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Ist Streaming nun illegal? Droht eine Abmahnung?

Bis zum EuGH-Urteil im Jahr 2017 hatten deutsche Gerichte und Behörden angenommen, dass Streaming – anders als das Filesharing mit urheberrechtlich geschützten Inhalten – legal ist. Mit der Filmspeler-Entscheidung wendete sich aber das Blatt. Darin hat der EuGH entschieden, dass Nutzer, die sich illegal Kinofilme im Wege des Streamings anschauen, rechtswidrig handeln, wenn sie zumindest hätten Kenntnis haben müssen von der Rechtswidrigkeit des Streams. Dies dürfte bei kinox.to der Fall sein. Dennoch ist eine echte Abmahnwelle auch weiterhin nicht zu erwarten. Alle bisherigen Abmahnungen zum Streaming waren Fakes.  

Streaming von Seiten wie kinox.to ist seit 2017 illegal. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat mit seinem Urteil vom 26. April 2017 (Filmspeler) die bisherige Rechtsprechung deutscher Gerichte auf den Kopf gestellt (C-527/15 – Stichting Brein). Das Urteil kam überraschend. In der Sache ging es zwar zunächst nur um einen externen Streamingplayer, schaut man sich die Urteilsgründe aber an, so lässt sich die Entscheidung auch den Abruf von Seiten wie kinox.to übertragen. Im Kern gehen die Richter davon aus, dass sich Nutzer immer dann illegal verhalten, wenn sie beim Streaming von der Rechtswidrigkeit des verbreiteten Streams Kenntnis hatten oder diese hätten haben müssen. Davon dürfte allerdings immer auszugehen sein, wenn aktuelle Kinofilme, die nicht legal abrufbar sind, im Internet im Wege des Streamings verfügbar gemacht werden. Zudem sind neben weiteren zahlreichen Film- und Serien-Streamingportalen wie etwa Burning series (bs.to) auch die Konsumenten von illegalen Bundesliga-Streams betroffen.

Eine neue Abmahnwelle – wie wir sie derzeit immer noch bei den zahlreichen Tauschbörsen-Verfahren erleben – ist dennoch nicht zu befürchten. Tatsächlich ist sie in der Folge des Urteils auch gänzlich ausgeblieben. Der Grund:

Nutzer können nur über ihre IP-Adressen zurückverfolgt werden. Genau diese IP-Adresse ist jedoch nur dem illegalen Portal bekannt, welches meist anonym operiert und oft keine IP-Adressen speichert. In der Vergangenheit ist es der Polizei zwar erfolgreich gelungen, die Server des kinox.to Vorgängers kino.to zu überprüfen.

In solchen Fällen könnten zumindest theoretisch die Premiumnutzer, die Geld für den Dienst zahlen und so leichter zu ermitteln sind, abgemahnt werden. Die Forderungen selbst dürften allerdings – anders als bei den Filesharing-Verfahren – überschaubar bleiben, da keine Streams weiterverbreitet sondern lediglich konsumiert werden.

Christian Solmecke, Rechtsanwalt und Partner Christian Solmecke
Christian Solmecke

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Die Abmahnkosten sind seit einiger Zeit auf ca. 150 Euro im Privatbereich gedeckelt, der Schadensersatz pro konsumierten Film dürfte bei etwa 5-10 Euro liegen.

Die einzigen Abmahnungen, die uns bislang erreicht haben, waren Fake-Abmahnungen von Betrügern, die auf diesem Weg versucht haben, an das Geld verunsicherter kinox.to-Nutzer zu kommen.

Rechtslage zum Streaming vor dem EuGH-Urteil

Bis zur EuGH-Entscheidung war das reine Streaming für Nutzer nach der Rechtsauffassung deutscher Behörden und Gerichte auch dann unbedenklich und rechtlich grundsätzlich rechtmäßig, wenn die Streaming-Angebote ohne Zustimmung der Rechteinhaber im Netz abrufbar sind. Zwar erfolgen beim Streaming Zwischenspeicherungen im sogenannten Browser-Cache sowie im Arbeitsspeicher des Nutzers. Dabei handelt es sich auch jeweils (nach überwiegender Ansicht) um die Vervielfältigung eines urheberrechtlich geschützten Werkes.

Diese ist jedoch nur temporär und notwendig, damit der Nutzer einen Streaming-Dienst überhaupt nutzen kann. Die Speicherung bezweckt somit nicht primär die Vervielfältigung des Streams.

Deswegen half hier bis jetzt § 44a des Urheberrechtsgesetzes (UrhG): Die Norm bestimmt, dass vorübergehende Vervielfältigungen, die nur flüchtig bzw. begleitend sowie wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens sind und keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben, zulässig sind. Allerdings nur dann, wenn deren alleiniger Zweck es ist, eine rechtmäßige Nutzung eines Werkes zu ermöglichen. Umgesetzt wurde in dieser Vorschrift die europäische Urheberrechts-Richtlinie 2001/29. Bisher ging man davon aus, dass beim Streaming diese Norm anwendbar ist und das Zwischenspeichern damit keine Urheberrechte verletzt.

Die Fragen, die nun dem EuGH gestellt wurden, knüpften genau an diese Richtlinie an. Der EuGH sollte unter anderem klären, ob das Betrachten eines illegalen Streams und die damit einhergehende Vervielfältigung von der Ausnahmebestimmung erfasst und europarechtskonform sind. Und der EuGH hat entschieden, dass dies nicht der Fall ist.

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Worum ging es in dem EuGH-Fall?

Der Betreiber der Webseite „filmspeler.nl“ bot über seine Seite den gleichnamigen Multimediaplayer „filmspeler“ an. Dieser ermöglicht das Streamen von Filmen und Serien sowie anderen digitalen Internet-Inhalten. Dazu installierte der Betreiber unter anderem sogenannte Add-ons auf dem Mediaplayer. Diese einzelnen Softwaredateien (Add-ons) wurden  von Dritten erstellt und sind im Internet frei zugänglich. Die Add-ons enthalten Linksammlungen,  die bei Anklicken auf Streamingseiten im Internet weiterleiten, die von Dritten betrieben werden und auf denen unentgeltlich Filme, Fernsehserien und (Live-)Sportveranstaltungen zugänglich gemacht werden. In vielen Fällen werden die Streaming-Inhalte ohne Zustimmung der Rechteinhaber bereitgestellt. Die niederländische Antipirateriegruppe Stichting Brein hatte vor einem niederländischen Gericht auf Unterlassung geklagt.

Über einen Media-Player wird ein FIlm auf ein TV-Gerät gestreamt.
Stream via Media-Player

EuGH-Urteil: Verkauf des Filmspelers ist als „öffentliche Wiedergabe“ zu werten

Zunächst musste der EuGH die streitentscheidende Frage klären, ob bereits der Verkauf des Mediaplayers als „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne der europäischen Urheberrechts-Richtlinie 2001/29 angesehen werden kann. Eine öffentliche Wiedergabe ist nämlich grundsätzlich nur dem Rechteinhaber des jeweiligen Films bzw. der jeweiligen Serie vorbehalten und ohne dessen Zustimmung illegal.

Der EuGH hat in seinem Urteil eine öffentliche Wiedergabe durch den Verkauf des Filmspelers bejaht. Der Begriff sei weit zu verstehen, um im Sinne der Richtlinie ein hohes Schutzniveau für die Urheber zu erreichen.

Für solche Seiten wie etwa kinox.to, deren Geschäftsmodell es ist, mit Gewinnerzielungsabsicht auf rechtswidrige Inhalte zu verlinken, ist bereits zuvor nach der deutschen und europäischen Rechtsprechung geklärt gewesen, dass sie selbst die Filme öffentlich wiedergeben und damit eine Urheberrechtsverletzung begehen.

Auswirkungen der Entscheidung des EuGH auf das Streaming im Internet

Europa-Fahne

Für deutsche Nutzer sehr viel interessanter war aber die äußerst brisante Entscheidung des EuGH, auch das Streamen von Filmen und Serien über den Filmspeler als illegal zu bewerten. Denn die Argumentation des EuGH bindet letztlich auch deutsche Nutzer, die auf Seiten wie kinox.to Filme streamen. Die Urteilsbegründung des EuGH im Einzelnen:

Der EuGH hat in seinem Urteil zunächst – ohne dies näher auszuführen – bejaht, dass Nutzer des Filmspelers beim Streaming eine Vervielfältigung urheberrechtlich geschützten Materials vornehmen.

Die Ausnahme der lediglich vorübergehenden Vervielfältigung erklärt er im Anschluss für nicht anwendbar. Hierfür hätten u.a. fünf Voraussetzungen – kumulativ – erfüllt sein müssen. Und an mindestens einer scheiterte der Fall: Demnach ermöglicht das Streaming nicht alleinig die „rechtmäßige Nutzung eines geschützten Werks“. Eine Nutzung, die nicht vom Inhaber des betreffenden Rechts zugelassenen ist, kann danach nur rechtmäßig sein, wenn sie nicht durch Gesetze beschränkt ist – in diesem Fall befasste sich der EuGH mit Auslegung der Ausnahmevorschrift selbst. Bei dieser müsse zwingend berücksichtigt werden, dass sie nur in bestimmten Sonderfällen angewandt werden dürfe, in denen die normale Verwertung des Werks oder eines sonstigen Schutzgegenstands nicht beeinträchtigt werde und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt würden.

Zunächst führt das Gericht aus, dass der Erwerber eines solchen Medienabspielers sich freiwillig und in Kenntnis der Sachlage zu einem kostenlosen und nicht zugelassenen Angebot geschützter Werke Zugang verschafft.

Im Klartext: Die Nutzer wissen, dass das Angebot nicht rechtmäßig ist. Zwar bezieht sich der EuGH hier konkret auf den Fall, indem er die Werbung für das Gerät, man könnte hier kostenlos Filme schauen, sowie die vorinstallierten Add-ons herausstellt. Doch diese Argumentation ist auf das Streaming übertragbar. Denn auch hier ist den Nutzern allgemein bekannt, dass die Filme nicht rechtmäßig in Kinox.to & Co eingestellt wurden.

Deutlich wird die Übertragbarkeit des Urteils auch auf das Internet-Streaming auch vor allem bei der folgenden Argumentation des EuGH in der Urteilsbegründung: Das Streaming über den Filmspeler könne die normale Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke beeinträchtigen und die berechtigten Interessen der Urheberrechtsinhaber ungebührlich verletzen, da sie normalerweise eine Verringerung der rechtmäßigen Transaktionen im Zusammenhang mit diesen geschützten Werken zur Folge haben. Diese Einschränkung ist, wie gesagt, auch zwingend, um die Anwendbarkeit dieser Ausnahmevorschrift zu bejahen. Im Klartext: Wer den Film streamen kann, schaut ihn sich nicht mehr im Kino oder auf DVD an. Dieser Umstand ist beim Streaming direkt über das Internet absolut identisch. Insgesamt ist daher die Argumentation des EuGH direkt auch auf das Streaming übertragbar.

Was bedeutet das EuGH-Urteil für die deutsche Rechtsprechung?

Die EuGH-Entscheidung bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden. Das bedeutet, dass – sollte es irgendwann tatsächlich zu echten Abmahnungen wegen illegalen Streamings kommen – deutsche Gerichte § 44a UrhG nicht mehr anwenden dürfen. Denn es ist so, dass das deutsche Urheberrecht weitestgehend auf der europäischen Urheberrechts-Richtlinie 2001/29 basiert. Daher ist die Rechtsprechung des EuGH auch für deutsche Gerichte dann bindend, wenn ein deutscher Sachverhalt mit dem in Europa entschiedenen vergleichbar ist. Das dürfte bei allen Fällen des Online-Streamings der Fall sein.

Was müssen Nutzer nun beachten?

Daher müssen Nutzer jetzt deutlich vorsichtiger sein. Geschützt werden sie dann nur noch von § 53 UrhG. Dieser erlaubt Vervielfältigung zum Zweck einer Privatkopie. Dies allerdings nur, wenn es sich nicht um eine offensichtlich rechtswidrige Vorlage handelt. Jeden Nutzer würde also im Vorfeld eine Prüfpflicht treffen, die kaum durchführbar sein dürfte. Bei YouTube werden Nutzer davon ausgehen dürfen, dass die dortigen Inhalte rechtmäßig eingestellt wurden. Anders wird es bei Portalen wie etwa kinox.to aussehen. Dort wo aktuelle Kinofilme und Serien angeboten werden, muss Nutzern klar sein, dass die darüber zugänglichen Inhalte offensichtlich rechtswidrig sind. Künftig könnten Nutzern dann Abmahnungen drohen, wobei die Kosten allerdings geringer ausfallen dürften als bei den Filesharing-Abmahnungen.

YouTube-Video von Christian Solmecke zum EuGH-Urteil.
YouTube-Video: Streaming von Kinofilmen & Bundesliga nun doch illegal? 

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