Gesetzesentwurf gegen Internet-Abzocke: Hilfe gegen Abmahnwahn?
30. Januar 2013
Vor über einem Jahr wollte Bundesjustizministerien Leutheusser Scharrenberger energischer gegen die Missstände im Bereich der Filesharing-Abmahnungen und gegen andere Abzockmethoden – wie Gewinnspiele als Köder für Abofallen und unseriöse Inkassomethoden – vorgehen. Jetzt liegt der Gesetzesentwurf vor. Fraglich ist jedoch, ob er dem Abmahnwahn im Filesharing-Bereich wirklich Einhalt gebietet.
Wie der Abmahnwahn bekämpft werden soll
Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf zum besseren Schutz von Verbrauchern vor unseriösen Geschäftspraktiken im Internet und am Telefon sieht nach einem aktuellen Bericht in der Süddeutschen Zeitung insbesondere vor, dass überzogene Filesharing-Abmahnungen wegen dem angeblichen Verbreiten vor urheberrechtlich geschützten Dateien eingedämmt werden sollen. Dies soll dadurch geschehen, dass bei der ersten Abmahnung eines Anschlussinhabers normalerweise die geforderte Gebühr auf einen Betrag in Höhe von 155,30 Euro (zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer) begrenzt sein soll. Anders soll dies hingegen dann sein, wenn die Urheberrechtsverletzung im gewerblichen Ausmaß erfolgt ist.
Darüber hinaus sieht der Gesetzesentwurf vor, dass unberechtigte Abmahnungen wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen im Filesharing-Bereich durch eine detaillierte Auflistung über die Ermittlung des Internetanschlusses im Abmahnschreiben verhindert werden sollen.
Nach meiner Einschätzung ist es sehr fragwürdig, ob dieser Gesetzesentwurf wirklich zu einer Eindämmung des Abmahnwahns durch die Musikindustrie führt. Er wird vielmehr zu neuen Rechtsproblemen führen.
Stellungnahme zu BMJ-Gesetzesentwurf: Massenabmahnungen werden kaum verhindert
Problematisch ist vor allem, dass der Begriff des gewerblichen Ausmaßes im Zusammenhang mit Filesharing-Urheberrechtsverletzungen umstritten ist. Er wird -auch mangels einer klaren Definition durch den Gesetzgeber- von den Gerichten unterschiedlich ausgelegt. Beispielsweise bejaht das Oberlandesgericht Köln ein gewerbliches Ausmaß bereits dann, wenn aktuelle Lieder und aktuelle Filme getauscht werden. Dies führt dazu, dass Privatleute auch bei einer Erstabmahnung nicht vor hohen Abmahngebühren geschützt werden. Und das, obwohl Filesharing-Abmahnungen gewöhnlich für die Anwälte mit einem geringen Arbeitsaufwand verbunden sind, der häufig in keinem Verhältnis zu den in Rechnung gestellten Abmahnkosten steht.
Zwar finden wir begrüßenswert, dass die Ermittlung der IP-Adresse bereits in der Abmahnung angegeben werden muss. Dies muss jedoch in der Praxis nicht vor Abmahnungen schützen, die offensichtlich unberechtigt sind. Eine von uns betreute Mandantin – eine Rentnerin – wurde wegen Filesharings abgemahnt, obwohl sie über kein Internet verfügt. Kurioserweise stand in der Abmahnung eine IP-Adresse angegeben. Darüber hinaus wurde auch ausgeführt, wie die Rückverfolgung erfolgt sein soll. Es ist also leider damit zu rechnen, dass der Gesetzesentwurf in der Realität kaum zu Verbesserungen gegenüber der bislang vorgesehenen Deckelung der Abmahnkosten in § 97a Abs. 2 UrhG führt.
Weitere Intentionen des Gesetzesentwurfes
Der Gesetzesentwurf sieht schließlich vor, dass unerwünschte Telefonanrufe sowie Abofallen vor allem dadurch bekämpft werden sollen, dass Verträge über Gewinnspiele schriftlich oder per E-Mail abgeschlossen werden müssen. Ansonsten sollen sie unwirksam sein. Darüber hinaus soll gegen dubiose Inkasso-Methoden dadurch vorgegangen werden, dass Inkassofirmen ausführlich über die angeblich bestehende Forderung sowie anfallende Gebühren Auskunft erteilen müssen.
Sofern Sie sich allgemein über die Thematik der Filesharing-Abmahnungen informieren möchten, so können wir Ihnen unsere Übersichtsseite ans Herz legen. Diese enthält auch einen ausführlichen Ratgeber.
Filesharing-Spezial – Übersicht über unser gesamtes Informationsangebot
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Kategorien: Abmahnung Filesharing
[…] Als Reaktion auf die bisher bedeutungslos gebliebene Fassung des § 97 a Abs. 2 UrhG, die eine Reduzierung der Abmahngebühren für erstmalige Abmahnungen gegenüber Privaten auf 100 EUR vorsieht, hat die Bundesregierung eine Reduzierung des Streitwerts für urheberrechtliche Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche gegenüber Privatpersonen auf 1.000,00 EUR vorgeschlagen. Dieser gut gemeinte Ansatz ist von vielen Kollegen kritisiert worden, da er nicht geeignet sei, das Abmahnwesen in seiner aktuellen Form einzudämmen (siehe z.B. die Einschätzung des Kollegen Christian Solmecke). […]