsumiere. Gleichzeitig räumte er jedoch ein, dass ihm vor einer Woche auf einer Party eine Pfeife angeboten wurde, an der er gezogen habe. Er sei davon ausgegangen, dass die Pfeife mit einer Kräutermischung und nicht mit Cannabis gefüllt war.

Führerscheinentzug aufgrund mangelnder Fahreignung

Die zuständige Behörde entzog dem Autofahrer aufgrund des Ergebnisses der Blutprobe den Führerschein. Die Behörde begründete den Führerscheinentzug damit, dass von einem gelegentlichem Cannabiskonsum des Fahrers auszugehen sei. THC könne nach Erkenntnissen der Rechtsmedizin grundsätzlich nur maximal 24 Stunden im Blut nachgewiesen werden. Der von dem Autofahrer eingeräumte unfreiwillige Cannabiskonsum auf der Party, könne daher den positiven THC-Wert nicht erklären. Es müsse davon ausgegangen werden, dass der Autofahrer nicht nur einmalig, sondern wiederholt und damit gelegentlich Cannabis konsumiert habe. Dabei habe der Fahrer aber nicht streng zwischen Cannabiskonsum und dem Autofahren unterschieden. Darüber hinaus habe der Autofahrer gleichzeitig Alkohol getrunken, so dass von einem Mischkonsum auszugehen sei, der die Fahreignung ausschließe.

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Verwaltungsgericht bestätigt Führerscheinentzug

Der Autofahrer hat den Führerscheinentzug nicht akzeptieren wollten und Klage vor dem Verwaltungsgericht Trier (Urteil vom 30.01.2017, Az. 1 K 2124/16) eingereicht. Das Gericht entschied nun, dass der Entzug des Führerscheins rechtens war. Das Gericht begründete seine Entscheidung vor allem damit, dass der Fahrer als Gelegenheitskiffer nicht zwischen seinem Drogenkonsum und der Teilnahme am Straßenverkehr getrennt habe. Die Erklärungen des Fahrer würden darauf schließen lassen, dass er nicht nur einmalig Cannabis konsumiert habe. Vielmehr sei auszuschließen, dass der eingeräumte Cannabiskonsum auf der mehrere Tage zurückliegenden Party für den während der Kontrolle festgestellten THC-Wert von 2,3 ng/ml ursächlich war. Die Höhe des THC-Wertes deute darauf hin, dass der Fahrer auch noch nach der Party Cannabis konsumiert habe.

Für die Annahme eines gelegentlichen Cannabiskonsums spreche auch der THC-Carbonsäurewert von 46 ng/ml. Letztlich sei der Autofahrer auch Mischkonsument, da er sowohl einen THC-Wert von 2,3 ng/ml hatte, als auch eine Blutalkoholkonzentration von 0,45 Promille.

Hintergrund – Fahrerlaubnisverordnung und Konsum von Cannabis

Nach der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) reicht der nur gelegentliche Cannabiskonsum grundsätzlich nicht aus, um eine fehlende Fahreignung und den Führerscheinentzug begründen zu können. Möglich wird der Entzug des Führerscheins jedoch dann, wenn neben dem gelegentlichen Cannabiskonsum, noch weitere belastende Umstände hinzutreten. Einschlägig ist dabei beispielsweise der Mischkonsum von Cannabis und Alkohol, aber auch das Fahren eines Autos.

Die Rechtsprechung nimmt an, dass einem Cannabiskonsumenten aufgrund charakterlicher Mängel die Fahreignung fehlt, wenn er trotz Cannabiskonsums und einer nicht auszuschließenden drogenkonsumbedingten Fahruntüchtigkeit am Straßenverkehr teilnimmt. Für Betroffene ist daher die Festlegung der Grenzwerte entscheidend, ab welcher THC-Konzentration die Verwaltungsgerichte von einer aktiven Wirkung und einem fehlenden Trennungsvermögen ausgehen.

Problem willkürlicher Grenzwerte

Selbstverständlich dürfen sich Cannabiskonsumenten unter keinen Umständen berauscht hinters Steuer setzen. Problematisch ist jedoch die willkürliche Festlegung der Grenzwerte, ab wann die Rechtsprechung von einer Rauschfahrt oder einem gelegentlichem Konsum ausgeht. Der Abbau von Cannabis ist stark abhängig von der persönlichen körperlichen Verfassung eines Cannabiskonsumenten. Der in Deutschland durch die Rechtsprechung meist angewandte Grenzwert von 1 ng/ml – der unter Umständen noch Tage nach dem letzten Konsum nachweisbar ist – birgt die Gefahr, dass Cannabiskonsumenten ihren Führerschein verlieren, obwohl sie zum Kontrollzeitpunkt nicht unter dem aktiven Einfluss der Droge standen.

Der Vergleich mit den Grenzwerten anderer Länder zeigt, dass die Beurteilungen darüber, ab wann von einer Rauschfahrt auszugehen ist, weit auseinandergehen. In der Schweiz liegt der Grenzwert beispielsweise bei 3 ng/ml. Im US-Bundesstaat Colorado dürfen Autofahrer sogar bis zu einem THC-Wert von 10 ng/ml am Straßenverkehr teilnehmen. Selbst die Grenzwertkommission, deren Beurteilungen jedoch für die Gerichte nicht bindend wirken, schlägt seit Ende 2015 einen THC-Grenzwert von 3 ng/ml vor. Erst ab Erreichen dieses Grenzwertes, sollte die Rechtsprechung von einem fehlendem Trennungsvermögen zwischen Cannabiskonsum und der Teilnahme am Straßenverkehr ausgehen.

Überprüfungsaufforderungen durch Fahrerlaubnisbehörde

Eine Gefahr für den Führerschein droht auch durch Überprüfungsaufforderungen durch die Fahrerlaubnisbehörde. Häufig werden Cannabiskonsumenten, die beispielsweise nur im Zusammenhang mit dem Besitz einer geringen Menge Gras auffällig wurden, zur Teilnahme an einem Drogentest aufgefordert. Wirken Betroffene nicht mit, wird der Führerschein entzogen. Ergibt das Drogenscreening, dass der gemessene THC-Carbonsäure-Wert auf einen regelmäßigen Cannabiskonsum hindeutet, geht die Fahrerlaubnisbehörde von einer mangelnden Fahreignung aus und entzieht den Führerschein.

Goldene Regeln in einer Polizeikontrolle

Klar ist, dass Cannabiskonsumenten um ihren Führerschein bangen müssen, sobald sie im Zusammenhang mit dem Besitz oder dem Konsum von Cannabis straf- oder verwaltungsrechtlich auffällig werden. Wird der Führerschein einmal entzogen, muss dieser nach einer üblicherweise mehrmonatigen Sperrfrist erneut beantragt werden. Voraussetzung ist dann regelmäßig das erfolgreiche Bestehen einer Medizinisch-Psychologischen-Untersuchung (MPU). Betroffene sollten im Falle einer Polizeikontrolle einige Grundregeln beachten, um die Chancen einer erfolgreichen Verteidigung gegen einen Entzug des Führerscheins nicht zu schmälern:

  • Betroffene sollten keinem freiwilligen Drogentest zustimmen.
  • Betroffene sollten keine Aussagen zum eigenen Konsummuster tätigen.
  • Betroffene sollten den Konsum nach einer Polizeikontrolle konsequent einstellen.

Abzuwarten bleibt, ob und wie die Verwaltungsgerichte mit der Empfehlung der Grenzwertkommission zur Erhöhung des THC-Grenzwertes auf 3 ng/ml umgehen. Erkennbar ist jedoch bereits jetzt, dass sich die Verwaltungsgerichte noch schwer tun, der Empfehlung zur Erhöhung des THC-Grenzwertes zu folgen. So sind der Verwaltungsgerichtshof München (Beschl. v. 23.05.2016, Az. 11 CS 16.690), das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (Urt. v. 20.01.2016, Az. 9 K 1253/15) und das Verwaltungsgericht Aachen (Urt. v. 07.03.2016, Az. 3 L 972/15) auch im Jahr 2016 weiterhin von einem THC-Grenzwert von 1 mg/nl ausgegangen.

In diesem Zusammenhang ist auch unser Beitrag “OLG Karlsruhe: Kein Schmerzensgeld für Polizei-Datenspeicherung wegen Cannabis” interessant.

nha


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