Gute Nachrichten für Internet-Recorderdienste aus Karlsruhe. Mit einem aktuell veröffentlichten Urteil stellt der Bundesgerichtshof klar, dass der Radiorecorderdienst Zeezee nicht als Hersteller urheberrechtswidriger Vervielfältigungen anzusehen sei. Durfte der Betreiber seinen Nutzern Musiktitel aus Radiosendungen zum Download zur Verfügung stellen, wenn diese die Titel ausschließlich privat konsumierten? Darüber hat nun erneut die Vorinstanz zu entscheiden. Es bleibt spannend. 

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 5. 3. 2020 zugunsten des Internet-Radiorecorderdienstes Zeezee Media ein Machtwort gesprochen (BGH, Urteil vom 5. 3. 2020 – I ZR 32/19). Zeezee wird von Usern genutzt, die Songs aus Webradios für private Zwecke aufzeichnen wollen. Die Funktionsweise des Online-Angebots ist einfach: Nutzer können sich bei Zeezee einen Account anlegen und dann eine Wunschliste von Musiktiteln erstellen, die früher oder später in den Webradios liefen. Die Titel werden ihnen später zum Download bereitgestellt. Das rief die Musikindustrie auf den Plan. Es kam zu einer jahrelangen juristischen Auseinandersetzung mit dem Plattenlabel Universal Music, die bis heute andauert. Das Plattenlabel klagte auf Unterlassung der angeblich rechtwidrigen Vervielfältigung des Musikalbums „Mit den Gezeiten“ der deutschen Band Santiano. Diese sei auf Zeezee ohne dessen Zustimmung öffentlich angeboten worden. 

Soforthilfe vom Anwalt

Sie brauchen rechtliche Beratung? Rufen Sie uns an für eine kostenlose Ersteinschätzung oder nutzen Sie unser Kontaktformular.

Wir sind bekannt aus

OLG Hamburg: Zeezee als Hersteller einer urheberrechtswidrigen Vervielfältigung

Die Sache ging durch die Instanzen vom Landgericht (LG) an das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg, vor denen der Recorderdienst jeweils eine herbe Niederlage einstecken musste. Die Hamburger Richter am Oberlandesgericht entschieden in einem Urteil vom 17. Januar 2019 (OLG Hamburg, Urteil vom 17.01.2019 – 5 U 18/17), Zeezee sei als Hersteller der urheberrechtswidrigen Vervielfältigungen an dem Musikstück anzusehen. Der Dienst bestimme nämlich selbst, welche Radiosendungen aufgezeichnet würden, um die Musiktitel für die Nutzer bereitzustellen. Zeezee war also „aktiv und entscheidend an der Vervielfältigung der (Musik-)Kopie beteiligt“. Das OLG Hamburg begründete seine Entscheidung auch mit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von 2017 (EuGH, Urt. v. 29.11.2017 – C-265/16 – VCAST/RTI). Demnach müssen die Rechteinhaber zustimmen, wenn ein Online-Dienst seinen Nutzern eine Kopie ihrer Werke über eine Cloud zur Verfügung stellt. So werde das Recht der öffentlichen Wiedergabe verletzt. Eine solche Verletzung liege auch dann vor, wenn der Download an einen bestimmten Nutzer-Account gekoppelt sei.

BGH: Nutzung von Zeezee aufgrund § 53 UrhG möglicherweise zulässig

Der BGH trat dieser Bewertung nun entgegen. Der Zeezee-Nutzer sei als Hersteller der Vervielfältigungen anzusehen. Die Aufzeichnung des Musikstücks erfolge nämlich auf dessen Antrag hin vollständig automatisiert ohne menschlichen Eingriff von außen. Entscheidend ist, dass der Zeezee-Nutzer durch seine Einstellungen den Aufzeichnungsvorgang in Gang setzt. 

Im Hinblick auf den Zeezee-Nutzer ist das Herstellen der Vervielfältigungen nach § 53 UrhG möglicherweise zulässig. Nach § 53 Abs. 1 S.1 UrhG sind „einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen Trägern zulässig“. Mit den Vervielfältigungen dürfen jedoch keine Erwerbszwecke verfolgt werden. „Zudem darf nicht eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage für das Vervielfältigen verwendet werden“. Ob das Zeezee vorzuwerfen ist, muss nun wieder das Oberlandesgericht Hamburg entscheiden. 

Ähnliche Bewertung des BGH bei Online-Videorecorderdiensten

Der BGH hatte in anderen Verfahren zu Online-Videorecorderdiensten (BGH, Urteil vom 22. April 2009 I ZR 216/06,  Internet-Videorecorder I; Urteil vom 11. April 2013 I ZR 152/11,  Internet-Videorecorder II) bisher die gleichen Maßstäbe angesetzt. Seinerzeit war RTL gegen die Videorecorderdienste Save TV und Shift TV vorgegangen. Anbieter wie Save TV und Shift TV empfangen die Sendesignale verschiedenster in Deutschland ausgestrahlter Fernsehprogramme mittels eigener Satelliten-Antennen und speichern sie für einen Kunden, wenn dieser eine Sendung aufnehmen will. Der Kunde hat die Möglichkeit, die Sendung daraufhin, so oft er will, anzusehen oder herunterzuladen. Auch in diesen beiden Verfahren sahen die Karlsruher Richter den privaten Nutzer und nicht Save TV und Shift TV als Hersteller von Vervielfältigungen der Sendungen an. RTL wurde dadurch ein Stück weit in die Schranken gewiesen. 

Nun ist eine erneute höchstdifferenzierte Leitsatzentscheidung der Bundesrichter in diese Richtung jedenfalls zu begrüßen. 

mle