Das Landgericht München I vertritt in einer aktuellen Entscheidung eine ungewöhnliche Auffassung darüber, was unter dem Begriff des „gewerblichen Ausmaßes“ zu verstehen ist. Weshalb uns diese Definition bedenklich erscheint.

Die Rechteinhaber haben nach der Feststellung einer Urheberrechtsverletzung in einer Tauschbörse im Netz häufig das Problem, dass sie ohne Mithilfe des jeweiligen Providers nicht die Identität des betroffenen Anschlussinhabers ermitteln können. Deshalb haben sie nach der Regelung des § 101 Abs. 2 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) einen Anspruch auf Herausgabe dieser Daten, wenn eine „Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß” im Sinne der Vorschrift des § 101 Abs. 1 UrhG vorliegt.

Leider hat der Gesetzgeber nicht definiert, was unter einem gewerblichen Ausmaß zu verstehen ist. So kommt es, dass die Gerichte selbst sich dieser Frage widmen müssen- und dabei zu einem ganz unterschiedlichen Ergebnis kommen. Während die Richter des Oberlandesgerichtes Köln normalerweise ein gewerbliches Ausmaß nur dann bejahen, wenn ein einzelner Film oder ein Musikstück zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung höchstens 6 Monate veröffentlicht gewesen ist, sieht die Welt in München ganz anders aus. Dort hat  das Landgericht München I am 12.07.2011 (Az. 7 O 1310/11) entschieden, dass ein gewerbliches Ausmaß beim Filesharing immer dann vorliegt, wenn ein bestimmtes Werk in uneingeschränkter digitaler Qualität zum freien Download ins Internet gestellt wird. Es hat einer Beschwerde des abgemahnten Anschlussinhabers gegen den ursprünglich ergangenen Beschluss des Landgerichtes München I vom 24.01.1011 auf Herausgabe von dessen Daten nicht abgeholfen.

Diese Entscheidung ist deshalb bedenklich, weil sie die Interessen der Musikindustrie einseitig berücksichtigt und unserer Ansicht nach nicht mit dem Wortlaut des § 101 Abs. 1 UrhG vereinbar ist. Nach herkömmlichem Verständnis bedeutet „gewerblich“ eigentlich, dass der Betroffene sich eine fortlaufende Einnahmequelle verschaffen möchte. Das ist bei einem Anschlussinhaber kaum der Fall, der kurze Uploads über eine Tauschbörse verbreitet. Aus diesem Grunde ist die Rechtsprechung des Oberlandesgerichtes Köln zu begrüßen, die den Auskunftsanspruch der Rechteinhaber zumindest bei älteren Werken einschränkt.

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