Bausparkassen dürfen von ihren Kunden in der Anspar-Phase keine pauschale Jahresgebühr für den Bausparvertrag berechnen. Ein solches Entgelt benachteilige die Bausparer unangemessen, weil damit Kosten für Verwaltungstätigkeiten auf sie abgewälzt würden, so der BGH.

Knapp 24 Millionen Bausparverträge gibt es in Deutschland, auf jeden zweiten Haushalt kommt rechnerisch einer. Doch welche Gebühren oder Pauschalen für Bausparer sind rechtmäßig? Nach einem ersten Urteil 2017 hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun einer Klage des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (vzbv) recht gegeben und die Kontogebühr gekippt. Bausparkassen dürfen von ihren Kunden damit auch in der Sparphase keine pauschale Gebühr wie z.B. ein Jahresentgelt verlangen (BGH, Urteil vom 15. November 2022, Az. XI ZR 551/21). 

Der BGH betonte, dass mit einer jährlichen Kontogebühr Kosten für Verwaltungstätigkeiten auf die Bausparer abgewälzt würden. Zur Kontoverwaltung seien die Bausparkassen aber gesetzlich verpflichtet. Das Urteil dürfte nun bundesweite Auswirkungen haben: Viele Bausparer können jetzt nämlich Erstattungsansprüche geltend machen.

Das Urteil in dem Verfahren dürfte für alle Bausparkassen gelten, die die Klausel bisher verwendet haben. Kunden können daher nun einen Anspruch haben, bezahlte Gelder rückwirkend zurückzufordern.

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Verbraucherzentrale klagte gegen Klausel in Bausparvertrag

Der vzbv wandte sich mit seiner Klage gegen eine Klausel in den Bausparverträgen der BHW Bausparkasse. Die BHW verwendet in ihren Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge u.a. die folgende Bestimmung:

“Die Bausparkasse berechnet während der Sparphase jeweils bei Jahresbeginn – bei nicht vollständigen Kalenderjahren anteilig – für jedes Konto des Bausparers ein Jahresentgelt von 12 EUR p.a.”

Der vzbv hält die Klausel für unwirksam, da sie die Bausparer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Er nahm daher die BGH Bausparkasse darauf in Anspruch, es zu unterlassen, diese oder eine inhaltsgleiche Klausel gegenüber Verbrauchern in Bausparverträgen zu verwenden und sich bei der Abwicklung von Bausparverträgen auf die Klausel zu berufen.

Die Vorinstanzen, das Landgericht (LG) Hannover (Urteil vom 29. Januar 2021, Az. 13 O 19/20) sowie das Oberlandesgericht (OLG) Celle (Urteil vom 17. November 2021, Az. 3 U 39/21 (WM 2022, 659), hatten der Unterlassungsklage stattgegeben und damit dem Verband recht gegeben. Mit der vom OLG zugelassenen Revision verfolgte die BHW ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Urteil des Bundesgerichtshofs:

Der BGH schloss sich nun den Urteilen an. da die angefochtene Klausel als Preisnebenabrede der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliege, dieser aber nicht standhalte.

Das in der Ansparphase eines Bausparvertrags erhobene Jahresentgelt sei weder Gegenleistung für eine vertragliche Hauptleistung noch Entgelt für eine Sonderleistung der BHW Bausparkasse und damit keine kontrollfreie Preishauptabrede, so der BGH. Die von der Bausparkasse in der Ansparphase geschuldete Hauptleistung bestehe einerseits in der Zahlung der Zinsen auf das Bausparguthaben sowie andererseits darin, dem Bausparer nach der Leistung der Bauspareinlagen einen Anspruch auf Gewährung eines niedrig verzinslichen Bauspardarlehens aus der Zuteilungsmasse zu verschaffen.

Mit dem Jahresentgelt würden demgegenüber Verwaltungstätigkeiten der Bausparkasse in der Ansparphase bepreist, die sich mit der bauspartechnischen Verwaltung, Kollektivsteuerung und Führung einer Zuteilungsmasse umschreiben ließen. Hierbei handele es sich, nach Überzeugung der BGH-Richter, lediglich um notwendige Vorleistungen, nicht aber um eine von der Bausparkasse in der Ansparphase geschuldete Hauptleistung.

Jahresentgelt in Ansparphase benachteiligt Bausparer

Der danach eröffneten Inhaltskontrolle hielte die AGB-Klausel nicht stand. Sie sei vielmehr unwirksam, weil die Erhebung des Jahresentgelts in der Ansparphase eines Bausparvertrags mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar sei und die Bausparer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Mit dem Jahresentgelt würden schließlich Kosten für Verwaltungstätigkeiten auf die Bausparer abgewälzt, welche die Bausparkasse aufgrund einer eigenen gesetzlichen Verpflichtung zu erbringen habe.

Die Abweichung der Entgeltklausel von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung sei auch bei der gebotenen pauschalisierenden Gesamtbetrachtung nicht durch bausparspezifische Individualvorteile der einzelnen Bausparer sachlich gerechtfertigt.

Bausparer müssten in der Ansparphase bereits hinnehmen, dass ihre Spareinlagen bezogen auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Bausparvertrags nur vergleichsweise niedrig verzinst werden. Außerdem könnten Bausparkassen bei Abschluss des Bausparvertrags von den Bausparern eine Abschlussgebühr verlangen. Mit dem Jahresentgelt werde auch kein Beitrag zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Bausparwesens geleistet, der geeignet wäre, die mit seiner Erhebung für den einzelnen Bausparer verbundenen Nachteile aufzuwiegen.

In der im aktuellen Verfahren im Fokus stehende Sparphase, zahlen Bausparer einen Teil der Bausparsumme zunächst selbst ein. Ist der Vertrag sodann zuteilungsreif, beginnt die sogenannte Darlehensphase, in der der Bausparkunde den restlichen Betrag als Darlehen in Anspruch nehmen kann. Für diese Darlehensphase hatte der BGH bereits im Jahr 2017 entschieden, dass jährliche Kontogebühren unzulässig seien (Urt. v. 09.05.2017, Az. XI ZR 308/15). Seinerzeit setzte sich die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen mit ihrer Unterlassungsklage gegen die Badenia Bausparkasse durch, die zum Versicherungskonzern Generali Deutschland gehört. Die Kosten für die Führung und Verwaltung der Konten dürften nicht auf die Kunden abgewälzt werden, da die Überwachung der Konten überwiegend im Interesse des Kreditgebers liege. Für Bausparkassen gelte da keine Ausnahme, so der BGH seinerzeit.

tsp