Am 10.09.2020 wurde im Bundestag über den aktualisierten Entwurf des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs abgestimmt und das neue Gesetz beschlossen, nachdem es nur einen Tag zuvor den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz passiert hatte. Nun ist der Bundesrat dran.

Der Gesetzentwurf sieht zur Eindämmung missbräuchlicher Abmahnungen höhere Anforderungen an die Befugnis zur Geltendmachung von Ansprüchen, die Verringerung finanzieller Anreize für Abmahnungen, mehr Transparenz sowie vereinfachte Möglichkeiten zur Geltendmachung von Gegenansprüchen vor. Hierdurch wird ein deutlich verbesserter Schutz gegen missbräuchliche Abmahnungen hergestellt.

Mitbewerber, eingetragene Wirtschaftsverbände

Zum einen müssen Mitbewerber künftig tatsächlich geschäftlich tätig sein. Diese Voraussetzung wird insofern verschärft, als dass sie in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich ähnliche Waren oder Dienstleistungen vertreiben oder nachfragen müssen.

Viel brisanter ist hingegen die Anspruchsberechtigung für eingetragene Wirtschaftsverbände. Diese sind zum Ausspruch von Abmahnungen nunmehr nur noch berechtigt, wenn sie so genannte qualifizierte Wirtschaftsverbände sind. Dabei fordert das Gesetz zusätzliche Anforderungen an eben diese Vereine. So müssen sie einen erheblichen Anteil von Unternehmen auf dem jeweils spezifischen Markt repräsentieren. Die satzungsgemäße Aufgabe des Vereins muss die Verfolgung und Förderung gewerblicher und selbständiger beruflicher Interessen, sowie die  Beratung und Information zu Fragen des unlauteren Wettbewerbs sein. Diese Aufgaben muss der Verein auch seit mindestens einem Jahr ausgeübt haben. Weitere Voraussetzung ist, dass der Verein mindestens 75 Unternehmen als Mitglieder aufweisen kann. Verschärfend kommt hinzu, dass die dauerhaft wirksame und sachgerechte Fortführung dieser satzungsgemäßen Aufgaben des Vereins gesichert sein muss.

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Auch dürfen Mitglieder des Vereins keinerlei Zuwendung aus dem Vereinsvermögen erhalten und Personen, die für den Verein tätig sind auch keine unangemessen hohe Vergütung oder andere Zuwendungen erhalten.

Der Abmahnende muss nunmehr die vorgenannten Voraussetzungen nachweisen.

Klare Informationen, Ansprüche werden gedeckelt

Auch inhaltlich verlangt das Gesetz in § 13 UWG-E detailliertere Vorgaben an die Gestaltung der Abmahnungen. Vorformulierte und nicht auf den Einzelfall gemünzte Abmahnungen sollen dadurch vermieden werden. Natürlich steigt damit auch das Haftungsrisiko der ggf. unberechtigt Abmahnenden.

So muss eine zukünftige Abmahnung klar festgelegte Informationen darüber enthalten, welches ganz konkrete Verhalten dem Abgemahnten vorgeworfen wird und warum dieses Verhalten zu einer Rechtsverletzung führt. Nur wenn die inhaltlichen Anforderungen an die Abmahnung entsprechend des § 13 Abs. 2 UWG-E erfüllt sind, entsteht auch der Anspruch.

Bei Verstößen gegen Informations- und Kennzeichenpflichten in Telemedien sah der Entwurf einen Ausschluss des Aufwendungsersatzes für den Abmahnenden vor, § 13 Abs. 4 UWG-E. Anwendbar ist die Änderung auf Abmahnungen, die Verstöße gegen die Impressumpflicht, die Pflicht zur Widerrufsbelehrung oder Vorschriften des PAngV betreffen.

Der Vorschlag wurde ohne Änderung in das neue Gesetz übernommen und mit Verstößen gegen die DSGVO für Unternehmen und gewerblich tätige Vereine, sofern sie weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigen, erweitert. Somit werden auch Abmahnende, die Verstöße gegen die Vorschriften der DSGVO rügen, keinen Anspruch auf Kostenerstattung geltend machen können.

Bei unberechtigter Abmahnung oder formalen Fehlern, sah der ursprüngliche Entwurf einen Gegenanspruch in Form eines Schadensersatzes des Abgemahnten gem. § 13 Abs. 5 UWG-E vor, der ohne Änderungen in das neue Gesetz übernommen wurde. Ob der Abmahnende bei Ausspruch der Abmahnung vorsätzlich missbräuchlich handelt, ist dabei unerheblich. Vielmehr kommt es allein auf das objektive Vorliegen des Rechtsverstoßes oder Formfehlers an.

Das Gesetz sieht jetzt allerdings einschränkend vor, dass der Gegenanspruch auf den Betrag des vom Abmahnenden geltend gemachten Aufwendungsanspruchs gedeckelt ist.

Der ursprüngliche Zweck des Gegenanspruches, Abmahnungen durch ein erhöhtes finanzielles Risiko auf ausschließlich berechtigte Abmahnungen zu reduzieren, wird dadurch erheblich in seiner Effektivität beschränkt. Durch die Deckelung des Anspruches bestimmt der Abmahnende sein finanzielles Risiko selbst und wird weitaus weniger daran gehindert, unberechtigte Abmahnung zu versenden.   

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Missbräuchliche Abmahnungen, Vertragsstrafe, Fliegender Gerichtsstand

Abmahnungen die missbräuchlich gegenüber dem Mitbewerber ausgesprochen werden, sollen ebenfalls zu einem Gegenanspruch des Abgemahnten führen, § 8 c Abs. 3 UWG-E. Zur Feststellung, wann eine Abmahnung missbräuchlich Ansprüche geltend macht, enthielt der Entwurf eine Liste von Fallgestaltungen, die im neuen Gesetz weiter konkretisiert wurde.
So ist zum Beispiel eine missbräuchliche Geltendmachung im Zweifel anzunehmen, wenn


„1. die Geltendmachung der Ansprüche vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder von Kosten der Rechtsverfolgung oder die Zahlung einer Vertragsstrafe entstehen zu lassen,“

oder,

„3. ein Mitbewerber den Gegenstandswert für eine Abmahnung unangemessen hoch ansetzt,“

Erforderlich ist allerdings stets eine umfassende Würdigung der Gesamtumstände, sodass den Fallgestaltungen lediglich Indizwirkung zukommen kann.

Neue Einschränkungen finden sich nunmehr auch in den Regelungen zur Vertragsstrafe. So schließt § 13a Abs. 2 UWG-E die Vereinbarung einer Vertragsstrafe mit einem Mitbewerber aus, wenn der Mitbewerber zum ersten Mal eine Unterlassungsverpflichtung fordert und der jeweilige Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt. Eine Ausnahme dazu bildet die Abmahnung durch einen Wirtschaftsverband, eine qualifizierte Einrichtung, eine Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer oder Gewerkschaft. Diese Abmahnenden sollen weiterhin ohne Einschränkung die Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung verlangen dürfen.

Eine weitere Einschränkung bezüglich der Vertragsstrafe findet sich in einfach gelagerten Fällen. Denn nach § 13a Abs. 3 UWG-E soll die Höhe der Vertragsstrafe auf 1000,00 EUR begrenzt werden, sofern der Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt.

Kann sich der Abmahnende das für ihn örtliche Gericht frei aussuchen, handelt es sich um einen „fliegenden Gerichtsstand“. Dieser sollte im alten Entwurf nur anwendbar sein, wenn der Beklagte im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Nach dem aktuellen Gesetz ist der fliegende Gerichtsstand grundsätzlich zulässig, wird jedoch bei Verstößen, die auf Telemedien oder im elektronischen Verkehr begangen werden, eingeschränkt. Diese Einschränkung birgt juristisch viel Diskussionsbedarf. Ob sie mehr Vor- oder Nachteile bringen wird, bleibt abzuwarten.

Darüber hinaus sah bereits der ursprüngliche Entwurf eine Änderung des Gerichtskostengesetz (GKG) vor, die zu einer Verringerung des Streitwertes bei einem gerichtlichen Verfahren nach einer Abmahnung führte. Diese Änderung wurde in den neuen Entwurf mit übernommen.

mzi, kbe